Asteroid. Was wäre, wenn? Und zwar: Wenn der gigantische Asteroid, der vor 65 Millionen Jahren das Aussterben der Dinosaurier auslöste, an der Erde vorbeigeflogen wäre? Diese Frage steht am Anfang von „Der gute Dinosaurier“, und der Film gibt auch gleich die Antwort: Es wäre nichts passiert. Gar nichts.
Im Trailer wird dieses Gar nichts eindrucksvoll visualisiert. Man sieht, wie sich im Weltall ein riesiger Gesteinskoloss aus einem Asteroidenfeld löst. Wie er rotglühend der Erde entgegenstürzt, bis kurz vor dem Aufprall – und wie er dann einfach vorbeirast.
Schnitt. Auf der Erde ist es Nacht. Eine Gruppe von Sauriern grast auf einer Weide. Als der funkelnde Komet vorbeifliegt, heben sie für eine Sekunde die Köpfe himmelwärts – und mampfen genussvoll weiter.
In den Trick-Computern des Pixar-Studios in Kalifornien sind die Saurier also niemals ausgestorben. Weil unter dieser Prämisse jede filmische Behauptung zulässig ist, wurde der junge Dino Arlo, ein friedlicher Pflanzenfresser, zu einer wahren Seele von einem Saurier gemacht. Der dann obendrein mit einem Höhlenmenschen-Buben namens Spot auch noch einen menschlichen Gefährten findet.
„Der Kern von ,Der gute Dinosaurier‘ ist die Geschichte eines Jungen mit seinem Hund“, sagte Regisseur Peter Sohn bei der Präsentation in London. „Nur, dass bei uns der Dino der Junge ist, und der Junge ist der Hund.“ Alles klar?
So eine kleine Freundschaftsgeschichte wäre natürlich viel zu wenig für einen Pixar-Film. Das Studio ist schließlich für seine bis ins letzte Detail ausgetüftelten Storys genauso berühmt wie für seine Pionier-Rolle in der Computer-Animation. Pixar arbeitet schon mehr als fünf Jahre an dem Dino-Film. Regisseur Sohn verspricht „ein Movie, wie Sie es noch nie zuvor gesehen haben.“
Die Erlebnisse von Arlo & Spot sind in eine große Abenteuer-Handlung verpackt. Arlo, der junge Dino, verliert früh seinen Vater. Dann stürzt er in einen reißenden Fluss – als er sich endlich retten kann, ist er in einer Einöde gestrandet, weitab von seiner Familie. Ganz allein muss er versuchen, sich in der fremden Welt zurechtzufinden, in der nicht nur nette Dinos leben. Es gibt auch gefräßige Monster unter ihnen, wie man sie aus den „Jurassic“-Filmen gewohnt ist. Doch zu seinem Glück findet Arlo dann den Menschenjungen Spot, der seine Einsamkeit lindert.
Regisseur Peter Sohn ließ sich bei seiner Arbeit von Disney-Klassikern wie „Bambi“ oder „Dumbo“ inspirieren. „Wir versuchen, eine emotionale Verbindung vom Zuschauer zu den Figuren zu schaffen“, erzählt er im FilmClicks-Interview. „Arlo hat Probleme, denen auch wir Menschen uns in unserem Leben stellen müssen. Da geht es um die Überwindung von Angst oder um die Konfrontation mit äußeren und inneren Dämonen. Und um das Ringen darum, die eigenen inneren Kräfte zu finden.“
Neben den Protagonisten soll auch die Natur eine Hauptrolle in „Der gute Dinosaurier“ spielen. Peter Sohn: „Wir benutzen die Umwelt, um den Eindruck zu verstärken, wie sich unsere Figuren fühlen – einmal total kraftvoll, und dann wieder ganz klein. Auch das Licht spielt da eine wichtige Rolle. Unsere Kamerafrau stammt aus dem Nordwesten der USA, wo der Film geografisch angesiedelt ist, und es ist wirklich faszinierend, wie es ihr gelingt, die Lichtstimmungen von dort in den Computer zu übertragen. Manchmal fühlt sich eine Szene an, als wäre die Natur eine Kathedrale.“
Bei der Präsentation in London war noch wenig komplettes Material aus dem Film zu sehen – 200 Pixar-Spezialisten sind derzeit damit beschäftigt, „Der gute Dinosaurier“ für den Kinostart am 26. November fertigzustellen. Eine kurze Szene zwischen Arlo und Spot ließ aber die emotionale Wucht ahnen, die auf das Publikum wartet.
Da zeigt Arlo seinem kleinen Freund mit einem in den Sand gemalten Kreis und ein paar Ästen, wie sehr er seine Familie vermisst und vor allem – er stößt einen Zweig um – seinen verstorbenen Vater. Spot begreift. Er zeichnet ebenfalls einen Kreis, in dem er einen Ast umwirft: Ein Zeichen dafür, dass auch er schon einen Lebensmenschen verloren hat. Eine überwältigende Sequenz: Etliche Zuschauer hatten Tränen in den Augen.
Eine Abschlussfrage an Peter Sohn: Wie gehen Sie es an, den Film so zu gestalten, dass er Kinder genauso wie Erwachsene anspricht?
Der Regisseur: „Es gibt Kinder, die wurden als ewige 40-Jährige geboren, und es gibt 70-Jährige, die sich noch immer benehmen wie ein Zwölfjähriger. Ich kann jederzeit das Kind in mir abrufen, aber auch aus meiner erwachsenen Position auf den Film schauen. Dadurch entsteht die Balance. Wir gehen nicht mit dem Ziel an die Arbeit, uns speziell an die junge oder an die ältere Zielgruppe zu wenden. Wir drehen den Film so, wie er uns selber gefällt.“