„Ich spiele das Objekt der Begierde"
14.05.2013
Interview:
Peter Beddies
„Der große Gatsby“ ist einer der Klassiker der amerikanischen Literatur. Jedes Kind muss das Buch in den USA während der Schulzeit gelesen haben. Schon mehrfach gab es Versuche, den Roman um die große Liebe und den amerikanischen Traum zu verfilmen. Zuletzt 1974 mit Robert Redford und Mia Farrow in den Hauptrollen. In der neuen „Gatsby"-Verfilmung von Baz Luhrmann ist jetzt Carey Mulligan an der Seite von Leonardo DiCaprio zu sehen.
FILMCLICKS: Sie sind in England und Deutschland aufgewachsen. Kannten Sie das Buch aus Ihrer Jugend?
CAREY MULLIGAN: Nein, damit hatte ich nie Bekanntschaft gemacht. Erst kurz vor Beginn der Dreharbeiten, also 2011, bekam ich einen Anruf von meiner Agentin. Sie meinte, ich solle das Buch unbedingt mal lesen. Zum Glück ist es recht schmal. Denn schon drei Tage später musste ich zum Vorsprechen nach New York.
Schon mit Ihren Kollegen?
Ja, Tobey Maguire und Leo waren da und wir wurden ständig von drei Kameras begleitet. Das war das ungewöhnlichste Vorsprechen, das ich je erlebt habe. Sehr intensiv, aber auch sehr entspannt.
Dachten Sie, dass Sie den Job kriegen?
Nein, man fliegt von solchen Treffen nicht heim und denkt sich: „Demnächst drehe ich mit Leonardo DiCaprio". Man wartet einfach ab, was als Nächstes passiert. Ich musste dann nochmal nach New York. Dieses Mal wurden wir in Kostüme gesteckt. Und dann hatte ich den Job.
Sie spielen die Figur der Daisy, die eine magische Wirkung auf den Titelhelden Gatsby ausstrahlt. Sie wurde oft als seichtes Wesen interpretiert.
Ja, das war auch das erste, das ich hörte, als ich zu den Dreharbeiten kam. Da sagte jemand zu mir: "Mädchen, wie kannst Du denn so etwas spielen? Die Frau ist doch furchtbar. So herzlos!". Aber das finde ich nicht. Daisy ist auf jeden Fall eine spannende Frau. Und das Objekt der Begierde. Zwei Männer streiten um sie und sie weiß nicht, wie sie reagieren soll. Zumindest diese Konfusion konnte ich gut verstehen. Daisy ist ein Produkt ihrer Zeit. Frauen durften damals verschiedene Dinge zum ersten Mal. Hosen tragen, sich die Haare kurz schneiden, in der Öffentlichkeit allein auftreten und rauchen und trinken. Aber auf der anderen Seite konnten sie mit dieser Freiheit auch noch nicht umgehen. Das sieht man an Daisy sehr gut.
Am Ende - ohne zuviel zu verraten - enttäuscht sie Gatsby und begibt sich wieder in die Hände des Mannes, den sie eigentlich nicht liebt.
Nun ja, sie hat ja auch - aber davon erzählt Fitzgerald nur am Rande - eine fünfjährige Tochter. Also entscheidet sie sich zum einen für ihre Tochter und für den Mann, der ihr verspricht, alle Probleme zu lösen. Ich glaube, dieser Ansatz ist ziemlich modern. Frauen machen das manchmal so, dass sie Sicherheit statt Liebe wählen.
Lässt das Schlüsse auf Sie und Ihren Mann Marcus Mumford zu?
Nein, Sie sprechen gerade mit der Schauspielerin Carey Mulligan, nicht mit der Privatperson. Die würde sich zu solchen Dinge nicht äußern.
Wird wenigstens ständig gesungen, wenn man mit dem Chef von Mumford & Sons verheiratet ist?
Da muss ich Sie enttäuschen. Wir haben beide unsere Berufe und wenn wir nach Hause kommen, versuchen wir unsere Berufe irgendwo draußen zu lassen.
Die Kleider im Film sehen sehr elegant, sehr zeitgemäß aus.
Ja, mit dieser Zeit der 20er Jahre können wir als Zuschauer heute noch etwas anfangen. Die Kleider und Anzüge dieser Zeit sehen auch heute noch nicht altmodisch aus. Diese Zeit können wir auch heute noch verstehen, ohne mit dem Kopf zu schütteln. Wir sind mit ihr heute noch verbunden.
Bekommt man Lektionen, wie man sich in den Kleidern zu verhalten hat?
Ja, in der Tat. Das haben wir bekommen. Zum einen Tanzlehrgang, wie man in den 20ern getanzt hat. Aber auch einen Benimm-Lehrgang, was die Oberschicht damals wie gemacht hat. Das war sehr spannend. Man fühlt sich wie auf Zeitreise. Zumal man sich in den Kleidern auch beginnt ganz anders zu verhalten als in der Gegenwart.