DIE STORY: Das alpine Drama „Wie Brüder im Wind“ ist der seltene und sehenswerte Fall einer Kombination aus Natur-Doku und Spielfilm. Das Thema: Die enge Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Adler.
Beide haben es nicht leicht. Der Adler wurde als Küken von seinem kräftigeren Bruder aus dem Nest geworfen, der Knabe Lukas (Manuel Camacho) durch den Tod seiner Mutter aus der Lebensbahn. Von seinem abweisenden Vater (Tobias Moretti) zieht sich der Zwölfjährige so weit wie möglich zurück.
Durch die Begegnung mit dem Adler, den er großzieht, findet Lukas wieder Halt. Ein Förster (Jean Reno) wird ihm zum väterlichen Freund, der seinen Schützling allerdings darauf vorbereitet, dass er dem Adler einen sehr schmerzhaften Freundschaftsdienst schuldet: Irgendwann muss er dem stolzen Vogel die volle Freiheit geben.
DIE STARS: Der Tiroler Tobias Moretti arbeitete in der Serie „Kommissar Rex“ intensiv mit tierischen Darstellern, bevor er zu einem der führenden Film- und Bühnenschauspieler des deutschen Sprachraums wurde. Der Franzose Jean Reno wurde einst durch den Gangsterfilm „León – Der Profi“ zum Star, in dem er, so wie jetzt in „Wie Brüder im Wind“, ein Kind (die junge Natalie Portman) als wichtigsten Spielpartner hatte.
Manuel Camacho (Lukas) drehte mit Gerardo Olivares, dem Regisseur des Spielfilmteils, schon den spanischen Kino-Hit „Wolfsbrüder“. Der preisgekrönte österreichische Naturfilmer Otmar Penker ist als Regisseur für die Doku-Aufnahmen verantwortlich. Penker hatte gemeinsam mit Producer Gerald Salmina („Streif – One Hell of a Ride“) die Idee zu „Wie Brüder im Wind“.
Produziert wurde dieser österreichische Film von den Terra Mater Factual Studios des Wieners Walter Köhler, einer Firma aus der Red-Bull-Mediengruppe.
DIE KRITIK: Auf der einen Seite: Spektakuläre Naturaufnahmen aus der Lebenswelt der Steinadler, wie man sie noch niemals sah. Auf der anderen Seite: Eine holzschnittartige Jugendgeschichte aus den Alpen. Und als Bindeglied die Begegnung zwischen einem jungen Menschen und einem jungen Adler, die zu Freunden werden: „Wie Brüder im Wind“ ist, das kann man jetzt schon sagen, einer der ungewöhnlichsten Filme des Kinojahres 2016.
Das Natur- und Jugenddrama ist obendrein ein höchst sehenswerter Film. Man kann sich nicht sattsehen an den gloriosen Bildern der Steinadler – im Flug, bei der Jagd, bei der Aufzucht der Jungen oder in Momenten großer Gefahr. Diese Produktion hätte auch als reiner Dokumentarfilm das Zeug zum Kino-Hit, weil die Aufnahmen auf der großen Leinwand noch viel besser zur Geltung kommen als auf dem TV-Schirm.
Die Übergänge zwischen Doku und Spielfilm funktionieren erstaunlich elegant. Das gelingt dadurch, dass die Tiere, also vor allem die Steinadler, in die Spielhandlung mit eingebunden werden, ohne dass sie dadurch in irgendeiner Form vermenschlicht würden.
Der Film beginnt mit hinreißenden Bildern vom Schlüpfen zweier junger Adler, und dann ist man sozusagen Zeuge des Familienlebens der Adler, das aber bald zu einem dramatischen Ereignis führt: Die Fachleute nennen es Kainismus (ein Hinweis auf Kain und Abel), wenn ein stärkerer Jungvogel den Schwächeren aus dem Nest wirft.
Nach dem Sturz auf den Boden hätte der kleine Adler in der Natur kaum eine Chance, zu überleben. Im (Spiel-)Film hilft ihm jetzt der junge Lukas, der ihn wärmt und füttert und versteckt und ihn mit der Zeit auch sanft dazu drängt, das Fliegen zu lernen. Das ist sehr schön und einfühlsam gefilmt.
Tobias Moretti und Jean Reno, die zwei erwachsenen Stars, haben aber gewiss schon Rollen gespielt, in denen sie bedeutend stärker gefordert waren. Ihre Parts als Vater und Jäger, als Förster und väterlicher Freund, sind mit grobem Strich gezeichnet; die Dialoge bieten wenig Raffinesse. Mitunter wird die Story ziemlich schwülstig und schwelgt in Binsenweisheiten.
Beim jungen Publikum, einer wichtigen Zielgruppe, mag das allerdings nicht so schwer ins Gewicht fallen. Und eines ist dem Film hoch anzurechnen: Hier bekommt man kein idealisiertes Bild einer Heile-Welt-Natur vorgesetzt. Der Überlebenskampf der Tiere, zu dem ja auch die Jagd auf Beutetiere gehört, wird realistisch geschildert.
Fazit: Trotz der Schwächen im Plot ist „Wie Brüder im Wind“ ein gelungenes Wagnis, von dem aber vor allem die Natur-Sequenzen in Erinnerung bleiben – vom Schlüpfen der kleinen Adler bis zu den Flugaufnahmen. Natürlich war da viel Technik im Einsatz, von Ultraleicht-Flugzeugen, mit denen die Adler in der Luft begleitet wurden, bis hin zu Schneekanonen, mit denen Nahaufnahmen einer Lawine simuliert werden konnten.
IDEAL FÜR: Freunde von großen Natur- und Familien-Filmen.