Zeit für Utopien

Ideen für die Post-Wachstums-Ökonomie


FilmClicks:
Kobalt-Abbau für Mobiltelefone in der Demokratischen Republik Kongo © Filmladen
GESAMTEINDRUCK: „Zeit für Utopien“ ist eine interessante Doku, die praktikable Modelle für ein Leben ohne Energie-Verschwendung und Raubtier-Kapitalismus sucht – und findet.
 
DIE STORY: Von Bayern über Südkorea bis nach Uganda: Regisseur Kurt Langbein reiste um die Welt, um für das Projekt „Zeit für Utopien“ zu recherchieren.  Die Genossenschaften und Handwerks-Initiativen, die der Film vorstellt, mögen im Vergleich zur Marktmacht der Konzerne winzig sein. Doch Alternativen zur heutigen Form des Wirtschaftens seien dringend gefragt,  lautet das Credo des Films.
 
DIE STARS: Der Wiener Filmemacher Kurt Langbein, 64, begann seine Laufbahn in den Siebziger Jahren als ORF-Journalist. 1983 landete er als Co-Autor des Pharma-kritischen Buchs „Bittere Pillen“ einen internationalen Bestseller. Nach einigen Jahren beim Nachrichtenmagazin profil machte er sich 1992 selbständig und ist seither als Regisseur und Produzent zahlreicher Dokumentarfilme tätig. 2015 war Langbein Koproduzent des Musikfilms „Hubert von Goisern – Brenna tuat’s schon lang“ und Regisseur der Doku „Landraub“, in der es um die profitgetriebene Industrialisierung der Landwirtschaft geht.

Kontraste: Ein Reisfeld vor riesigen Wohnblocks in Südkorea © Filmladen

DIE KRITIK: Dass unaufhörliches Wachstum kein Wirtschaftsmodell für die Ewigkeit sein kann, hat eine innere Logik: Schließlich wächst die Erde nicht mit. Freilich ist davon auszugehen, dass sich die Menschheit erst dann vom Wachstums-Kapitalismus verabschieden wird, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Der Systemwechsel, lernt man in „Zeit für Utopien“,  könnte dramatisch werden:Die deutscher Publizistin Ulrike Hermann: „Wie schafft man den Übergang zur Post-Wachstums-Ökonomie, ohne dass zwischendurch eine so schwere Wirtschaftskrise eintritt, dass die Leute einen Diktator wählen?“
Regisseur Kurt Langbein ist bei seiner Suche nach Antworten auf diese Frage immer wieder bei Genossenschaften und Kooperativen gelandet.
Sein Film „Zeit für Uopien“ beginnt beim bayerischen Projekt Genussinvest, das auf einem verschuldeten Bio-Bauernhof seinen Ausgang nahm. Dort sorgten private Investoren, die für ihren Einsatz mit den Erzeugnissen des Hofes belohnt werden, für ein Ende der Finanznot.
In Asien besuchte Langbein die koreanische Genossenschaft Hansalim, die den Bauern ein gutes Einkommen garantiert und 1,5 Millionen Menschen mit frischen Lebensmitteln aus der Region versorgt. In Afrika führt die Film-Reise in die Demokratische Republik Kongo und nach Uganda: Dort werden für die holländische Handy-Manufaktur Fairphone die Rohstoffe Kobalt und Gold abgebaut – von Kooperationen, die den Arbeitern ihren fairen Anteil am Ertrag ausbezahlen.

Idyll: Ziegen-Zucht auf Bio-Bauernhof in Bayern © Filmladen

„Zeit für Utopien“ ist trotz des kontroversiellen Themas eine oftmals beschauliche Doku,die den Betrachter mit Bildern von glücklichen Ziegen oder frischen Lindenblüten (für die Tee-Erzeugung) erfreut. In einer Szene zum Thema Klimaerwärmung gleitet der Film sanft in Sektiererische ab: Da bekennt eine junge Züricherin, Mobilität sei der „Schwachpunkt“ ihrer Familie. Zu dickes Auto? Im Gegenteil: „Wenn wir es sehr ernst nähmen, dürften wir nicht so viel Bahn fahren.“
Würde es beim Reisen zwecks CO2-Vermeidung so streng zugehen, dann könnten Filme wie „Zeit für Utopien“ gar nicht entstehen. Denn das Team war, wie eingangs erwähnt, in aller Welt unterwegs und hat damit einen großen Teil seines CO2-Ausstoß-Guthabens verputzt: Pro Menschenleben, bekommt man in der Doku vorgerechnet, dürften nicht mehr als 200 Tonnen CO2 erzeugt werden. „Doch ein einziger Flug von Europa nach Neuseeland und zurück verbraucht schon 14 Tonnen pro Person.“
Auf die Utopie, wie die drastischen Klimaziele erreicht werden könnten, weiß „Zeit für Utopien“ keine Antwort. Doch dass gemeinschaftliches Wirtschaften zum Erfolg führen könnte, diese These wird von der Doku unterstützt. Der Deutsche Neurowissenschaftler Joachim Bauer: „Kooperation war das evolutionäre Erfolgsticket der Menschen. Angst hingegen erzeugt Gier und Aggressionssysteme.“
 
IDEAL FÜR: alle, die sich für Dokumentarfilme über ökologische und ökonomische Themen interessieren.
 






Trailer
LÄNGE: 96 min
PRODUKTION: Österreich 2016
KINOSTART Ö: 20.04.2018
REGIE:  Kurt Langbein
GENRE: Dokumentation
ALTERSFREIGABE: jugendfrei