Christiane Paul


„Ich würde mich immer wieder für das Modell Familie entscheiden“

18.11.2013
Interview:  Peter Beddies

Mutter und Tochter: Christiane Paul und Paraschiva Dragus © Thim Film

Dr. med. Christiane Paul, die Star-Schauspielerin aus Berlin, ist studierte Ärztin und Mutter von zwei Kindern. Keine schlechte Grundlage für ihr neues Kino-Stück: In Robert Thalheims formidablem Familienfilm „Eltern“ spielt sie eine zweifache Mutter und Anästhesistin. Zu Beginn der Tragikomödie ist scheinbar alles in Ordnung: Ihr Gemahl (Charly Hübner) gibt den perfekten Hausmann, die Kids sind glücklich. Doch als auch er wieder in seinen Beruf zurück will, brechen unter der Heile-Welt-Fassade schwere Konflikte auf. Im FilmClicks-Interview erzählt Christiane Paul über Lust und Leid des Familienlebens.  


FilmClicks: Der Film könnte auch „Schöner scheitern“ heißen, oder?
 
Christiane Paul:  Nein, finde ich nicht. Das ist kein Scheitern. Das ist mit so die größte Herausforderung, die das Leben bietet.
 
Spielt hier die Schauspielerin Christiane Paul Episoden aus dem Leben der Christiane Paul?
 
Nein, auf keinen Fall. Aber gewisse Dinge habe ich schon wieder erkannt. Die Situationen sind natürlich dramaturgisch gebaut. Aber den alltäglichen Wahnsinn mit den Kindern, den kennt man schon.
 
Sind Sie dem Wahnsinn jeden Tag gewachsen?
 
Nein, ich schaffe es auch nicht jeden Tag, die Balance zu halten. Dann springt man zu Hause wie Rumpelstilzchen herum und wird völlig wahnsinnig. Wird auch mal laut. Aber ansonsten ist es auch ein großes Glück, dass man Kinder hat. Dieses Glücksgefühl überwiegt dann das Gefühl des Wahnsinns.
 
In „Eltern“ spielen Sie eine Ärztin. Leichte Nummer für jemand, der wie Sie Medizin studiert hat, oder?
 
Eben nicht. Ich spiele hier eine Anästhesistin. Damit habe ich mich nie beschäftigt in meiner medizinischen Laufbahn. Ich war für den Film zwei Tage an der Charité in Berlin, um zu hospitieren. Man unterschätzt das leicht. Aber im Film muss es so aussehen, als würde ich jeden Tag diesen Menschen Schläuche anlegen.       
 
Warum bekommen diese beiden Leute im Film eigentlich solche Probleme miteinander?
 
Das eigentlich Tragische ist ja, dass beide ein Modell leben, zu dem sie am Anfang Ja gesagt haben und irgendwann haben sie sich verloren. Oder sagen wir mal, die Ansprüche ans eigene Leben oder die Befindlichkeiten oder Bedürfnisse verloren. Und plötzlich platzt das alles raus.

Ein Paar, dessen Glück Sprünge bekommen hat: Charly Hübner und Christiane Paul © Thim Film

Im Film gehört unsere Sympathie ganz eindeutig diesem Pärchen und wir hoffen und bangen, das sie es schaffen, in diesem Familienverbund leben zu können. Ihnen ist es zwei Mal passiert, dass Partnerschaften zerbrochen sind. Heilt das für alle Zeiten?
 
Nein, ich würde mich immer wieder für das Modell Familie entscheiden. Ich würde immer wieder um Mutter-Vater-Kind kämpfen. Hat halt nicht geklappt.
 
Rennen wir heute zu schnell auseinander und sollten wir lieber mehr um die Partnerschaft kämpfen? So wie es die Großeltern getan haben?
 
Klar, die Frage ist, ob das, was die Großeltern gemacht haben, besser war. Das weiß ich nicht wirklich. Die Frage werden wir nie beantworten können, ob das Lebensmodell unserer Eltern oder Großeltern besser war, ne? Heute hast Du als Frau die Möglichkeit als Frau zu entscheiden und zu sagen, dass man unabhängig ist und sein eigenes Leben führt. Das führt natürlich dazu, dass wir aus Beziehungen schneller raus gehen. Aber – meiner Ansicht nach – sollte man Mutter-Vater-Kind schon anstreben.
 
 
 
Früher entschied der Kopf, heute das Herz?
 
Ja, aber das macht es nicht unbedingt einfacher. Das Herz ist nicht immer ein guter Ratgeber. Manchmal hofft man doch, dass es der Kopf reguliert. Jeder ist ja anders. Ich bin ein starker emotionaler Mensch. Ich bin viel zu emotional, um sagen können: „OK, ich kläre das jetzt mit der Ratio“. Besser ist es sicher hin und wieder, wenn man mit kühlem Kopf entscheiden kann. 
 
 
 
Die Kinder im Film können reine Nervsägen sein. Sie sorgen aber auch für das größte Glück. Sind Ihnen Ihre Kinder je eine Last gewesen?
 
Nein. Ich glaube, was mich mit all den Fehlbarkeiten, die ich habe und all dem Wahnsinn, der in mir ist, ausmacht, das sind meine beiden Kinder. Sie vermitteln mir - man kann es nicht anders sagen - den Sinn des Lebens. Alles ist flüchtig. Ruhm und Erfolg und Filme. Alles vergänglich. Das einzige, das wirklich zählt, sind die Beziehungen zu Menschen, die man hat. Dass man für jemanden da ist. Das ist das einzige, das zählt.
 
Wer keine Kinder hat…
 
…wollte ich gerade sagen. Man muss keine Kinder haben, um das zu empfinden. Manche Menschen entscheiden sich, keine Kinder  in die Welt setzen zu wollen,  Völlig OK. Aber bei all dem Trubel, dem wir ausgesetzt sind. Den Berufen, die reine Zeitfresser sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass all der Drang zu materiellen Dingen Schwachsinn ist. Die neueste DVD im Schrank – Toll! Genau für einen Abend. Aber sich um jemanden kümmern zu können und seine Gefühle zu erwidern, nur das allein zählt.                            

 



Kritik
Eltern
Charly Hübner und Christiane Paul brillieren in „Eltern“: Das Ehedrama von Robert Thalheim ist feines Sozialkino. Am Ende wünscht man dem Haufen um Konrad und Christine, das sie es gemeinsam schaffen. Mehr...