Festival Let's Cee 2015

Starkes Kino aus dem Osten

21.09.2015
von  Gunther Baumann
Im Spielfilm-Wettbewerb: „Body“ von Malgorzata Szumowska gewann in Berlin den Silbernen Bär © Let's CEE
Elf Tage. 118 Filme. 130 internationale Gäste: Das Wiener Festival Let’s CEE baut vom 1. bis 11. Oktober schon zum vierten Mal eine Brücke zum Kino Ost. Geografisch kommen die Filme aus Zentral- und Osteuropa sowie aus der Kaukasus-Region und der Türkei. Künstlerisch haben sie oft allererste Qualität zu bieten. Doch sie würden hierzulande ohne das Festival großteils unbekannt bleiben. Viele Cineasten haben daher Let’s CEE als Blick in aufregende fremde Filmwelten längst in ihren Terminplan eingetragen: Letztes Jahr kamen 13.100 Besucher. Heuer hofft man auf 18.000. FilmClicks präsentiert das Programm.
Wettbewerbe. Let’s CEE ist ein Festival, das stark auf Wettbewerbe setzt. Jeweils elf Filme ringen um den Titel des besten Spiel- und Dokumentarfilms, zehn Produktionen gehen im Kurzfilmwettbewerb an den Start. Dazu gibt’s den neuen Bewerb „Promising Debuts“ mit interessanten Filmen von Newcomern und einen Publikums-Preis.
 
Spielfilm-Wettbewerb: Let's-CEE-Eröffnungsfilm „The High Sun“ von Dalibor Matanic © Let's CEE

Im Spielfilm-Wettbewerb gibt’s ein solides Fundament mit Filmen, die bei den Festivals von Cannes, Berlin und Locarno Weltpremiere hatten. Der Let’s-CEE-Eröffnungsfilm „The High Sun“ von Dalibor Matanic gewann in Cannes den Wettbewerb der Reihe Un Certain Regard. Der rumänische Balkan-Western „Aferim!“ und das polnische Drama „Body“ wurden in Berlin beide mit Silbernen Bären ausgezeichnet. Auch die russische Produktion „The Fool“ von Yuri Bikov hat schon einen Festival-Preis geholt – diesfalls in Locarno.
 
Im Doku-Wettbewerb ist politische Relevanz ein wichtiges Kriterium. „Logbook Serbistan“ von Zelimir Zilnik (er erhält den Lifetime Achievement Award des Festivals) porträtiert Migranten, die in Serbien gestrandet sind. Die rumänische Produktion „Chuck Norris vs. Communism“ schenkt nicht nur Information, sondern auch Heiterkeit. „Love Will Change The Earth“ (Türkei) beleuchtet die Proteste im Gezi-Park in Istanbul.

Doku-Wettbewerb: „Logbook Serbistan“ von Zelimir Zilnik © Let's CEE

Der Kurzfilm-Wettbewerb wird wie jedes Jahr von den Wiener Filmemachern Arash & Arman T. Riahi kuratiert. Sie standen vor der Mammutaufgabe, aus 500 Einreichungen (die sich alle um das Thema „All You Need Is Love“ drehen mussten) zehn auszusuchen, die im Wettstreit um den Kurzfilm-Preis antreten. Natürlich waren weit mehr als zehn sehenswerte Produktionen in der Selektion. Deshalb wird eine weitere Auswahl von Kurzfilmen in einem Programm Out of Competition gezeigt.    
 
Filmreihen. Weitere Schwerpunkte im Programm: Die Reihe „25 The Retrospective“ zeigt vier Spitzenproduktionen des osteuropäischen Kinos aus den letzten 25 Jahren – darunter das Meisterwerk „The Return“ von Andrei Zwyagintsev. Der russische Regisseur ist mit „Leviathan“ auch in der Sektion „Oscar Nights“ vertreten, in der Filme gezeigt werden, die für den Academey Award des besten fremdsprachigen Films nominiert waren oder diesen (wie „Ida“ von Pawel Pawlikowski) sogar gewannen.

Oscar-Gewinner 2015: „Ida“ von Pawel Pawlikowski © Let's CEE

Die Vorstellungen finden großteils in den Wiener Kinos Urania, Village und Actor‘s Studio statt, die dem Festival von seinem Hauptsponsor, der  Cineplexx-Gruppe, gratis überlassen werden. Im Rahmenprogramm gibt es Master Classes, Konzerte (im Schwarzenberg) und DJ-Lines (im Club Palffy und in der Strandbar Herrmann).  Für Jugendliche, die als unbegleitete Flüchtlinge nach Österreich kamen, stellt das Festival 700 Gratis-Tickets zur Verfügung. Regulär kosten die Tickets 8,50 bzw. 6,40 Euro (ermäßigt) für Einzelvorstellungen sowie 75 bzw. 60 Euro für den Festival-Pass. Der Vorverkauf hat bereits begonnen.
 
Toleranz. „Zentrales Ziel des Festivals ist  Förderung des mittel- und osteuropäischen Filmschaffens“, sagt Let’s-CEE-Gründerin Magdalena Zelasko. „Zugleich steht das Filmfest für Integration und Toleranz. Initiativen, die den kulturellen Dialog fördern, sind heute wichtiger denn je.“

Cineplexx-Chef Christof Papousek mit Let's-CEE-Direktoren Magdalena Zelasko & Wolfgang P. Schwelle © Let's CEE

Cineplexx-Geschäftsführer Christof Papousek kennt die Qualität der osteuropäischen Filmszene aus eigener Anschauung: Die Cineplexx-Gruppe betreibt im Osten 16 Kinozentren. „Wir freuen uns, mitzuhelfen, eine Plattform zu schaffen, damit diese großartigen Produktionen in Wien gezeigt werden können“, sagt er über die Sponsorentätigkeit seines Hauses.
 
Budget. Ohne Sponsoren wäre das Festival nicht zu stemmen, sagt Let’s-CEE-Kodirektor Wolfgang P. Schwelle: „Wir haben heuer ein Budget von ca. 180.000 Euro, wobei 45.000 Euro von der Stadt Wien kommen.“ Wermutstropfen: Vom Bund und auch von der EU erhält Let’s CEE gar nichts. Die Wirtschaftskammer schied als Unterstützer aus. Also muss der Rest des Budgets aus dem Kartenverkauf und aus Sponsorgeldern finanziert werden. Schwelle nennt hier Partner wie das Logistik-Unternehmen GLS Austria, die Raiffeisenbank International, die Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden, den Österreichischen Gewerbeverein, die PR-Agentur Chapter 4 oder den Kulturmanager Robert Hofferer.
 
Einen ganz wichtigen Beitrag zum Gelingen leistet freilich auch das Mitarbeiter-Team, das mit großem Engagement, aber ohne Bezahlung die Fäden zieht. Schwelle: „Ich wäre froh, wenn wir wenigstens Mini-Gehälter bezahlen könnten. Würden wir den kompletten Aufwand monetarisieren, dann kämen wir auf ein Budget von 600.000 Euro. Allein die Kinomiete würde 120.000 Euro ausmachen. Das wäre für uns nicht zu finanzieren.“
 
Eine gewisse Besserung ist aber in Sicht: „Wir sind guter Dinge, dass wir nächstes Jahr, beim fünften Festival, außer von der Stadt Wien auch vom Bundeskanzleramt und von der EU Förderungen bekommen.“
 
Programm-Details und Festival-Info: www.letsceefilmfestival.com