FilmClicks: Madame Bercot, wie kamen Sie auf das harte Filmthema von „La Tête Haute“? Hat es den Fall von des Jungen Malony, den Sie erzählen, wirklich gegeben?
Emmanuelle Bercot: Nein, den hat es nicht Eins zu Eins gegeben. Ich habe zusammengetragen und zusammengefasst, was ich in den letzten Jahren zu dieser Form von Jugendkriminalität gehört und gelesen habe. Es gab auch kein reales Ereignis, mit dem alles begann. Es war eher so, dass sich das Thema allmählich in mein Leben geschlichen hat; auch durch meine Arbeit als Schauspielerin. Ein Film wie „Poliezei“ etwa, in dem ich mitgespielt habe, bestärkte mich im Gefühl, dass ein Drama wie „La Tête Haute“ mal gedreht werden muss.
Wie lange haben Sie sich Zeit für die Vorbereitung gelassen?
Sehr viel. Man muss schließlich wissen, worüber man spricht bei so einem wichtigen Thema. Also habe ich Bücher und Studien zum Thema gelesen. Dann habe ich ein Praktikum bei einem Familiengericht gemacht, um die jugendlichen Straftäter beobachten zu können. Insgesamt sind sechs Monate an Vorbereitung drauf gegangen.
Haben Sie auch mit jungen Gesetzesbrechern wie Malony gesprochen?
Nein, ich konnte nicht mit ihnen sprechen. Die meisten von ihnen sind extrem enttäuscht und haben das Vertrauen in Erwachsene verloren. Aber ich konnte sie lange beobachten und holte mir Informationen von Menschen, die sie betreuen. Es tut weh, mitansehen zu müssen, wie wir einen Teil dieser jungen Generation wegschließen, anstatt ihnen zu helfen. Das darf nicht passieren.
Ihr Film wurde für die Eröffnung des Festivals Cannes ausgewählt - in einer Zeit, in der viel darüber diskutiert, dass es Frauen als Filmemacher schwer haben.
Was soll das? Diese Diskussion ist für mich nicht wichtig. Zum einen müssen wir mal sagen, dass es in Frankreich jede Menge sehr gute Filmemacherinnen gibt. Das ist in anderen Ländern anders. Und deshalb entsteht auch international der Eindruck, dass Regisseurinnen eine kleine Minderheit sind. Aber ich bin strikt dagegen, dass man Filme von Frauen besonders fördert oder schützt. Ein Film muss vor allem eine starke Geschichte haben. Ob ihn eine Frau oder ein Mann macht, das ist zweitrangig.