Filmfest Venedig 2017

Die kürzeste Filmgala der Welt

31.08.2017
von  Gunther Baumann
Filmfest Venedig: Kristen Wiig, Matt Damon und Hong Chau beim „Downsizing“-Fototermin © Katharina Sartena
Ein famoser Start für die 74. Filmfestspiele von Venedig. Zur Eröffnung gab’s am 30. August die Science-Fiction-Komödie „Downsizing“ von Alexander Payne. Trotz einer Filmlänge von 135 Minuten feierte das Publikum die kürzeste Filmgala der Welt. Was allerdings höhenmäßig gemeint ist. Denn viele Filmfiguren schrumpfen hier, der Titel deutet es an, auf ein winziges Zwergenmaß. Die Stars Matt Damon, Christoph Waltz und die sensationelle Newcomerin Hong Chau sind in der Story nur knapp 13 Zentimeter groß.

Großartiges Spiel: Christoph Waltz und Newcomerin Hong Chau in „Downsizing“ © Paramount

Komödie. Was tun gegen die Überbevölkerung der Welt? Norwegische Wissenschaftler kommen in der Komödie „Downsizing“ auf eine Lösung, welche das Volumen der Menschheit auf ein Minimum reduziert. Die Erde, so ihre Überlegung, könnte viel mehr Menschen beherbergen, wenn die nicht so groß wären. Also forschen die Forscher nach einer Möglichkeit,  einen humanen Schrumpfungsprozess einzuleiten. Und siehe da, es funktioniert! Wer sich die Downsizing-Lotion injizieren lässt, ist nachher nur noch fünf Inches groß. 12,7 Zentimeter.
 
Der US-Filmemacher Alexander Payne, der als Autor von „Sideways“ und „The Descendants“  bereits zwei Oscars gewann, formt aus der reichlich schrägen Grundidee seines neuen Films ein gleichermaßen komisches wie ernsthaftes Drama.
 
Wer sich in  dieser schönen neuen Welt zum Downsizing entschließt (der Prozess ist unumkehrbar!),  der bekommt ein Leben in Saus und Braus versprochen, in dem jeder Winzling eine Luxusvilla bewohnt, aller Finanz-Sorgen ledig ist und  bei Flugreisen stets in der  Ersten Klasse sitzt, während  die großen Menschen in der Holzklasse darben.
 
Apokalypse. Andererseits schaut bei der Story aber auch stets die Apokalypse um die Ecke. Denn die Menschen würden das Downsizing nicht erfinden, wenn sie nicht Sorge hätten, dass die Überbevölkerung mit ihrem Aussterben enden könnte.

Hohe Wertschätzung: Matt Damon und Regisseur Alexander Payne © Paramount

Für Hauptdarsteller Matt Damon, der sich in der Rolle eines Bürgers aus der Provinz verkleinern lässt, überwiegen die positiven Elemente. „Dies ist eine wunderschöne und einzigartige Geschichte, die eine hoffnungsvolle Botschaft transportiert“, schwärmte er beim Pressegespräch in Venedig. Wie war die Atmosphäre beim Dreh? „Jeder Schauspieler auf der Welt will mit Alexander Payne arbeiten. Für diesen Regisseur würde ich auch das Telefonbuch spielen.“  Da nimmt man es doch gerne auf sich, ein wenig zu schrumpfen.  
 
Waltz. Auf der Leinwand bekommt es der kleine Matt alias Paul Safranek jedenfalls bald mit seinem Nachbarn, dem kleinen Christoph Waltz alias Dusan Mirkovic, zu tun. Waltz – er fehlte in Venedig, weil er sich auf seine kommende „Falstaff“-Opernregie vorbereitet – spielt diesen Serben als herrlich strizzihaften Lebenskünstler, der entdeckt hat, dass man zwischen den Welten der langen und der kurzen Menschen äußerst profitabel Handel treiben kann.
 
Als Raumpflegerin beschäftigt Dusan eine kleine Vietnamesin namens Ngoc Lan, die bald Matt Damons Herz höherschlagen lässt. Und nicht nur das: Die US-Darstellerin Hong Chau, bisher vor allem aus dem Fernsehen bekannt,  stattet diese äußerst resolute Frau, die doch ein stets helfendes Herz besitzt, mit einem rauen Kommandoton aus, vor dem jeder Offizier klein beigeben würde. Eine absolut hinreißende Rolle – in Venedig stuft man Hong Chau bereits als kommende Oscar-Kandidatin ein.
 
Noch vor den Oscars, am 18. Januar 2018, wird „Downsizing“ bei uns im Kino starten. Wer hochklassige Filme mit viel Tiefgang mag, darf sich auf die kluge Komödie freuen. Regisseur Alexander Payne: „Ich hoffe, dass die Zuschauer registrieren, wie viel Einsatz und wie viel Vergnügen in diesem Film stecken – und dass sie nachher unsere Welt mit anderen Augen betrachten.“