Pierre Niney


„Ich dachte, die Buchstaben YSL stünden für Kleidergrößen“

16.04.2014
Interview:  Peter Beddies

„Yves Saint Laurent“: Pierre Niney ist dem Modeschöpfer wie aus dem Gesicht geschnitten © Square One/Universum

Wie spielt man eine Legende? Mit dieser Frage musste sich der französische Nachwuchs-Star Pierre Niney herumschlagen. Nachdem bei einem Vorsprechen seine unglaubliche Ähnlichkeit zu Yves Saint Laurent auffiel bekam er die Rolle der Mode-Ikone. Niney ist bisher in den französischen Filmen „LOL“, „Black Heaven“ und „Die anonymen Romantiker“ zu sehen gewesen.  


Ein Modemacher, der die Damen lieber an- als auskleidete: Pierre Niney in & als „Yves Saint Laurent“ © Square One/Universum

FilmClicks: Hatten Sie Angst, in diese sehr großen Schuhe zu schlüpfen und Yves Saint Laurent zu spielen? 

Pierre Niney: Nein, Angst hatte ich nicht. Ich war sehr froh, als man mir in meinem jungen Alter von gerade mal 24 Jahren so eine schwere Rolle angeboten hat. Es ist bei mir immer so, dass ich mich voll hineinknie, wenn ich eine Rolle annehme. Also habe ich versucht, so sehr zu Yves Saint Laurent zu werden, wie es irgendwie ging. Das ist mein Mittel, mit Gefühlen wie Angst umzugehen. Arbeite Dich so sehr ein, dass die Angst gar nicht erst aufkommt. Dass die Freude am Spiel die Oberhand behält.
 
Welche Fragen würden Sie Yves Saint Laurent stellen, wenn Sie ihn treffen könnten?
Na ja, das Treffen hat in gewisser Weise ja stattgefunden. Bei der Vorbereitung habe ich mir immer wieder Fragen gestellt und die Antworten sind jetzt im Film. YSL ist mir von Monat zu Monat näher gekommen oder ich ihm. Denn ich habe mit sehr vielen Menschen gesprochen, die ihn sehr gut gekannt haben, wie zum Beispiel Pierre Bergé, sein Lebensgefährte. Aus diesen ganzen Begegnungen hat sich dann mein Bild zusammengesetzt. Aber wenn ich ihn hätte treffen können, dann hätte ich ihm garantiert keine Fragen gestellt. Das hätte nicht funktioniert. Denn Yves war ein sehr scheuer Mensch. Ich hätte einfach abgewartet, ob er mir eine Tür öffnet. Ich denke mir, dass wir wahrscheinlich spazieren gegangen wären.
 
Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und YSL?
Nein, eigentlich nicht. Vielleicht die eine, dass wir beide sehr jung waren und schon wussten, wohin uns das Leben  treiben würde. Also so eine gewisse Frühreife, wenn Sie so wollen. Was mich aber sehr berührt hat am Film und natürlich auch an seinem Leben: Dass Yves Saint Laurent den Schmerz, den er in sich trug, in sehr viel Energie und diese wunderbare Mode umsetzen konnte.
 
Was haben Sie vorher von ihm gewusst?
Es taucht jetzt manchmal der Satz auf, ich hätte Yves Saint Laurent vor dem Dreh überhaupt nicht gekannt. Das stimmt so nicht. Ich wusste, dass er Modeschöpfer war. Ich wusste auch von seinem Drang nach Perfektion. Was ich wirklich nicht wusste, war, dass das Logo YSL zu ihm gehörte. Ich dachte, es würde sich dabei um Kleidergrößen handeln.
 
Haben Sie heute ein anderes Verhältnis zur Mode als früher?   
Früher habe ich mir nicht viele Gedanken um Mode gemacht. Aber ich hatte eine Vorbereitungszeit von fünf Monaten für diesen Film. Ich bekam Zutritt zu Designern und Schneidern. Durfte zuschauen, wie sich Mode von der Idee bis zum fertigen Stück entwickelt. Und so kann ich heute viel mehr schätzen, wie viel Arbeit in guter kreativer Mode steckt. Der nette Nebeneffekt: wenn ich jetzt nach Namen in der Modewelt gefragt werde, habe ich sie alle drauf – von Chanel bis Hedi Slimane.

Liebende: Pierre Bergé (Guillaume Gallienne) und Yves Saint Laurent (Pierre Niney) © Square One/Universum

Wie wichtig sind solche Filme, um gegen die immer noch vorhandene Homophobie vorzugehen?
Filme wie „Yves Saint Laurent“ sind ja immer auch Zeitzeugengeschichten. Und wenn es wie in diesem Fall um Homosexualität geht, dann gefällt mir besonders gut, dass es nicht so politisch ausgestellt wird, sondern dass es so natürlich wie möglich gezeigt wird. YSL und Pierre Bergé waren ein Paar, ein homosexuelles Paar. Aber sie sind damit nicht so sehr in die Offensive gegangen. Sie haben einfach ihr Leben gelebt. Das schönste Kompliment, dass wir für unseren Film bekommen können, ist es,wenn Menschen sagen: „Ach, das ist uns gar nicht aufgefallen, dass es sich um zwei Typen gehandelt hat. Wir haben nur die Liebesgeschichte gesehen“. Meiner Ansicht nach, ist das der beste Weg, mit Homophobie umzugehen. Man muss zeigen, dass diese Liebe eine völlig normale ist.
 
Es werden im Film auch die dunklen Seiten von YSL nicht ausgespart. Wie hat man das in Frankreich aufgenommen?
Das Publikum ist überrascht. Überrascht, weil man diese dunklen Seiten eines gequälten Genies so noch nicht gekannt hat. Aber das gehört zur Ikone YSL einfach dazu. Drogen, Medikamente, Alkohol. All das darf man nicht verschweigen, wenn man der Person gerecht werden möchte. Ob nun Amy Winehouse, Kurt Cobain oder James Dean: Wir kennen sie alle und doch nur zu einem Teil, wenn wir die dunklen Stellen nicht ausleuchten.      
 



Kritik
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