Hugh Jackman über seinen neuen Film „Chappie“


„Als Schurke hat man mehr Freiheiten“

05.03.2015
Interview:  Anna Wollner

Schlecht gelaunt mit Knarre und Vokuhila: Huigh Jackman in „Chappie“ © Sony

Hugh Jackman ist, was seine Filmrollen betrifft, der geborene Held. Von „X-Men“ bis „Les Miserables“:  Der Star spielt fast immer eine jener Figuren, denen man mächtig die Daumen drückt. Doch jetzt ist alles anders. In „Chappie“, dem neuen Science-Fiction-Thriller von Neill Blomkamp, übernimmt Jackman eine (nicht allzu große) Schurkenrolle. Als Ex-Soldat und Ingenieur Vincent Moore versucht er eifersüchtig, seinen Kollegen Deon Wilson (Dev Patel) zu behindern.  Dabei vollendet der gerade ein ganz großes Projekt: Er hat einem Polizeiroboter künstliche Intelligenz einprogrammiert. Chappie, der denkende und fühlende Roboter wird für Freund und Feind zum Objekt der Begierde. FilmClicks traf Hugh Jackman bei der Deutschland-Premiere von „Chappie“ in Berlin. Selbstverständlich wollten wir von dem Australier  wissen, ob er sich im Schurken-Fach wohlgefühlt hat.  


FilmClicks: Mr. Jackman, haben Sie es genossen, in „Chappie“ endlich mal den Bösewicht geben zu dürfen?
Hugh Jackman: Ja. Ich kann jetzt voll und ganz nachvollziehen, dass viele Kollegen nur zu gern den Bösewicht spielen.  Da hat man  einfach mehr Freiheiten und kann die Grenzen ein wenig ausdehnen. Der Held wird den ganzen Film über vermöbelt, der Böse nur in den letzten fünf Minuten.
 
Liefert einem so eine Arbeit neue Erkenntnisse über das Gute und das Schlechte im Menschen?
Das ist ambivalent. Wir alle kämpfen doch tagtäglich diesen Kampf. Das liegt in der menschlichen Natur. Wir versuchen immer, die beste Version unserer selbst zu sein, den Dingen zu folgen, an die wir glauben.  Vincent, meine Figur in „Chappie“, denkt ja gar nicht, dass er der Bösewicht in der Story ist. Er denkt einfach nur, dass er übergangen und verraten wurde. Er hat sein Leben lang hart gearbeitet und wird auf einmal nicht mehr gebraucht. Er ist verzweifelt und würde alles tun. Aus religiösen Gründen ist er eben gegen künstliche Intelligenz. Neil zeigt die Selbstzentriertheit einiger Leute. Eigentlich ist jeder in diesem Film extrem ich-bezogen. Die rettenden Eigenschaften lernen die Menschen erst durch den Kontakt mit Chappie. Die Figur, mit der wir uns im Film am meisten identifizieren,  ist Chappie, der intelligente Roboter.

Am Set: Hugh Jackman mit Chappie, dem intelligenten Roboter © Sony

Glauben Sie selbst an künstliche Intelligenz?
Ich freue mich auf fahrerlose Autos. Ich weiß, dass einige Leute Angst vor dieser Vision haben,  aber ich habe definitiv mehr Angst vor einigen Menschen hinterm Steuer als vor einem fahrenden Roboter. Klar haben klügere Leute als ich schon Warnungen ausgesprochen. Bill Gates und Stephen Hawking zum Beispiel. Wenn wir etwas erschaffen, das mächtiger ist als wir, kreativer, mit mehr Denkvermögen, müssen wir aufpassen, wer es erschafft und mit welchem moralischen Kompass es ausgestattet wird.  

Zu einem profaneren Thema: Sie tragen in „Chappie“ eine aus der Zeit gefallene Frisur. Vorne kurz, hinten lang - einen Vokuhila! Musste das sein?
Wenn man mit Regisseur Neill Blomkamp zusammenarbeitet, kann man mitentscheiden. Nach meinem Gefühl ist Vincent dieser Typ im Büro, der denkt, dass ihn alle mögen. Aber keiner tut es. Es haben alle ein bisschen Angst vor ihm und gehen ihm aus dem Weg.
 
Und deswegen diese Frisur?
Ja. Neill hat mir ein paar Photos mit Frisuren geschickt. Eine davon war eben diese. Ich wusste auf Anhieb, dass die perfekt ist. Der Vokuhila sagt einem sofort: der Kerl denkt, das sei eine großartige Frisur. Er ist aber der einzige, der das glaubt. Wir haben es dann noch schlimmer gemacht mit den blonden Spitzen, den Shorts und den hochgezogenen Socken. Ich dachte nur, wow, das ist stark, ich liebe es. Aber ich hatte schon Schlimmeres auf dem Schädel.
 
Zum Beispiel?
Uh, das war auf der Schauspielschule. Ich spielte in einem Stück mit, in dem der Satz fiel, dass meine Figur feuerrotes Haar hätte. Wir hatten kaum Geld für die Produktion, es musste also möglichst billig sein. Wenn Sie jemandem mit dunklen Haaren die Haare rot färben wollen, müssen sie den Umweg über blondieren gehen. Am Ende waren meine Haare Neon-Orange. Es sah aus, als stünden sie in Flammen.

Premiere in Berlin: Hugh Jackman mit Co-Stars Sigourney Weaver und Dev Patel © Sony

Zum Abschluss noch eine private Frage: Sie haben vergangenes Jahr über Instagram Ihre Krebserkrankung bekannt gemacht. Warum dieser drastische Schritt?
Reiner Selbstschutz. Es war ja „nur“ Hautkrebs. Aber nach der OP musste ich im Wartesaal auf die Ergebnisse warten. Eine kleine Hautprobe wird direkt nach dem Eingriff ins Labor geschickt und auf seine Gut- oder Bösartigkeit untersucht. Ich saß also im Wartezimmer und mein Agent rief an. Ihn hätten schon Leute angerufen und gesagt, ich hätte Krebs und würde auf dem Sterbebett liegen. Das ist doch verrückt. Ich habe dann einfach mit meinem Handy ein Selfie gemacht und die Diagnose drunter geschrieben: „Der Krebs ist raus, mir geht es gut. Leute, geht zum Arzt und benutzt Sonnencreme“. Hätte ich das nicht gemacht, hätten draußen 100 Fotografen gewartet. Meine ganze Familie hätte angerufen und sich sofort in einen Flieger gesetzt, um mich beim Sterben zu begleiten. Weil mein Selfie aber eine Nahaufnahme war und kein Papparazzo so dicht an mich rangekommen wäre, habe ich deren Arbeit quasi entwertet und die Story selbst kontrollieren können.
 



Kritik
Chappie
Der Science-Fiction-Thriller „Chappie“ artikuliert die Frage nach den Wohltaten und den Gefahren der künstlichen Intelligenz. Regisseur Neill Blomkamp lässt das interessante Thema allerdings im Action-Trommelfeuer  verglühen.    Mehr...