Benoit Jacquot
über das Filmen mit berühmten Frauen
„Liebesszenen sind aufgebaut wie Mordszenen“
02.05.2015
Interview:
Matthias Greuling
Catherine Deneuve, Chiara Mastroianni und Charlotte Gainsbourg: Diese drei Top-Diven des französischen Films stehen im Liebes-Thriller „3 Herzen“ vor der Kamera. Regisseur Jacquot erzählt im FilmClicks-Interview über seinen Film: Es geht um einen Finanzbeamten aus Paris (Benoit Poelvoorde), der sich in der Provinz nacheinander in zwei Frauen verliebt (Gainsbourg, Mastroianni), von denen er nicht ahnt, dass sie Schwestern sind. „3 Herzen“ ist eine Stilübung mit viel dramaturgischer Konstruktion, die aber ihren Zweck nicht verfehlt.
FilmClicks: Monsieur Jacquot, in „3 Herzen“ kombinieren Sie die Genres Thriller und Lovestory. Wieso?
Benoit Jacquot: Ich bezeichne den Film als sentimentalen Thriller. Ich erinnere mich an den Satz, den Hitchcock zu Truffaut sagte für sein berühmtes Interviewbuch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“: Liebesszenen sind genau gleich aufgebaut wie Szenen, in denen jemand ermordet wird. Die Liebe wird im Film oft sehr tragisch inszeniert, wenn es zum Beispiel Hindernisse gibt, die eine Liebe verhindern oder unmöglich machen. Oder die Liebe wird auf komische Weise ins Licht gerückt, bei romantischen Komödien zum Beispiel. Aber Liebe kann auch angsterfüllt sein und ein beklemmendes Gefühl auslösen, zum Beispiel, wenn man jemandem seine Liebe gesteht. Dann weiß man zunächst nicht, wie diese Person darauf reagieren wird. Das kann große Angst auslösen. Jemanden zu Küssen – da kann das Herzklopfen genauso unerträglich werden wie wenn man eine Bank ausraubt.
„3 Herzen“ trägt das Herz als Symbol der Liebe im Titel. Interessant, dass die männliche Hauptfigur im Film einen Herzanfall erleidet.
Ich glaube, dass das Herz nicht zufällig zum Symbol der Liebe wurde, weil es uns im wahrsten Sinne des Wortes antreibt. Dieses Organ hält uns am Leben, und das tut die Liebe auch. Wenn man von Herzschmerz spricht, dann meint man meistens keine physische Erkrankung des Herzens, sondern spricht von Liebesproblemen. In Frankreich gibt es dafür auch einen eigenen Terminus: „Mal au coeur“ hat nichts mit einem Herzleiden zu tun, sondern mit seelischem Schmerz. Ursprünglich wollte ich eine Geschichte erzählen, in der eine Herztransplantation vorkommt, doch diese Idee hatte schon Clint Eastwood in „Blood Work“ verwendet. Dann habe ich die Usancen umgekehrt: Normalerweise sind es die Frauen, die in den Filmen an einer Liebe zerbrechen. Ich wollte diesen melodramatischen Zustand ins Gegenteil verkehren, indem ich diesmal die männliche Figur an der Liebe zugrunde gehen lasse.
Vom ersten Moment weiß man bei Ihrem Film, dass Unheil bevorsteht: Sie erreichen das durch den Einsatz dramatischer Streicher auf der Tonspur.
Ich setze Musik in meinen Filmen immer so ein, als wäre sie eine eigene Figur der Handlung. Musik ist bei mir nie ein Accessoire, sondern muss einen Sinn haben. In diesem Fall war mir wichtig, die Grundstimmung des Films vorwegzunehmen, beziehungsweise anzukündigen, was das auf einen zukommt.
Erzeugt es eigentlich großen Druck, wenn man mit Damen wie Deneuve, Gainsbourg oder Chiara Mastroianni arbeitet?
Nein. Man hat mir oft nachgesagt, ich sei besonders begabt, Frauen zu führen vor der Kamera. Ich habe schon mit vielen dieser großartigen Schauspielerinnen gearbeitet, fünf Mal mit Isabelle Huppert zum Beispiel, aber auch schon mit Isabelle Adjani oder der Deneuve oder mit ganz jungen Talenten. Ich glaube, dass diese Frauen deshalb so gerne mit mir arbeiten, weil sie wissen, was sie bekommen, und dass die Qualität stimmt.