Berlinale 2020

Ein neuer „Pinocchio“ ohne neue Ideen

24.02.2020
von  Peter Beddies
Der Meister und sein Werk: Der Schnitzer Geppetto (Roberto Benigni) mit Pinocchio © Berlinale
Große Namen, doch kein großer Film: Der italienische Regisseur Matteo Garrone („Gomorrah“) stellte bei der Berlinale außerhalb des Wettbewerbs seine Neuverfilmung von „Pinocchio“ vor. Oscar-Preisträger Roberto Benigni spielt den Holzschnitzer Geppetto. Eine Enttäuschung. Garrone fällt zu dem weltweit populären Stoff kaum etwas Originelles ein.
Matteo Garrone liebt außer harten Dramen wie „Gomorrah" auch Märchen © Berlinale

Pinocchio


Genre: Märchen  
Regie: Matteo Garrone (Italien)  
Stars: Roberto Benigni, Marine Vacth  
Berlinale-Premiere: Special Gala  
 
Ein neuer „Pinocchio“: Die Frage nach dem Warum muss an der Stelle mal erlaubt sein. Wikipedia listet mehr als 30 Verfilmungen des legendären Kinderbuches auf – von 1911 bis heute. Da muss man sich als Filmemacher schon mächtig was überlegen, um mit einer neuen Version irgendwen hinter dem Ofen hervor und in die Kinos zu locken.
 
Oder man macht es so wie Matteo Garrone. Der italienische Regisseur, der bisher mit harten Dramen wie „Dogman“ oder „Gomorrah“ sehr zu überzeugen wusste, setzt auf das schnelle Vergessen und erzählt die Geschichte von der Holzpuppe mit der langen Nase einfach noch einmal. Keine gute Idee.

Der neue „Pinocchio“ setzt seinen Star – den Oscar-Preisträger Roberto Benigni – gleich groß in Szene. Nachdem Benigni im Jahr 2002 schon mal bei einem „Pinocchio“-Projekt Regie führen und die Hauptrolle spielen konnte (was beides aus heutiger Sicht misslang), ist er dieses Mal als bettelarmer Holzschnitzer Geppetto zu sehen, der sich nicht einmal etwas zu essen leisten kann. Als er von einem Bekannten ein großes Stück Holz geschenkt bekommt, beschließt Geppetto, eine Puppe zu schnitzen, wie es noch keine gab. Als die Puppe, die er Pinocchio nennt, fertig ist, geht sein größter Traum in Erfüllung: Das Stück Holz beginnt zu reden und sich zu bewegen.
 
Worauf gleich Nerv-Szene Nummer Eins – eine von sehr vielen – folgt. Geppetto verlässt mitten in der Nacht die Werkstatt, um seinen Nachbarn davon zu berichten, dass er nun einen Jungen hat. Doch da Geppetto vom Zappel-Komiker Benigni gespielt wird, ruft er die Nachricht nicht nur ein- oder zweimal in die Nacht. Nein, 20 Mal wird hier mit maschinengewehrartiger Schnelle auf die Leute um ihn herum eingeredet.

Geppetto (Roberto Benigni) hält Pinocchio (Federico Ielapi) den Spiegel vor © Berlinale

Das ist erst der Anfang. Im Anschluss werden episodisch die sattsam bekannten Leidensstationen des Pinocchio abgehandelt. Die Entführung durch die Puppenspieler, Fuchs und Katze als falsche Freunde, die Vermehrung der Goldmünzen, die gute blaue Fee (gespielt von Marine Vacth), die Suche nach dem Vater und so weiter und so fort.
 
Nichts Neues, nichts Aufregendes: das hat dieser legendäre Stoff nicht verdient. Der Titelheld Pinocchio (gespielt von Federico Ielapi) ist zwischen unsympathisch und unwissend angelegt. Außerdem ist er derart schwer von Begriff, dass es in vielen Szenen wehtut. Da hätte man doch wenigstens ein bisschen modernisieren können.
 
Eine gute Nachricht gibt es in diesem Zusamenhang aber doch: Guillermo del Toro arbeitet an einer „Pinocchio“-Neudeutung für Netflix, die 2021 Premiere haben wird. Dem Meister fällt unter Garantie mehr ein, als nur gebetsmühlenartig das zu wiederholen, was eh schon jeder kennt. 
 
Kinostart: Im Laufe des Jahres 2020
Publikums-Chancen: Eher gering  
Gesamteindruck: Dieser „Pinocchio“ ist ein einziges filmisches Missverständnis. Ein Märchen mit einem sehr großen Nerv-Faktor