Europäische Filmpreise

Der große Sieger: „La grande bellezza“

08.12.2013
von  Gunther Baumann
Europas Film des Jahres: Paolo Sorrentinos „La Grande Bellezza“ mit Toni Servillo © Filmladen
Der Italiener Paolo Sorrentino war der große Sieger bei der Vergabe der Europäischen Filmpreise 2013 am 7. Dezember in Berlin. Sein Drama „La grande bellezza“ wurde als Film des Jahres ausgezeichnet, sein Hauptdarsteller Toni Servillo als bester Schauspieler. Sorrentino gewann überdies den Preis für die beste Regie. Atmosphärisch zeigte die Gala, dass Europas Filmemacher weit vom Glamour der Oscar-Nächte entfernt sind: Der von Anke Engelke moderierte Abend schleppte sich pointenarm und unterkühlt dahin. Gag am Rande: Paolo Sorrentino konnte seine Preise nicht persönlich entgegennehmen. Er weilte als Juror beim Filmfest Marrakech.
Schönheit. Beim Filmfest Cannes blendete die große Schönheit heuer kaum jemand. „La grande bellezza“,  die dekadent angehauchte, von Fellini beeinflusste Rom-Elegie von Paolo Sorrentino, lief zwar im Wettbewerb, war aber der Jury unter Steven Spielberg nicht einmal einen Trostpreis wert. Die Goldene Palme ging an den französischen Regisseur Abdellatif Kechiche und seine Stars Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos für ihre grandiose lesbische Love Story „Blau ist eine schöne Farbe“ (Österreich-Kinopremiere: 20. Dezember).
 
Ganz anders bei den Europäischen Filmpreisen: Die 2.900 Juroren ließen die Cannes-Sieger links liegen und machten die Gala in Berlin zum Triumph für Paolo Sorrentino. 
 
In der Kategorie Film des Jahres setzte sich „La grande bellezza“ gegen Konkurrenten wie „Blau ist eine schöne Farbe“ oder das herzzerreißende Liebes-, Kindstods- und Country-Music-Drama „The Broken Circle“ (Belgien) durch. In der Regie-Kategorie ließ Sorrentino Konkurrenten wie Francois Ozon („Dans la Maison“), Felix van Groeningen („The Broken Circle“) und auch Abdellatif Kechiche („Blau ist eine schöne Farbe“) hinter sich. Sein Hauptdarsteller Toni Servillo blieb vor Jude Law („Anna Karenina“) oder Tom Schilling („Oh Boy“) siegreich.
 
Für „The Broken Circle“ gab es immerhin den Darstellerinnen-Preis (Veerle Baetens). Francois Ozon wurde zum Drehbuch-Autor des Jahres gewählt („Dans la Maison“). Das deutsche Jugenddrama „Oh Boy“ von Jan Ole Gerster trägt nun den Titel der Europäischen Entdeckung des Jahres.
 
Weitere wichtige Auszeichnungen: Susanne Bier, Dänemark, inszenierte mit dem Schicksalsdrama „Love Is All You Need“ die Komödie des Jahres. Ari Folman, Israel, schuf mit der Science-Fiction-Spielfilm-Animations-Melange „The Congress“  den Animationsfilm des Jahres. Der Preis für die beste Doku ging an die deutsche Produktion „The Act of Killing“ von Joshua Oppenheimer und Christine Cynn.
 
Große Namen. Besonders prominente Preisträger: Catherine Deneuve gewann die Auszeichnung für das Lebenswerk (Laudator Wim Wenders: „Sie ist eine Göttin. Die schönste Frau der Welt“). Pedro Almódovar wurde mit der Ehrung für Europas Beitrag zum Weltkino bedacht (zehn seiner Darsteller sangen auf der Bühne „I’m So Excited“). Ennio Morricone  darf zu seinen zahlreichen Preisen jenen für Europas Filmmusik des Jahres hinzufügen (er komponierte  den Soundtrack zum teilweise in Wien gedrehten Thriller „The Best Offer“ von Giuseppe Tornatore).
 
Das Filmland Österreich, das sich 2012 am Triumph von Michael Haneke erfreute (vier  Auszeichnungen für den späteren Oscar-Sieger „Amour“), war diesmal immerhin in einer technischen Kategorie bei den Gewinnern vertreten. Matz Müller und Erik Mischijew holten den Preis für das beste Sound Design in Ulrich Seidls „Paradies: Glaube“.