Noah Baumbach
über seinen Film „Gefühlt Mitte Zwanzig“
„Ein lustiger Film über die Ehe“
30.07.2015
Interview:
Anna Wollner
Mit dem Film „Frances Ha“ hat sich der New Yorker Regisseur Noah Baumbach vor zwei Jahren einen Platz in den Herzen der Dreißigjährigen erobert. In schwarz-weißen Bildern zog Greta Gerwig als Frances, eigentlich Tänzerin von Beruf, durch New York, erst Brooklyn, dann Manhattan, am Ende landete sie in Washington Heights. Es ging ums Erwachsenwerden, aber auch ums Träumen. Es war ein Film, der das Lebensgefühl vieler Zuschauer ausdrückte und der jetzt, naja, vielleicht so was wie eine inoffizielle Fortsetzung bekommen hat: „Gefühlt Mitte Zwanzig“. Diesmal drehte Noah Baumbach einen Film über die Midlife-Crisis und das Hipstertum. Anna Wollner hat mit ihm gesprochen.
FilmClicks: Mister Baumbach, Sie sind 45 und bringen einen Film namens „Gefühlt Mitte Zwanzig“ heraus. Müssen wir uns um Sie sorgen? Stecken Sie in einer Midlife Crisis?
Noah Baumbach: Nein, keine Angst – so schlimm ist es nicht. Aber es ist heute schon komisch, wenn man darüber nachdenkt, wie alt man war, als Clinton Präsident war. Ich habe ihn damals gewählt – andere haben zu der Zeit noch mit ihren Ninja Turtles gespielt. Wenn mir das auffällt, dann fühle ich mich alt. Aber ansonsten komme ich damit klar. Ich habe Freunde im Grundschulalter und Freunde über Siebzig.
Also steckt nichts Autobiografisches in Ihrem neuen Film?
Nicht das, was Sie jetzt vielleicht denken. Die meisten gehen nämlich davon aus, dass die von Ben Stiller gespielte Figur und ich viele Gemeinsamkeiten haben. Dabei bin ich dem Jüngeren, der von Adam Driver gespielt wird, viel ähnlicher. Zumindest was das Berufliche angeht. Als Regisseur habe ich Erfolg, bin produktiv und kann mich kreativ austoben. Das sind alles Dinge, mit denen Ben Stillers Figur auf Kriegsfuß steht.
Trotzdem ist das Älterwerden etwas, was Sie zu beschäftigen scheint. In „Frances Ha“ ging es ja auch schon darum.
In meinen Zwanzigern habe ich mich die ganze Zeit gefragt, wann mein Leben denn nun endlich beginnen würde. Es gab diese Angst, dass alles zu schnell geht, ich irgendwas verpasse und nicht genug mitnehme. Aus heutiger Sicht ist das natürlich albern. Aber damals fühlte es sich real an. Mit dem Alter kommt eben auch die Gelassenheit, es ist kein Druck mehr da. Man ist im Leben einfach angekommen.
Und trotzdem wird Ben Stiller zum Pseudo-Hipster, der mit Mitte Vierzig ein Single-Speed-Rad fährt und Skinny Jeans trägt. Irgendwo müssen Sie diese Hipster-Bezüge doch herhaben.
Na ja, viel haben wir uns auch ausgedacht. Ich wusste von Beginn an, dass aktuelle Hipster-Bezüge eine Gefahr darstellen. Die Gefahr, vom Zeitgeist eingeholt zu werden. Die ganzen Referenzen verändern sich so schnell. Ich habe also einfach meine eigene Hipster-Version erfunden. Bei den Klamotten habe ich mich an einem alten Eric-Rohmer-Film aus den Sechzigern orientiert. Die Wohnung haben wir mit Dingen eingerichtet, die wir selbst mögen und interessant finden. Ich habe keine Ahnung, ob die Leute heute noch rollerbladen oder nicht.
Wenn Sie Eric Rohmer ins Spiel bringen, antworten wir direkt mit Woody Allen. Ihre Liebe zu ihm ist unverkennbar. Wo kommt die her?
Ich bin mit ihm aufgewachsen. Nicht nur mit seinen Filmen. Wir kommen beide aus Brooklyn, waren sogar auf der gleichen Highschool. Das alleine beeinflusst natürlich schon. Genauso wie mich andere Filme und Regisseure beeinflusst haben. Darüber denke ich aber gar nicht nach, das passiert einfach.
An wen haben Sie bei „Gefühlt Mitte Zwanzig“ gedacht?
Ich wollte einen lustigen Film über die Ehe machen. Einen Film, der in der Tradition der Filme steht, die ich schon als Kind bewundert habe. Screwball-Komödien aus den 30ern und 40ern. Es sollte ein Film über Leute werden, die sich trennen, um dann wieder zusammenzukommen. Mehr nicht. Nur eben in meiner eigenen Version. In New York. Und ja, auch mit Hipstern.