„Inside Out“ / „Alles steht Kopf“
Genre: Trickfilm. Regie: Pete Docter und Ronnie del Carmen (USA). Starfaktor: sehr hoch (Pixar ist der Star – das Studio macht seit „Toy Story“ die besten Trickfilme der Welt). Cannes-Premiere: Außer Konkurrenz.
Glück, Trauer, Wut, Angst, Ekel - all das sind Gefühle im Kopf des Mädchens Riley. Normalerweise - so zeigt es der Beginn des wunderbaren Trickfilms „Inside Out“, der in unseren Kinos ab Oktober unter dem Namen „Alles steht Kopf“ laufen wird - sind diese Emotionen kleine Gestalten und in einer Schaltzentrale wie beim Raumschiff Enterprise daheim. Von dort lenken sie das Leben des Kindes. Aber was passiert, wenn man dem Kindesalter langsam entwächst?
Für das Trickfilm-Studio Pixar aus dem Städtchen Emeryville bei San Francisco begann der neue Trickfilm vor genau fünf Jahren mit so einer Frage, erzählte Co-Regisseur Ronnie del Carmen jetzt bei der Weltpremiere des Films in Cannes: „Mein Kollege Pete Docter kam zu uns und meinte, dass sich seine Tochter so verändert hatte. Man könnte glatt das Gefühl bekommen, in ihrem Kopf seien kleine Figuren, die nun anders agierten als noch vor ein paar Jahren, als sie ein liebes kleines Kind war”.
Damit das das märchenhafte Projekt „Alles steht Kopf“ auch einen gewissen Realismus verströmen konnte, wurde gründlich recherchiert. Ronnie del Carmen: „Wir haben uns von kalifornischen Wissenschaftlern während der Produktionszeit erklären lassen, wie Gefühle funktionieren und wie man sich Prozesse im Gehirn, zum Beispiel die Langzeit-Erinnerung, vorstellen muss. Immer wieder haben wir den Wissenschaftlern unsere Bilder gezeigt und sie waren zufrieden”.
Jenseits der wissenschaftlichen Echtheit gibt bei „Inside Out“ aber natürlich eine zu Herzen gehende Geschichte. Die kleine Riley zieht mit ihren Eltern, als sie 12 Jahre alt ist, vom kalten Minnesotas in eine neue Stadt, nach San Francisco. Dort kommt sie überhaupt nicht zurecht, hat keinen Bezug mehr zu ihrem Lieblingssport Eishockey und bestiehlt sogar ihre Eltern.
Warum das alles? Weil in ihrem emotionalen Zentrum etwas durcheinander geraten ist. Freude und Trauer (die aussehen wie eine Fee und ein verschlafenes, schlecht gelauntes Pummelchen) wurden von den Kollegen Angst (ein dünner älterer Mann), Wut (ein kleiner roter Klotz) und Ekel (eine gelangweilte Dame in Grün) getrennt und zufällig an einen anderen Ort des Gehirns transportiert. Nun müssen sie ihren Weg zurückfinden, um das dringend benötigte seelische Gleichgewicht wieder herzustellen.
Auf ihrem Weg begegnen Freude und Trauer einer der schönsten Gestalten, die Pixar je erfunden hat. Dem imaginären Freund Bing Bong, einer rosaroten Mischung aus Elefant mit Puschelschwanz und Delphin. Riley spricht schon lange nicht mehr mit Bing Bong, und so ist der alte Freund froh, mal wieder tätig zu werden. In der Aussenwelt muss Riley unterdessen herausfinden, warum sie mit der neuen Stadt solche Probleme hat, ob sie vielleicht lieber wieder in die alte Heimat möchte und - darunter macht es Pixar nicht -, was das Leben von ihr will.
Am Ende - ein glückliches, so darf zu Recht vermutet werden - drehen die Filmemacher, die schon zwischendurch in den Innenkopf-Aufnahmen nie mit Phantasie gespart haben - noch einmal ganz groß auf. Das Finale zeigt das Kopf-Innenleben von Vätern und Müttern, Jungen und Hunden. Der komische Höhepunkt – wir erfahren, warum Katzen so sind, wie sie sind.
Kinochancen: Extrem gut. Gesamteindruck: Nach weniger gelungenen Filmen wie den Fortsetzungen zu „Cars“ und „Die Monster Uni“ zeigt Pixar wieder einmal, dass das Studio in Sachen Animationsfilm kaum zu schlagen ist.