Berlinale

„Das finstere Tal“: Weltpremiere in Berlin

17.01.2014
von  Gunther Baumann
„Das finstere Tal“: Der Wiener Regisseur Andreas Prochaska schuf einen archaischen Alpen-Western © Allegro
Große Ehre für den Alpen-Western „Das finstere Tal“ von Andreas Prochaska: Der Film wurde zur Berlinale eingeladen, wo er am 10. Februar bei einer Berlinale Special Gala seine Weltpremiere feiern wird. Das Event ist ein Höhepunkt in der außergewöhnlich starken Präsenz des Filmlands Österreich in Berlin. Ein gutes Dutzend österreichische Filme oder Ko-Produktionen, mehr als je zuvor, wurden zu den Filmfestspielen (6. – 16. Februar) eingeladen. „Macondo“, das Debüt der Regisseurin Sudabeh Mortezai, tritt im Wettbewerb um den Goldenen Bären an. Dort sitzt Österreichs prominentester Hollywood-Export, der zweifache Oscar-Gewinner Christoph Waltz, in der Jury.
Filmpreis. Andreas Prochaska hat sich mit Publikums-Hits wie „In 3 Tagen bist du tot“ oder „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ längst in der Spitzengruppe der österreichischen Filmemacher etabliert. Kein Wunder also, dass sein archaisches Alpen-Drama „Das finstere Tal“, das im 19. Jahrhundert spielt, internationale Beachtung findet. Am 17. Januar gewannen Prochaska (beste Regie) und Tobias Moretti (bester Darsteller) den Bayerischen Filmpreis für „Das finstere Tal“.


 
Neben Moretti spielen Sam Riley und Paula Beer Hauptrollen in dem Rache-Drama. Der Plot: Ein Amerikaner namens Greider kommt vor Einbruch des Winters in ein Hochtal, in dem der mächtige Brenner-Bauer und seine sechs Söhne das Sagen haben. Greider will hier Fotos machen und richtet sich bei der Witwe Gader und ihrer hübschen Tochter Luzi ein. Die soll heiraten, was durch den plötzlichen Tod eines der Brenner-Söhne fast vereitelt wird. Als ein weiterer Brenner-Bub stirbt, begreift der Vater mehr und mehr, dass Greider ein schreckliches Geheimnis kennt. Greider ist nicht wegen der Schönheit der Natur hier. Sondern wegen Vergeltung. Der Film läuft am 13./14. Februar im Kino an.
 
„Das finstere Tal“ begeht seine Weltpremiere, wie erwähnt, in der Reihe Berlinale Special. Dort ist auch eine Dokumentation eines österreichischen Regisseurs zu sehen. Der Tiroler Hubert Sauper, der 2006 für „Darwin’s Nightmare“ eine Oscar-Nominierung erhielt, hat für seine neue Doku „We Come As Friends“ den Sudan bereist. Zu erwarten ist, so ein Text zum Film, „eine moderne Odyssee, eine berauschende, an Science-Fiction grenzende Reise ins Herz von Afrika. In dem Moment, wo sich das größte Land des Kontinents in zwei Staaten teilt, taucht eine alte Zivilisationskrankheit an die Oberfläche: die des Kolonialismus, der Konfrontation alter Weltmächte und doch neuer Episoden blutiger (wie heiliger) Kriege um Land und Rohstoffe.“

2013 Juror in Cannes, 2014 bei der Berlinale: Christoph Waltz © Gunther Baumann

Wettbewerb. Die Königs-Disziplin der Berlinale ist natürlich der Wettbewerb um den Goldenen Bären. Die iranisch-stämmige Wiener Regisseurin Sudabeh Mortezai geht hier mit ihrem ersten Spielfilm „Macondo“ an den Start. Der Filmtitel bezieht sich auf eine Flüchtlings-Siedlung in Wien-Simmering, die ihren Namen in den Siebzigern von Immigranten aus Lateinamerika erhielt (Macondo ist der Schauplatz von Gabriel Garcia Marquez‘ berühmtem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“). Die Regisseurin: „Zur Zeit kommen die meisten Bewohner aus Tschetschenien, Somalia und Afghanistan. Daher steht auch eine tschetschenische Familie im Mittelpunkt meiner Geschichte.“ Es geht um einen Jungen zwischen zwei Kulturen, zwischen Kind- und viel zu frühem Erwachsen-Sein.
 
Im Wettbewerb treten Regisseure wie Wes Anderson („The Grand Budapest Hotel“ mit Ralph Fiennes und Adrien Brody), Richard Linklater („Boyhood“ mit Ethan Hawke und Patricia Arquette) oder Altmeister Alain Resnais, 91, an. Mit dabei ist auch der Deutsche Dominik Graf, dessen Schiller-Liebesdrama „Die geliebten Schwestern“ von der Wiener Wega-Film koproduziert wurde.
 
Weitere Berlinale-Beiträge aus Österreich: Drei Filme sind in der Forum-Sektion des Festivals zu sehen. Die Doku „Das große Museum“ von Johannes Holzhausen porträtiert Mitarbeiter im Wiener Kunsthistorischen Museum. „Und in der Mitte, da sind wir“ von Sebastian Brameshuber, gleichfalls eine Doku, wirft einen Blick auf Jugendliche aus Ebensee. Das rätselhafte Titel-Kürzel von Georg Tillers „Dmd Kiu Lidt“ steht für „Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit“ (so heißt auch das aktuelle Album der Wiener Band Ja, Panik).
 
Im Panorama Spezial laufen „Risse im Beton“, der zweite Spielfilm von Umut Dag, sowie „Über-Ich und Du“ von Benjamin Heisenberg (Koproduktion mit Novotny & Novotny, Wien). Elfi Mikesch wurde mit „Fieber“ in die Panorama-Sektion eingeladen.
 
Weiters gibt es noch zwei Kurzfilme („Optical Sound“ von Christian Neubacher & Elke Groen sowie „Darkroom“ von Billy Groisz) und eine Episode von Michael Glawogger. Er schuf einen der Beiträge für das von Wim Wenders initiierte Projekt „Kathedralen der Kultur“, in dem es um Architektur und Kino geht.