Genre-Transfer. Als Andreas Prochaska seine zwei Horror-Hits „In drei Tagen bist du tot“ drehte, transferierte er ein ur-amerikanisches Genre in unsere Breiten. Jetzt probiert er das gleiche mit dem Western.
Prochaskas Projekt: „Das finstere Tal“. Es rauchen die Colts und es wiehern die Pferde in diesem Film. Es wird wenig gesprochen und viel geschaut. Der Film ist, so der Regisseur, ein „Alpen-Western“.
„Der Western war meine erste filmische Sozialisation“, sagt Prochaska. „Ich bin aufgewachsen mit Serien wie ‚Bonanza’, und der erste Kinofilm, an den ich mich erinnern kann, ist ‚Der Schatz im Silbersee’“. Ein Bubentraum? „Mit Sicherheit“.
Das sieht auch Produzent Helmut Grasser, Chef der Wiener Allegro-Film, so: „Bei ‚In 3 Tagen’ wollten wir einen Film machen, der unseren Kids gefällt. ‚Das finstere Tal’ ist jetzt der Film für uns. Ein Film für große Buben“.
Die österreichisch-deutsche Koproduktion, die federführend von Allegro und zu 49 Prozent von X-Filme hergestellt wird, ist mit 6,5 Mio. Euro Budget eines der teureren Projekte der letzten Jahre. „Hanekes Filme kosten noch mehr“, sagt Grasser, „aber die sind überwiegend mit französischen oder deutschen Geldern produziert. Bei ‚Das finstere Tal’ ist es eine mehrheitlich österreichische Produktion“.
Der Plot. Der Film, den Prochaska in 44 Tagen in Bayern, Südtirol und Salzburg abdrehte, ist 1875 angesiedelt. Der Plot: Ein Amerikaner namens Greider kommt vor Einbruch des Winters zu Pferd in ein Hochtal, in dem der mächtige Brenner-Bauer und seine sechs Söhne das Sagen haben. Greider will hier Fotos machen, so genannte Daguerreotypien, und richtet sich mit Erlaubnis des Brenner-Bauern bei der Witwe Gader und ihrer hübschen Tochter Luzi ein. Die soll heiraten, was durch den plötzlichen Tod eines der Brenner-Söhne fast vereitelt wird. Als ein weiterer Brenner-Bub stirbt, begreift der Vater mehr und mehr, dass Greider ein schreckliches Geheimnis kennt, das der Brenner-Bauer verbirgt. Greider ist nicht wegen der Schönheit der Natur hier. Sondern wegen Vergeltung.
„Das finstere Tal“ beruht auf dem gleichnamigen Roman von Thomas Willmann, der 2010 von der Kritik gefeiert wurde. „,High Noon‘ in dunkler Heimat“, schrieb die
Frankfurter Allgemeine. Das Buch wirke „wie filmisch inszeniert. Wie ,Spiel mir das Lied vom Tod‘ gekreuzt mit dem zwiespältigen Flair alter Heimatromane".
„Als Andreas den Roman entdeckte, wollte er sofort die Rechte erwerben“, erzählt Produzent Grasser. „Das Problem war, dass bereits die halbe deutsche Filmbranche hinter dem Buch her war“. Autor Willmann ließ sich aber nicht von groß budgetierten Produktionsfirmen blenden, sondern wollte sicherstellen, dass die Verfilmung in den Händen eines Regisseurs landet, der mit dem Stoff umzugehen weiß. „Es ging ihm nicht zu sehr um Geld, denn da hätten wir mit den deutschen Produzenten nicht mithalten können“, ist Grasser überzeugt.
Die Stars. Ein besonderer Coup ist der Produktion bei der Besetzung der Hauptrollen gelungen: Als US-stämmiger Greider ist der britische Schauspieler Sam Riley („Control“) zu sehen, der - auch dank seiner Beziehung mit der deutschen Schauspielerin Alexandra Maria Lara - die deutsche Sprache beherrscht. „Ich suchte lange auf englischen Agenturseiten nach jemandem, der unsere Sprache mit einem englischen Akzent spricht. Als ich auf das Foto von Riley stieß, wusste ich, dass er der Richtige für die Rolle war. Er hat etwas von Alain Delon in ‚Der eiskalte Engel’ an sich, und genau so jemanden brauchte ich: Einer, der schon rein äußerlich mehrere nicht gleich durchschaubare Schichten mitbringt“.
Auch die weiteren Rollen sind hochkarätig besetzt: Als Brenner- Bauer ist Hans-Michael Rehberg zu sehen, Tobias Moretti ist der Älteste der Brenner-Söhne, und Erwin Steinhauer spielt den Dorfpfarrer. „Steinhauer ist wunderbar, ich habe mit ihm bereits drei Filme gedreht, und finde seine enorme Leinwandpräsenz unglaublich“, sagt Prochaska. Für die Rolle musste Steinhauer ein halbes Jahr mit Glatze und Bart herumlaufen. Tobias Moretti wiederum „ist charismatisch und männlich zugleich, und passt perfekt in die Bergwelt. So etwas gibt es sehr selten“, ist Prochaska sicher. „Ein Western steht und fällt mit seiner Besetzung“.
Spannung. Prochaska hat einen dialogarmen Film gedreht, der seine Spannung durch die Blicke und Gesten der Figuren erzeugen will. „Natürlich gibt es auch die genreimmanenten Pferdeszenen und Schießereien. Aber die Spannung liegt in den Gesichtern“. Geprobt wurde im Vorfeld allerdings kaum. „Es macht wenig Sinn, solche Blicke und Gesten in einem Besprechungszimmer zu proben, denn erst oben auf der Alm sind die Schauspieler in ihrem Kostüm und in der richtigen Umgebung, um entsprechend spielen zu können“, meint Prochaska.
Nach den anstrengenden Dreharbeiten mit 34 (von insgesamt 44) Tagen Außendreh Hat sich Prochaska in den Schneideraum zurückgezogen. Der Film soll Anfang 2014 in die Kinos kommen. „Ich wollte das Projekt auf keinen Fall wie einen Spaghetti-Western anlegen“, sagt er. „Das sind Filme, in denen alle so tun, als wären sie Amis. Stattdessen bot sich die Kombination des Genres mit lokalen, österreichischen Elementen in diesem Fall geradezu an“.