GESAMTEINDRUCK: Punkrock im Kino: „Weil Du nur einmal lebst“ ist ein sehr unterhaltsamer Konzertfilm und zugleich ein spannender Einblick in den Arbeitsprozess der Toten Hosen.
DIE STORY: „Weil Du nur einmal lebst“ begleitet die Band Die Toten Hosen auf ihrer Tournee 2018. Man ist bei zahlreichen Auftritten in großen Stadien dabei. Zwischendurch wird immer wieder launig über die unterschiedlichsten Themen geplaudert – das Älterwerden, die angebliche Konkurrenz zu den Ärzten, die enthusiastischen Fans und so weiter. Aber dann muss plötzlich das Konzert in der Berliner Waldbühne abgesagt werden. Der Sänger Campino hat einen Hörsturz erlitten. Die Tournee wird unterbrochen. Und es stellt sich die bange Frage: Kann Campino je wieder auf die Bühne zurückkehren?
DIE STARS: Man muss kein Fan der Toten Hosen sein, um deren Frontmann Campino zu kennen. Nun könnte man denken, dass er auch hier in der Doku den meisten Platz bekommt. Aber zum Glück hat sich die Filmemacherin Cordula Kablitz-Post entschieden, alle Mitglieder der Band – also auch Kuddel, Andi und Breiti sowie Vom Ritchie – ausführlich zu Wort kommen zu lassen. Und der eigentliche Star des Films ist eh die Musik der Hosen. War sie in den 80er Jahren noch deutlich im Punk verortet, könnte man ihre zahllosen Hits heute wohl als Stadion-Rock bezeichnen, wenn der Begriff nicht so schrecklich klingen würde.
DIE KRITIK: „Weil Du nur einmal lebst“ ist der perfekte Titel für diese Doku. Denn zum einen werden die Jungs der Toten Hosen nicht jünger (Schlagzeuger Vom Ritchie, das Küken der Band, feiert bald den Fünfundfünfziger). Und zum anderen bringt es das Leben der Rock-Musiker mit sich, dass sie auf dem Weg in den Club der Sechziger mit vielen Zipperlein zu kämpfen haben, die Otto Normalbürger erst später – wenn denn überhaupt – merkt. Von all diesen großen und kleinen Gebrechen erzählt der Film sehr unaufgeregt. An einer Stelle sagt Sänger Campino zu seinen Jungs: „Ihr habt doch nichts erlebt. Bei mir ist alles im Arsch“.
Campino gehören auch die dramatischsten Stellen im Film. Denn während der Tour 2018 erleidet er einen Hörsturz. Behutsam – wohl auch, weil Campino die Filmemacherin stoppte – geht die Doku mit der Krankheit um. Die Kamera folgt dem Sänger nicht ins Krankenhaus. Vielmehr erlebt man den schwer angeschlagenen Sänger etwas später. Bei einem Spaziergang in Köln sagt er in die Kamera: „Die Ärzte haben mir gesagt, dass ich die Wahl habe zwischen weiteren 20 Konzerten oder 20 Lebensjahren“.
Was für ein Satz! Was für eine Dramatik! Natürlich spielt Campino wieder mit seiner Band. Aber wenn man um diese Krankheit weiß, beurteilt man das, was er da auf der Bühne leistet, noch einmal ganz anders.
Wirklich gut an „Weil Du nur einmal lebst“ ist die Tatsache, dass man nicht unbedingt Fan sein muss, um alles zu verstehen. OK, wer noch nie etwas vom Punk-Zwist zwischen den Hosen und den Ärzten gehört hat, könnte sich vielleicht wundern, warum dieses Thema so viel Platz im Film bekommt. Aber Musiker beider Bands gemeinsam auf einer Bühne zu sehen, das ist einfach schön und wärmt das Herz.
Für alles andere braucht man kein Vorwissen. Dass die Hosen politisch eher links einzuordnen sind, ist kein Geheimnis. Dass sie daher im letzten Sommer in Chemnitz auftraten – in einer Stadt, die kurzzeitig von verwirrten braunen Seelen überrannt wurde –, ist nur folgerichtig. Und dass es mit Combos wie Feine Sahne Fischfilet längst Nachfolge-Bands für die quicklebendigen Toten Hosen gibt, auch das nimmt man in dem mit Musik vollgepackten Film wohlwollend zur Kenntnis. Scheint doch noch nicht tot zu sein, dieser Punk!
IDEAL FÜR: Fans der Toten Hosen und für Menschen, die einen Einblick suchen, wie populäre Musik entsteht.