GESAMTEINDRUCK: „Wo ist Kyra?“ ist ein knallhartes Sozialdrama mit Star-Besetzung (Michelle Pfeiffer & Kiefer Sutherland), das sich durch einen sehr gekünstelten Stil selbst etwas von seiner Wirkung nimmt.
DIE STORY: Kyra (Michelle Pfeiffer) ist eine Frau, die ihr Leben nicht mehr auf die Reihe bekommt. Die arbeitslose Mittfünfzigerin sucht verzweifelt, doch vergebens nach einem Job und kümmert sich zugleich sehr liebevoll um ihre betagte Mutter. Als die alte Dame eines Tages stirbt, scheint Kyra emotional wie finanziell am Ende. Doch dann liegen weiterhin Schecks mit der Rente der Mutter in der Post. Kyra entschließt sich – gegen den Rat ihres Gefährten Doug (Kiefer Sutherland), der ihr auf die Schliche kommt –, die Schecks einzulösen. Obwohl sie ahnt, dass sie damit noch tiefer im Schlammassel versinkt.
DIE STARS: Die heute 61-jährige Michelle Pfeiffer zählt zu den erfolgreichsten Filmstars der Achtziger und Neunziger Jahre. Mit „Gefährliche Liebschaften" (1989), „Die fabelhaften Baker Boys“ (1990) und „Love Field“ (1993) wurde sie drei Mal für den Oscar nominiert. Ihr Filmpartner Kiefer Sutherland wurde durch die Echtzeit-Thriller-Serie „24“ weltberühmt.
Regisseur Andrew Dosunmu stammt aus Nigeria, begann seine Karriere als Mode-Fotograf in Paris und drehte später Musikvideos für Stars wie Isaac Hayes oder Tracy Chapman. „Wo ist Kyra?“ ist sein dritter Spielfilm.
DIE KRITIK: Fällt der Name Michelle Pfeiffer, so denkt man automatisch an Glanz und Glamour: Die bildschöne Kalifornierin zählt zu den strahlendsten Diven, die Hollywood in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat.
Umso bemerkenswerter ist es da, sie in einem Film wie „Wo ist Kyra?“ zu erleben. Michelle Pfeiffer gestaltet auf atemraubende Weise das Porträt einer Frau, die nicht nur auf der Schattenseite des Lebens daheim ist, sondern dort auch noch einen der dunkelsten Plätze zugewiesen bekam.
Diese Kyra ist eine Kämpferin, die trotz allen Einsatzes in eine ausweglose Situation hineingetrieben wird. In der reichen Metropole New York gelingt es ihr nicht, auch nur einen Aushilfsjob zu bekommen. Alle Türen sind verschlossen. Nur jene zum Betrug stehen als letzte Ausweichmöglichkeit offen.
Michelle Pfeiffer in dieser düsteren Rolle zu sehen, ist ein Erlebnis. Mit Tausend kleinen Schattierungen, vom Mut über die Verzweiflung bis zur Resignation, begleitet sie den Lebensweg dieser Kyra, der in einer Spirale immer nur abwärts führt.
Man ahnt bald, dass hier kein Happy End auf die Figuren und das Kinopublikum wartet. Zwar liebt man es im amerikanischen Film, auch harte Dramen mit einem Funken Hoffnung zu erhellen, doch davon ist hier keine Rede. Regisseur Andrew Dosunmu, der auch die Story schrieb, wollte seiner Anklage gegen ein gnadenloses Gesellschaftssystem nicht mit einem Hollywood Ending die Wirkung nehmen.
Das ist dem Filmemacher hoch anzurechnen, wenngleich sein Inszenierungsstil irritiert. Dosunmu stellt dem Realismus der Story eine extrem artifizielle Bildsprache entgegen. Mal füllt er die Leinwand mit langen Großaufnahmen von Gesichtern, bei denen man nur ahnen kann, was sich rundherum abspielt. Dann wiederum wechselt er – mit ebenso langen Einstellungen – in die Totale, wobei er selten mehr als ein Drittel des Bildformats für das Spiel der Darsteller nutzt. Der Rest ist (meist dunkle) Farbfläche.
In Summe wirkt das mehr gekünstelt als kunstvoll: Bei Video-Installationen für ein Museum hätte solch eine visuelle Form gewiss ihren Reiz. Doch zu einem Sozialdrama mag dieser Stil nicht passen.
IDEAL FÜR: Freunde von realistischen Dramen, die es reizt, die große Michelle Pfeiffer einmal in einer Tragödie zu erleben.