Hollywoods neuer Star der Stunde
12.06.2013
Interview:
Anna Wollner
Wenn es im Moment einen It-Schauspieler in Hollywood gibt, dann ist es Ryan Gosling. Er verkörpert eine neue Form der Männlichkeit genauso wie das Hipster-Tum. Frauen kreischen, wenn sein Name fällt; es gibt Malbücher, in denen man ihn farbig ausmalen kann. Und das, obwohl er mit „Wie ein einziger Tag“ und „Crazy, Stupid, Love“ nur zwei massentaugliche Filme gemacht hat. Der Rest ist Filmkunst erster Güte: „Blue Valentine“, „Drive“, „The Ides of March“ - und jetzt „The Place Beyond The Pines“. Gosling spielt hier einen Motorrad-Stuntman, der zum Bankräuber wird: Er stiehlt das Geld für eine Ex-Freundin (Eva Mendes), mit der er einen Sohn hat.
FILMCLICKS: Mr. Gosling, wie gehen Sie mit dem Rummel um Ihre Person um?
RYAN GOSLING: Ganz einfach: Ich erlaube mir selbst keine Meinung dazu. Es ist halt, wie es ist. Wenn ich ständig darüber nachdenken würde, würde ich kaputt gehen.
Lieber konzentrieren Sie sich auf Ihre Arbeit?
Ja, wenn mich ein Projekt wirklich packt, bin ich hundertprozentig dabei. Da habe ich dann gar keine Zeit mehr, über meinen vermeintlichen Ruhm nachzudenken. Irgendwie beruhigend.
Was hat Sie an „The Place Beyond the Pines“ interessiert?
Am Anfang wusste ich nur, dass ich Banken überfallen soll. Das hat gereicht, um mich für den Film zu begeistern. Erst später habe ich gemerkt, dass es eigentlich um viel mehr geht.
Sie wollten den Film machen, um eine Bank ausrauben zu können?
Ja, davon habe ich schon als kleines Kind geträumt. Das muss man sich mal vorstellen. Das ist ein Ort, an dem es immer Geld gibt. Manche gehen mit mehr Geld raus als andere. Bei den Dreharbeiten bin ich dann einfach in die Bank rein gestürmt, auf den Tresen gesprungen und habe wild mit der Waffe rumgefuchtelt. Da habe ich gemerkt, dass es so nicht funktioniert.
Was ist passiert?
Die Leute haben mich ausgelacht, mich mit ihren Handys gefilmt und meine gute Performance genossen.
Sie mussten Ihr eigenes Bankraubkonzept überdenken?
Ja. Wenn ich eins von dem Film gelernt habe, dann das: du musst nur nach dem Geld fragen. Die Bankangestellten müssen es dir geben. Nicht dass ich jetzt Werbung für Banküberfälle machen will. Aber man sollte auf jeden Fall auf die Waffe verzichten. Das ist nicht nur für alle Beteiligten sicherer, auch die Haftstrafe verkürzt sich dadurch. Alle Bankräuber, die ich gefragt habe und die „nett“ eine Bank überfallen haben, waren kürzer im Knast.
Wollen Sie jetzt umschulen vom Hollywoodstar zum Bankräuber?
Nein, das ist nicht wirklich eine Alternative. Ich werde ja jetzt auch kein Motorrad-Stuntman, nur weil ich die Action-Szenen genossen habe.
Konnten Sie vorher Motorrad fahren?
Nein. Aber das war noch so ein Kindheitstraum, den ich mir erfüllt habe. Ich hatte ein gutes halbes Jahr Zeit, um es zu lernen. Durfte aber bei weitem nicht alle Stunts selbst drehen. Immer wenn es gefährlich wurde, musste Rick Miller ran. Er ist einer der besten Stuntmänner in Hollywood. Wann immer Sie im Kino denken, dass Batman auf seinem Motorrad sitzt, ist es eigentlich Rick Miller in einem Kostüm. Hier war es halt kein schwarzer Umhang, sondern eine Lederjacke. Aber eindeutig die bessere Kleiderwahl.
Hatten Sie Angst bei den Stuntszenen?
Und wie. Aber das war auch gut so. Denn wenn die Angst einmal weg ist, wird irgendwas Schlimmes passieren. Weil man dann fahrlässiger wird. Als Kind bin ich auf dem Weg zur Schule mal an einem sehr üblen Unfall vorbeigekommen. Ein Motorradfahrer ist vor meinen Augen von einem Auto erfasst worden. Er lag auf dem Boden, Blut lief aus seinem Kopf und das erste was ich dachte war „Wow, ich brauche unbedingt ein Motorrad“. Motorräder haben auf mich eine unglaubliche Anziehung. Einfach weil ich weiß, dass sie so gefährlich sind.
Sie sind ein Schauspieler, der gerne mit den gleichen Regisseuren zusammenarbeitet. Brauchen Sie die vertraute Umgebung um zu Höchstleistungen zu kommen?
Ich kann mich dann besser fallenlassen. Derek Cianfrance zum Beispiel hat so eine Art an sich, mich zu Sachen zu bewegen, die ich eigentlich gar nicht will. Und von denen ich auch dachte, dass ich sie eigentlich gar nicht kann.
Sie spielen auf die Szene in „
The Place Beyond The Pines" an, in der Sie weinen? Das ist etwas Neues im Ryan-Gosling-Universum.
Ja, das war überhaupt nicht geplant. Ich wusste selbst nicht, dass das passieren wird. Das Lob dafür geht aber nicht an mich, sondern an Derek. Er hat mich nicht darum gebeten, aber weil sein Drehbuch schon so eine immense Kraft hatte, ist es einfach passiert. Diese emotionalen Höhen muss man erst einmal erreichen als Schauspieler. Ich habe einfach nur in der Kirche gesessen und die Taufe beobachtet. Ich habe keine Ahnung warum, aber mir sind einfach die Tränen gekommen.
Wessen Idee war Ihre Gesichts-Tätowierung im Film?
Auch die des Regisseurs. Ich habe mich am Anfang richtig dagegen gesträubt. Zum einen hatte ich keine Lust darauf, jeden Morgen in die Maske zu müssen und mir diese Dinger aufkleben zu lassen. Zum Anderen bin ich fest davon ausgegangen, dass sich der Zuschauer die ganze Zeit nur über mein Gesicht wundern und sich fragen würde, warum zum Teufel ich das gemacht habe. Aber genau darum ging es Derek. Der Zuschauer sollte anfangen, Fragen zu stellen. Und ehe ich mich versah, saß ich am ersten Drehtag in der Maske, bekam ein Gesichts-Tattoo und wurde es bis zum Ende des Films nicht mehr los.
Haben die Tattoos denn eine Bedeutung?
Nein. Sie sind einfach nur ein optischer Charakterzug, ein Zeichen dafür, dass Luke sich gerne selbst darstellt und in einem bestimmten Licht sieht. Ich mochte die Idee, dass er sich selbst nicht versteht und sich in seinem eigenen Mythos verliert.