Datenbrille. Kino ohne Kino – so funktioniert eine Filmvorführung in VR: 50 Besucher sitzen auf Drehstühlen in einem Raum. Jeder trägt eine VR-Brille auf der Nase (in der ein Smartphone als Bildschirm steckt) und hat einen Kopfhörer aufgesetzt. Die Signale werden per WLAN übertragen. An der Leichtigkeit der Brillen muss dringend noch gearbeitet werden. Sie sind zu schwer. Brillenträger haben ein Platzproblem und die Gläser beschlagen sehr schnell.
Verblüffend sind die ersten Bilder aus dem Film „Jesus VR – The Life of Christ“. Die Heiligen drei Könige machen sich auf den Weg, geleitet von einem hellen Stern. Den bekommt man normalerweise als Zuschauer nur zu sehen, wenn die Kamera einen Schwenk oder einen Schnitt macht. VR funktioniert anders. Der Film wurde bereits in 360 Grad gedreht. Wenn man den Kopf dreht, erscheint der Stern. Blickt man nach oben, sieht man den ganzen Himmel. Beim Blick nach unten den Boden.
Nach diesem Prinzip sind alle sieben in Venedig gezeigten Szenen komponiert. Mal steht man im Wasser mit Johannes dem Täufer und Jesus, mal sitzt man unter den zwölf Aposteln beim letzten Abendmahl. Allerdings in einer Feuerschale. An solchen Details muss noch gearbeitet werden, denn wer sitzt schon gern im Feuer. Oder man ist plötzlich einer der Römer, die Jesus verhaften.
Zum ersten Mal in einem Spielfilm ist man als Zuschauer also wirklich mittendrin im Geschehen. Bis hin zur Kreuzigung, bei der man als Beobachter irgendwo zwischen Dornenkrone und Kreuz hängt. Woran man sich erstmal gewöhnen muss. Es gibt ständig etwas Neues zu entdecken. Man dreht sich immerzu im Kreise, um nichts zu verpassen. Durchaus vergleichbar mit dem allerersten Kinobesuch als Kind.
Schwachstellen. Die Überraschungen des Screenings können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel getan werden muss, um die VR-Technologie alltagstauglich zu machen. Die Bilder sind alles andere als HD-würdig. Die Pixel - gerade bei 3D sehr störend - sind nicht zu übersehen. Und dann wäre es sicher auch nicht verkehrt, mit echten Schauspielern zu arbeiten. Denn was einem in „Jesus VR“ auf unterstem Schülertheater-Niveau geboten wird, das ist ziemlich erschreckend.
Fazit: Die erste Begegnung mit der virtuellen Realität in der Filmprojektion verläuft eindrucksvoll. Doch diese Technik steckt noch zu sehr in den Kinderschuhen, um schon jetzt als Zukunft des Kinos ausgerufen zu werden.