Simon Helberg
über „Florence Foster Jenkins“ und Meryl Streep
„Wir mussten uns stundenlang in die Augen schauen“
29.11.2016
Interview:
Anna Wollner
Die TV-Serie „The Big Bang Theory“ machte ihn zum Star. Der Kalifornier Simon Helberg spielt auf dem Bildschirm bereits im zehnten Jahr den Raumfahrtingenieur Howard Wolowitz, der sich nicht nur für das Weltall, sondern auch für schöne Mädchen und schrille Textil-Outfits interessiert. Im Kinohit „Florence Foster Jenkins“ zeigt sich Helberg jetzt von einer ganz anderen Seite. Da sieht man ihn als virtuosen Pianisten Cosmé McMoon, der die Titelheldin, die sangeswütige Florence Foster Jenkins (Meryl Streep), durch die Klippen ihres musikalischen Antitalents geleitet. Im Interview erzählt Helberg über den aufregenden Dreh, seine Bewunderung für Meryl Streep und über die Schwierigkeit, Schau- und Klavierspiel vor der Kamera zu verbinden.
FilmClicks: Mr. Helberg. waren Sie nervös, als Sie Meryl Streep zum ersten Mal begegneten?
Simon Helberg: Oh ja, ich war sehr nervös. Ich bin generell eher der nervöse Typ. Es gab Momente im Film, da kam ich mit meiner Nervosität klar, aber das sind eher wenige. Dabei hat Meryl Streep alles dafür getan, dass ich das unter Kontrolle kriege. Sie strahlt einfach eine natürliche Ruhe aus.
Gab es Szenen in „Florence Foster Jenkins“, in denen Sie beide eine ganz besondere Verbindung hatten?
Die Musikszenen waren sehr intim. Wir haben erst in einem Studio in New York geprobt, haben die Musik dann in den Abbey Road Studios in London aufgenommen, sind zurück nach New York in ihre Wohnung und haben da weiter probiert. Egal wo wir waren, ob im Hotel, am Set oder beim Dinner, wir haben immer geübt. Wir haben zum Beispiel gemeinsam Atemübungen gemacht. Da kommt man sich zwangsläufig näher. Wir mussten uns stundenlang in die Augen schauen. Mach das mal mit Meryl Streep.
Hatten Sie beim Dreh auch manchmal Herzklopfen?
Es gibt diese eine Szene, in der wir das erste Mal im Ritz Carlton auftreten. Ich stehe hinter der Bühne, habe keine Ahnung was auf uns zukommt, warte darauf, dass sich der Vorhang hebt – und schwitze, was das Zeug hält. Der Vorhang geht auf, der Saal ist voll und wir spielen einen Song. Als wir diese Szene drehten, waren Meryl und ich hinter der Bühne vollkommen allein. Keine Kamera, kein Regisseur - die waren alle im Zuschauerraum. Ich habe Meryl angeguckt, konnte einfach nicht glauben, dass ich hier neben ihr stehe und in wenigen Minuten mit ihr auf einer Bühne vor Publikum spielen werde. Da kam die Panik in mir hoch. Eine ihrer Textzeilen lautete dann auch noch: „Für Momente wie diese leben wir doch.“ Da war es vorbei. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
Dabei sind Sie es von der Sitcom „The Big Bang Theory“ doch gewohnt, vor Publikum zu spielen!
Ja schon. Aber selbst vor jeder Folge von „The Big Bang Theory“ bin ich nervös. Obwohl die Machart hier nicht zu vergleichen ist, beeinflusst mich die reine Anwesenheit des Publikums. Die Zuschauer sind wie ein eigener Charakter. Sie verändern mich, den Rhythmus unseres Spiels. Lachen sie, lachen sie nicht? Das ist immer berauschend und kratzt uns auf.
David Bowie zählte eine der Original-Aufnahmen von Florence Foster Jenkins zu seinen Lieblingsalben. Würden Sie auch so weit gehen?
Im Moment versuche ich eher, die Songs von Florence aus meinem Kopf zu kriegen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze sie als Künstlerin. Aber in meiner Top-Liste würde wohl eher David Bowie auftauchen. Ich kann aber bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, was er an ihr fand.
Im Gegensatz zu Florence Foster Jenkins beherrschen Sie wirklich das Instrument, das Sie im Film spielen. Wann haben Sie mit dem Klavierspielen angefangen?
Ungefähr mit zehn Jahren. Meine erste Lehrerin war eine strenge Frau, mit der ich überhaupt nicht klargekommen bin, die mir nur Klassik beibringen wollte. Eigentlich wollte ich aufhören. Bis ich gemerkt habe, dass ich ja auch Rockmusik spielen kann. Dann wurde ich Mitglied der Schul-Jazzband. Als Teenager habe ich dann das volle Programm durchgezogen, war in Rockbands, auf Clubtour, habe in Buchläden oder Thairestaurants gespielt. Wo ein Klavier stand, war ich zur Stelle. Wäre die Schauspielerei nicht dazwischen gekommen, wäre ich wahrscheinlich noch immer der einsame Mann am Klavier.
In einem Film wie „Florence Foster Jenkins“ können Sie Klavierspiel und Schauspiel verbinden. Das ist doch perfekt!
Nicht wirklich. Denn der Druck war dadurch deutlich größer. Ich musste auf viel mehr Dinge auf einmal achten. Dem Regisseur Stephen Frears war mein Klavierspiel sehr wichtig. Manchmal dachte ich, das ist alles, worum es ihm geht. Dass der Junge die richtigen Tasten trifft. Als wir das erste Mal gemeinsam das Drehbuch lasen, kam er zu mir, klopfte mir auf die Schulter und meinte mit seiner trockenen britischen Art: Jetzt finden wir heraus, ob du auch schauspielern kannst. Und da wurde mir klar – ok, Meryl Streep und ich haben jetzt seit Wochen gemeinsam geprobt. Aber eben nur die Musik. Und ich habe keine Ahnung, ob ich in ihrer Gegenwart vor der Kamera überhaupt einen Satz gerade herausbekomme. Und da kam die Panik sofort zurück.