Berlinale

„Das finstere Tal“ in Berlin: „Boy, schaut dieser Film gut aus!“

11.02.2014
von  Gunther Baumann
„Die Gesichter sehen aus wie die Landschaft": Tobias Moretti über „Das finstere Tal“ © Filmladen
Erst atemlose Spannung, dann donnernder Applaus. Der Alpen-Western „Das finstere Tal“ erwischte am Montagabend bei der Berlinale einen perfekten Start. Das Festival hatte für die Weltpremiere sein schönstes Kino, den elegant renovierten Zoo-Palast, reserviert, der mit 850 Besuchern ausgebucht war. Parallel zur Gala kamen die ersten begeisterten Kritiken heraus: „Boy, schaut dieser Film gut aus!“, staunte etwa der Kritiker des US-Branchenblatts „Hollywood Reporter“. Jetzt geht’s weiter für das Team um Regisseur Andreas Prochaska und seine Stars Sam Riley, Tobias Moretti und Paula Beer: Schon an diesem Wochenende, am 14. Februar, läuft „Das finstere Tal“ im Kino an.
Großes Kino. Bis zur Premiere galt für alle Journalisten das übliche Berlinale-Embargo, noch keine Bewertungen über den Film des Abends abzugeben. Doch jetzt ist die Gala vorüber, und damit können wir ganz offiziell feststellen: Dem Wiener Regisseur Andreas Prochaska ist mit „Das finstere Tal“ einmal mehr ein großer Coup gelungen. Nach „In 3 Tagen bist du tot“ (Horror) und „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ (Komödie) zeigte er jetzt auch im (alpinen) Western-Genre, dass er großes Kino, welches internationalen Ansprüchen genügt, im kleinen Finger hat.

Berlinale-Fototermin: Sam Riley, Andreas Prochaska, Paula Beer und Tobias Moretti © Starpix / A. Tuma / K. Sartena

Der Hollywood Reporter schreibt: „,Das finstere Tal‘ ist ein superbes Genre-Stück, das klassische Western-Elemente in ein abgelegenes österreichisches Bergdorf trägt“. Auch die Münchner Abendzeitung urteilt: „Die Bildsprache reicht locker an amerikanische Vorbilder heran“. Kleiner Schockeffekt: „Am Ende ist der Film ziemlich brutal“.
 
Das stimmt. Andreas Prochaska hat eine archaische Geschichte über Schuld und Rache gedreht. Er folgt in „Das finstere Tal“ der Vorlage des gleichnamigen Romans von Thomas Willmann. Der Plot: Ein junger Amerikaner namens Greider (Sam Riley) reitet – irgendwann im Herbst, irgendwann im 19. Jahrhundert – in einem Tiroler Bergdorf ein.  Die Machthaber dort, die Brenner-Brüder (angeführt von Tobias Moretti), heißen ihn nicht willkommen. Trotzdem darf Greider den Winter über bleiben. Denn er hat etwas  Faszinierendes mitgebracht: Einen Fotoapparat, mit dem er das Land und seine Menschen ablichten will. 
 
Dass er auch ein Repetiergewehr im Gepäck hat, verschweigt Greider. Der wahre Grund seiner Ankunft wird erst langsam – und blutig – klar: Der Amerikaner ist mit dem Brenner-Clan durch eine grauenhafte Geschichte verbunden, die Jahrzehnte zurückliegt…
 
Andreas Prochaska drehte den Film unter schwierigsten Bedingungen (arktische Kälte oder schwerer Regen) im Südtiroler Schnalstal. Im klassischen Western-Stil treibt er die Geschichte nicht mit Dialogen, sondern mit Bildern voran. „Das Wort ist in diesem Fall kein wesentliches Mittel, um den Film zu erzählen“, sagte der Regisseur vor ein paar Tagen im FilmClicks-Interview.  „Ich glaube, dass auch in der Realität früher in diesen Bergdörfern nicht viel geredet wurde. Die Leute hatten eine sehr harte Existenz. Da setzte man sich nicht abends hin und erzählte einander Schwänke aus dem Leben.“
 
Für das Ensemble  erforderte diese Spielweise ein Umdenken. „Man ist gewöhnt, sich über das Wort auszudrücken, und plötzlich musst du das Schauen darstellen“, sagte Tobias Moretti beim Pressegespräch zu „Das finstere Tal“ in Berlin. „Das ist eine ganz andere Art zu spielen. Deshalb darf man bei diesen Figuren alles sein, nur nicht unsicher.“  Mit dem Resultat ist Moretti höchst zufrieden: „Die Gesichter in diesem Film sehen aus wie die Landschaft.  Das ist ein Stilmittel, dass mich sehr bewegt.“