„Ich wollte eine Liebesgeschichte erzählen“
13.11.2013
Interview:
Matthias Greuling
Joseph Gordon-Levitt, als Schauspieler bekannt aus Filmen wie „(500) Days of Summer“, hat mit seinem Regiedebüt „Don Jon“ für Aufmerksamkeit gesorgt. Mit sicherer Hand inszenierte der Kalifornier hier sich selbst in der Titelrolle - als jungen Mann, der die meiste Zeit damit befasst ist, Internet-Pornos zu schauen. Im Filmclicks-Interview verrät er, warum „Don Jon“ aber keineswegs ein Film über Pornosucht ist.
FilmClicks: Ihre Hauptfigur Don Jon ist pornosüchtig. Ist er deshalb unfähig, eine normale Beziehung zu führen?
Joseph Gordon-Levitt: Ich wollte eine Liebesgeschichte erzählen. Was der Liebe sehr oft im Weg steht, ist, wie sehr sich Leute gegenseitig objektivieren. Anstatt dass man sein Gegenüber als ein einzigartiges Individuum begreift, haben viele Menschen die Tendenz, ihre Partner mit anderen zu vergleichen. Erwartungen, wie ein Mann oder eine Frau zu sein hat, spielen dabei eine wesentliche Rolle. Das hat mich interessiert. Eine Story zwischen einem jungen Mann, der zu viel Pornos sieht, und einer jungen Frau, die zu viele romantische Filme sieht, wäre doch ein spaßiger Weg, die Frage zu klären, wie die unterschiedlichsten Medien, die wir konsumieren, unsere Perspektiven auf unser Liebesleben beeinflussen.
Ist es symptomatisch für unsere Zeit, wie wir heute mit unseren Beziehungen umgehen, nämlich sie beispielsweise über Facebook öffentlich zu machen?
Ich glaube, es ist zeitlos, wie wir mit den anderen umgehen. Dennoch habe ich das Thema mit meiner Mutter diskutiert. Ich brachte das Beispiel von Leuten, die nur deshalb eine Beziehung eingegangen sind, damit sie das in ihrem Facebook-Status teilen können, indem sie ein Hakerl bei „In einer Beziehung“ machen können. Das ist erschreckend. Meine Mutter sagte, auch in ihrer Jugend habe man Beziehungen quantifiziert, es gab nur kein Facebook, wo man das hätte posten können. „Don Jon“ ist eine zeitgenössische Variante des Beziehungslebens. Ob das Internet heute diese Beziehungsfragen verändert hat? Vielleicht. Aber dennoch ist die Geschichte zeitlos.
Sind Sie selbst auch in sozialen Netzwerken unterwegs?
Ich benutze die ganze Zeit Twitter, Facebook und Tumblr, was aber vor allem daran liegt, dass wir unsere Produktionsfirma sehr stark auf Basis dieser Medien aufgebaut haben, um sie möglichst offen und kommunikativ zu halten. Ich fühle mich daher einer ganzen Reihe von Leuten verbunden.
Birgt Online-Pornografie die Gefahr einer Abhängigkeit?
Don Jon verfolgt mit seinem Pornokonsum eine sehr einseitige Kommunikation, denn mit einem Porno kann man ja nicht interagieren, sondern ihn nur ansehen. Ob er süchtig ist? Ich weiß es nicht. „Don Jon“ ist nicht wirklich ein Film über Pornosucht. Ich spielte einmal in einem Film, der hieß „50:50“, und das war nicht wirklich ein Film über Krebs, sondern über einen Typen, der erwachsen werden will und die Beziehungen zu seinen Freunden und seiner Familie überdenkt. Darum ging es. Dass meine Figur im Film Krebs hat, diente nur als Plot-Linie. Auch in „Don Jon“ ist die Pornografie nur Anlass, nicht Thema.
Im Film sieht man häufig Pornoszenen, die aber niemals explizit werden. Wie sind Sie mit dem Porno-Material verfahren?
Unser Umgang mit den Pornoszenen war sehr bedacht: Wir verwendeten ausschließlich echtes pornografisches Material, und haben es sorgfältig geschnitten, beschnitten, und bearbeitet. Die Musik und die Montage tun ihr übriges, sodass man den Eindruck hat, tatsächlich einen Porno zu sehen, obwohl wir längst alles Explizite daraus entfernt hatten. Ich musste das Material so bearbeiten, damit ich eine möglichst breite Zuschauerschicht anspreche, denn viele Menschen scheuen davor zurück, einen Film anzusehen, in dem es um Pornografie geht. Ich wollte aber auch keinen Film für Cinephile machen. Er richtet sich auch an Leute, die nicht das Glück haben, in einer großen Stadt zu wohnen, in der es Arthaus-Kinos gibt.
„Don Jon“ ist Ihr Regiedebüt, in dem Sie zugleich auch die Hauptrolle spielen. Wie haben sich der Schauspieler und der Regisseur Joseph Gordon-Levitt miteinander vertragen?
Viele Schauspieler haben Probleme damit, sich selbst auf der Leinwand zu sehen. Ich kann das gut verstehen, denn ich hatte das Problem früher auch. Nur begann ich vor etwa 10 Jahren, kleine Kurzfilme zu drehen, bei denen ich alles selbst machte: Schauspiel, Kamera, Schnitt. Ich habe mich durch diese Routine schon daran gewöhnt, nicht mit mir selbst zu hadern. Wenn ich mich heute auf der Leinwand sehe oder meine Stimme höre, schaffe ich es, sehr kritisch mit mir zu sein. Die Einheit aus Schauspieler und Regisseur ist insofern von Vorteil, als ein Schauspieler immer versucht zu verstehen, worum es einem ein Regisseur eigentlich geht. In diesem Fall wusste der Schauspieler in mir also genau, was der Regisseur in mir wollte. Man darf nur keine Angst davor haben, etwas zu vermasseln. Denn wissen Sie, wer der Spieler ist, der in der NBA am häufigsten danebentraf? Michael Jordan!