Drehscheibe. „Wir wollen die Drehscheiben-Funktion, die Wien in der Wirtschaft besitzt, in der Kultur wiederholen“, sagt Magdalena Zelasko. Die Polin, die seit 1995 in Wien lebt, leitet gemeinsam mit Wolfgang P. Schwelle das Let’s-CEE-Festival, das jetzt zum dritten Mal in Szene geht. Wien sei mit seiner historischen Brücken-Stellung zwischen Ost und West „wie geschaffen“ für ein Festival des osteuropäischen Films.
Zelasko: „In Wien leben viele Migranten aus diesen Ländern, und viele von ihnen identifizieren sich sehr stark mit Filmen aus ihrer Heimat; sie haben Sehnsucht danach. Gleichzeitig ist es sehr erfreulich, dass sich viele junge Menschen ohne jeden Migrationshintergrund auf die Filme aus dem Osten einlassen.“
Bei der dritten Auflage des Festivals sind bis zum 11. Oktober rund 90 Filme zu sehen: „Preisgekrönte Arthaus-Klassiker und brandaktuelle Festival-Hits, ideenreiche Kurzfilme und ausgezeichnete Dokumentationen“. Das Programm bewegt sich entlang von drei Schienen.
Programm. Erster Fixpunkt: Der Spielfilm-Wettbewerb mit neun Produktionen aus neun Ländern. Da gibt’s Politdramen wie „Roxanne“ aus Rumänien neben Familiengeschichten („Hush“ aus Kroatien) und Komödien („Monument To Michael Jackson“ aus Serbien). Ebenfalls neun Filme umfasst der Doku-Wettbewerb, in dem private Beziehungsfragen („Happily Evar After“ von Tatjana Bozic) genauso behandelt werden wie Natur und Kultur („Pelican In The Desert“ von Viesturs Kairiss) oder der politische Umbruch in der Ukraine („Ukraine Voices“ von Dmytro Tiazhlow).
Blockbuster des osteuropäischen Film warten schließlich in der Reihe „25 – The Retrospective“. Namhafte Filmkritiker aus aller Welt wählten die besten Filme aus 25 CEE-Ländern, die in den 25 Jahren seit dem Fall des Eisernen Vorhangs entstanden. Hier sind Arthaus-Hits wie Emir Kusturicas „Underground“ (Cannes-Sieger 1995), „No Man’s Land“ von Danis Tanovic oder „Before The Rain“ von Milcho Manchevski zu sehen.
Viele Filme werden von ihren Regisseuren nach Wien begleitet. Darüber hinaus gibt es Meisterklassen und Workshops mit berühmten Filmemachern, unter ihnen die Oscar-Gewinner Istvan Szabó und Branko Lustig.
Schauplätze & Tickets. Die Screenings finden in drei Kinos des Festival-Partners Cineplexx statt: Im intimen Actor’s Studio, im Urania-Kino und im Village Cinema Wien Mitte. Weitere Schauplätze sind unter anderem der Kunstsozialraum Brunnenpassage („Let‘s CEE on the Road“), das Café Leopold (Partyline), das Österreichische Filmmuseum (Meisterklassen) und der legendäre Ost Klub am Schwarzenbergplatz, der zum letzten Mal bespielt wird, bevor er endgültig schließt.
Tickets (Normalpreis: 7.50 Euro, Festivalpass: 48 Euro) kann man über die Website
www.letsceefilmfestival.com buchen. Dort findet man auch das komplette Programm mit allen Beginnzeiten.
Die Festival-Chefs, Magdalena Zelasko und ihr Direktions-Partner Wolfgang P. Schwelle, hoffen auf starken Publikums-Andrang: „Vor zwei Jahren starteten wir die erste Ausgabe von Let`s CEE mit 5.200 Besuchern. 2013 kamen 9.600, und heuer würden wir gern die Zahl von 15.000 Zuschauern erreichen.“
Budget. Bei den Organisatoren ist jede Menge Idealismus gefragt, denn Let’s CEE arbeitet mit einem winzigen Budget. „Wenn man – von den Kinos bis zu den Arbeitsleistungen – alles monetarisieren würde, was wir brauchen, dann käme man auf Kosten von 400.000 bis 500.000 Euro“, sagt Wolfgang P. Schwelle. „De facto stehen uns aber nur etwas mehr als 100.000 Euro zur Verfügung.“
Im Festivalbüro ist also nicht nur Filmkunst, sondern auch Kalkulationskunst gefragt. Wolfgang P. Schwelle rechnet vor: „Von der Stadt Wien erhalten wir eine Subvention von 15.000 Euro. Der Rest sind Sponsorengelder und Eintrittsgelder. Von der Wirtschaftskammer kommt etwas, von Raiffeisen kommt etwas. Wir stoppeln das Budget zusammen: Von Botschaften, Kulturinstituten, Verbänden, Inserenten, Parteien, um irgendwie über die Runden zu kommen und keine Schulden zu machen. Die GLS Group transportiert die Filme. Cineplexx stellt uns die Kinosäle zur Verfügung und spielt unsere Trailer. Wir können dort auch Plakate und Programme auflegen – ohne diesen Partner ginge es nicht. Aber es wurde noch nie – außer einmal bei einer Visagistin – jemand aus dem Team bezahlt.“
Zukunft. Wie sieht unter solchen Umständen die Zukunftsplanung aus? Schwelle: „Mal angenommen, Let’s CEE würde von der Stadt Wien, dem Bund und der EU jeweils 50.000 Euro pro Jahr bekommen, darauf könnte man aufbauen. Die Realität: Stadt Wien, wie erwähnt, 15.000 Euro, Bund und EU null.“ Trotzdem wollen die Organisatoren weitermachen. Magdalena Zelasko: „Die EU fördert normalerweise erst nach drei Jahren, da haben wir ab dem nächsten Jahr gute Chancen.“
Das Ziel der beiden Let’s Cee-Gründer ist es, das Festival auf Dauer im Wiener Jahres-Kulturkalender zu verankern. „Annähernd 50 Prozent der Wiener haben heute einen Migrationshintergrund. Wir sprechen die Zuwanderer genauso an wie die gebürtigen Österreicher. Wir glauben, dass Let’s CEE eine Notwendigkeit in Wien ist.“