Zoran - Mein Neffe, der Idiot
Wenn der Weingeist den Geist vertreibt
DIE STORY: Die raue Komödie „Zoran - Mein Neffe, der Idiot“ beginnt mit einem Schlürfen. Dann geht es weiter zu anderen Geräuschen, die man im Alltag nicht unbedingt hören will. Schmatzen. Schnarchen. Volkstümlicher Chorgesang. Fluchen. „Du hast nur Mist und Alkohol in dir“, sagt ein Säufer zu seinem Trinkkumpan. Der Alkohol flutet bei jeder Gelegenheit in die Menschen hinein. Zum Beispiel dann, wenn sie Schach mit gefüllten Weingläsern spielen. Die werden auf einen Zug geleert, sobald eine Figur fällt.
Der italienische Filmemacher Matteo Oleotto wendet sich in seinem Erstling „Zoran“ Außenseitern zu. Im Mittelpunkt steht der fette Paolo. Kein begnadeter, sondern ein gnadenloser Trinker, der außer dem Schlafen nur zwei Beschäftigungen kennt: Saufen und andere Leute schikanieren. Paolo lebt in einem friulanischen Dorf, in dem er nicht weiter auffällt. Irgendwie sind die Menschen alle dort wie er.
Dann bekommt Paolo die Nachricht, seine alte Tante aus Slowenien sei gestorben. Der Dicke reist an, um sein Erbe in Empfang zu nehmen. Dieses fällt anders aus als erwartet. Paolo bekommt einen großen Porzellanhund. Und die Obhut über seinen Neffen Zoran, einen leicht retardierten Teenager, den er bald darauf in einem Heim abliefern soll. Doch dann erkennt der Italiener, dass sein Neffe, der Idiot, ein genialer Dart-Spieler ist. Das macht ihn plötzlich als potenzielle Einnahmequelle interessant.
DIE STARS: Giuseppe Battiston, der Darsteller des voluminösen Paolo, zählt zu Italiens bekanntesten Schauspielern. Die anderen Darsteller, die sehr kompetent als Sonderlinge auf- und hervortreten, kennt man hierzulande eher nicht.
DIE KRITIK: „Wein treibt das Leben an“, heißt es zu Beginn im Film. „Zoran - Mein Neffe der Idiot“ führt auf drastische Weise vor, was passiert, wenn das Antriebsmittel in Überdosis durch die Kehlen rinnt. Das Personal dieser friulanischen Groteske besteht (fast) ausschließlich aus schrulligen Gestalten, denen der Weingeist den Geist nachhaltig ausgetrieben hat.
Diese Grundsituation bringt nicht nur die Figuren, sondern den ganzen Film in die Bredouille. Nach Sympathieträgern, die man freiwillig und froh auf ihrem Weg begleitet, sucht man hier vergebens. Regisseur Matteo Oleotto stattet die schmuddelige Truppe überreich mit schrillen Eigenschaften aus: Ein mental schlicht gestrickter Küchengehilfe ist obendrein noch Stotterer. Die Polizei verhält sich dümmer, als sie es selbst erlauben würde. Ein verheirateter Mann liebt seine Vogelfiguren mehr als seine Frau. Und eine umnachtete alte Dame wähnt sich von Dachsen umgeben.
Auch der Titelheld, der bedauernswerte Zoran, wird als Freak definiert. Der Teenager, der zwar viele Tassen im Schrank hat, aber nicht alle am richtigen Ort, schaut aus riesenhaften Brillengläsern auf die Welt, die ihn auf den ersten Blick lächerlich machen.
Mit diesem Personal strickt der Film eine schroffe Farce, in der es um sehr alltägliche Themen geht: Gier und Geld, Liebes-Sehnsucht und pure, ungebremste Bösartigkeit. Zwar stolpert „Zoran“ einem Happy End entgegen, in dem einige Figuren eine Art Läuterung erleben. Aber der (handwerklich recht ansehnliche) Film hält sich stets spröde dem Publikum fern: Außer Identifikationsfiguren fehlen auch Themen, die einem irgendwie ans Herz gehen würden.
IDEAL FÜR: Freunde italienischer Filme, die im Kino gern auf Zeitgenossen schauen, die sie nicht mögen.