Berlinale 2020

„Undine“: Der Mythos, das Wasser, die Liebe und der Tod

24.02.2020
von  Peter Beddies
Paula Beer und Franz Rogowski sind die Hauptdarsteller von Christian Petzolds „Undine“ © Katharina Sartena
Der deutsche Filmemacher Christian Petzold zählt fast schon zum Inventar der Berlinale. Mit „Undine“ tritt er bereits zum fünften Mal im Wettbewerb um den Goldenen Bären an (2012 holte er mit „Barbara“ Silber als bester Regisseur). Der Mythos um die reizvolle, aber gefährliche Sagengestalt Undine wird in dem betörenden und märchenhaften Liebesdrama in die Gegenwart verlegt, wobei sich Petzold von Ingeborg Bachmanns Erzählung „Undine geht“ inspirieren ließ. Paula Beer, die 2014 mit Andreas Prochaskas Alpenwestern „Das finstere Tal“ den Durchbruch schaffte, spielt in „Undine“ (Kinostart im Frühjahr) die Titelrolle.
„Undine”: Paula Beer als Titelfigur eines märchenhaften Liebesdramas © Polyfilm

Undine
 
Genre: Liebesdrama/Märchen  
Regie: Christian Petzold (Deutschland)  
Stars: Paula Beer, Franz Rogowski, Jacob Matschenz  
Berlinale-Premiere: Wettbewerb um den Goldenen Bären   
 
Dieser Satz brennt sich ein. Gleich zu Beginn von Christian Petzolds neuem Film. Da sitzen Undine (Paula Beer) und ihr Freund Johannes (Jacob Matschenz) vor einem Café in Berlin. Er sagt ihr, dass er sie verlassen wird. Und sie: Bricht nicht in Tränen aus, wirft ihm keine bösen Worte an den Kopf. Sie stellt ganz sachlich fest: „du weißt, wenn du mich verlässt, muss ich dich töten.“
 
Ein Satz wie ein Peitschenknall – und jedes Wort davon ist wahr. Denn Undine ist zwar eine Museumsführerin. Aber eben auch eine Sagengestalt aus dem Wasser, die das Leben auf dem Land liebt. Immer, wenn sie sich in einem Mann verliebt und der sie dann verlässt, muss sie ihn töten.
 
Johannes hat Glück, denn Undine ist abgelenkt. An die Stelle des einen Mannes tritt ein anderer: Christoph (Franz Rogowski). Undine verliebt sich sofort in diesen Industrietaucher und verbringt mit ihm eine wunderbare Zeit. Bis sie eines Tage Johannes wieder über den Weg läuft.
 
Es ist nicht das erste Mal, dass Berlinale-Dauergast Christian Petzold ein Märchen mit zum Festival bringt. Ein Märchen –  allerdings eines der schaurigen Sorte – hatte er schon mit „Gespenster“ gedreht. Aber dieses Mal fühlt sich die Geschichte deutlich märchenhafter an. 
 
Franz Rogowski und Paula Beer waren bereits die Stars in Petzolds letztem Film „Transit“. Die beiden seien „ein Pärchen, das zu tanzen versteht, wie ich es noch nie bei Schauspielern erlebt habe", so Petzold im Interview mit FilmClicks. Diesen Tanz, den sie im Flucht-Drama „Transit“ nur andeuteten, dürfen sie nun in aller Schönheit aufführen, einen Tanz der Liebe.

Der Regisseur schenkt seinen Hauptakteuren jede Menge sehr schöner Szenen. Szenen, in denen es fließend von der Realität in die Fantasie geht. Ungefähr so: Erst liegen beide auf einem Dach, plötzlich durchpflügt sie Gewässer, schwimmt wie tot an der Oberfläche und kommt dann – als Christoph / Rogowski auftaucht – wieder zu sich.
 
Wenn man etwas bemäkeln möchte, dann könnte das höchstens sein, dass eine typische Zutat der Filme von Christian Petzold fehlt: Es wird bei „Undine“ nicht so sehr um die Ecke gedacht und auf kulturelle Werke verwiesen wie sonst.
 
Natürlich schadet es nicht, wenn man weiß, dass sich der Regisseur Ingeborg Bachmanns Erzählung „Undine geht“ (in der mit der männerdominierten Welt abgerechnet wird) als Vorlage genommen hat. Man kann diesen wunderschönen Film aber auch einfach als eine Ode an die Kraft der Liebe und der Märchen sehen.      
                              
Kinostart: 26. März (Deutschland) / 3. April (Österreich)
Publikums-Chancen: Hoch
Gesamteindruck: „Undine” ist Christian Petzolds bislang zugänglichste Arbeit. Ein wunderbares Märchen über die Liebe