Wackersdorf

Aufstand gegen die Atom-Lobby


FilmClicks:
„Wackersdorf“: Landrat Hans Schuierer (Johannes Zeiler) ist ein Gegner des Atom-Projekts geworden © Alamode
GESAMTEINDRUCK: „Wackersdorf“ ist ein fesselndes Dokudrama über den jahrelangen Konflikt um das Projekt einer Atom-Aufbereitungsanlage in Bayern, der 1989 mit dem Rückzug der Nuklearkonzerne endete.
 
DIE STORY: Die bayerische Oberpfalz, 1981. Die Wirtschaftslage ist schlecht, Jobs sind rar. Da kommt es dem Landrat des Kreises Schwandorf, Hans Schuirer (Johannes Zeiler), ganz recht, als ihm der bayerische Umweltminister (Sigi Zimmerschied) eine Großinvestition mit 3.000 neuen Arbeitsplätzen verspricht: Eine nukleare Aufbereitungsanlage soll es sein, alles ganz sauber. Anfangs sind Schuirer und die anderen Lokalpolitiker beglückt. Doch als der Widerstand der Bürger gegen die gigantische Anlage in Wackersdorf beginnt, macht sich auch der Landrat über die Nuklear-Risiken schlau – und schließt sich den Atomgegnern an.

Der Landrat an seinem Schreibtisch: Eine große Rolle für Johannes Zeiler © Alamode

DIE STARS: Ein Darsteller aus Österreich steht im Zentrum des deutschen Dramas „Wackersdorf“. Johannes Zeiler, dessen Rollenspektrum von der Titelfigur in Alexander Sokurovs „Faust“ (Goldener Löwe von Venedig 2011) bis zur ORF-Serie „CopStories“ reicht, spielt den Landrat Hans Schuirer.  Rund um Zeiler agieren erste Kräfte wie Fabian Hinrichs (als Atom-Lobbyist), Anna Maria Sturm (als Atom-Gegnerin) oder August Zirner (als bayerischer Innenminister).
Der deutsche Autor/Regisseur Oliver Haffner, der am Wiener Reinhardt-Seminar ausgebildet wurde und der neben Filmen auch Theater-Inszenierungen realisiert, drehte zuletzt die Komödie „Ein Geschenk der Götter“, die 2015 mit dem Deutschen Schauspielerpreis für das beste Ensemble ausgezeichnet wurde.

Protest: Anna Maria Sturm (li.) als Aktivistin Monika Gegenfurtner © Alamode

DIE KRITIK: Die Verhinderung der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf zählt zu den großen Erfolgsgeschichten der deutschen Umweltbewegung (in Österreich vergleichbar mit der Rettung der Hainburger Au 1984/85). Als die Atombranche 1989 ihren Rückzug aus Wackersdorf verkündete, waren in dem riesigen und mit Stacheldraht-Zäunen abgeschirmten Gelände bereits zehn Milliarden Mark verbaut worden. Rund fünf Milliarden Euro.
Vermutlich sind die Politiker – und möglicherweise auch die Energiekonzerne – heute froh, dass die Anlage in der Oberpfalz seinerzeit nicht den Betrieb aufnahm. Denn dass die Wiederaufbereitung von Atombrennstäben ohne radioaktive Emissionen funktionieren soll, hat sich ja längst als Märchen herausgestellt.
„Wackersdorf“, der Film, führt mitten hinein in die Auseinandersetzungen der Achtziger, als die Nukleargegner manchmal mit mehr als 100.000 Demonstranten gleichzeitig gegen die Anlage protestierten, welche die Atomlobby und der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (er starb 1988) unbedingt durchboxen wollten.
Von den jahrelangen Massendemonstrationen, bei denen zwei Aktivisten und ein Polizist ihr Leben verloren, bekommt man im Film aber nur am Rande etwas mit – dann, wenn Regisseur Oliver Haffner historisches Videomaterial einsetzt. Der Hauptstrang der Handlung erhielt durch den Fokus auf den Landrat von Schwandorf, in dessen Landkreis Wackersdorf liegt, eine bewusst lokale Note. Dieses Konzept geht nahezu perfekt auf. Der ländliche Schauplatz wird, um ein Hebbel-Zitat abzuwandeln, zur kleinen Welt, in der die große ihre Probe hält.
„Wackersdorf“ ist ein Lehrstück: Über die Hinterhältigkeit der Mächtigen, die mit Charme und falschen Versprechungen ihre Interessen durchsetzen wollen. Und die dann rasch ihr wahres Gesicht zeigen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie gewünscht. Da zählen dann auch die Gesetze nicht mehr viel: Mal werden sie gebrochen, ein andermal so verändert, dass es der Politik in den Kram passt.
Gleichzeitig bekommt man vorgeführt, wie schwer es die Skeptiker und Gegner haben, der Machtmaschinerie von Politik und Konzernen etwas entgegenzusetzen. Die (real existierende) Hauptfigur des Films, der Landrat Hans Schuierer, ist ein gelernter Maurer, der auf einmal hochkomplexe Fachbücher studieren muss, um zu ahnen, was da an atomaren Gefahren auf seinen Landkreis zukommt. Der Widerstand der Bürger wiederum besitzt nur dann eine Chance, wenn aus der Opposition von Einzelnen eine ganze Protestlawine entsteht.
Regisseur Oliver Haffner schafft es, diese wahre Geschichte so zu erzählen, dass man von der ersten bis zur letzten Minute gebannt im Kinosessel sitzt. Die konventionell konstruierte Story erzählt in vielen kleinen Stufen von der Eskalation in und um Wackersdorf.
Die Schauspieler leisten durch die Bank große Arbeit. Voran Johannes Zeiler, der den sozialdemokratischen Landrat Schuierer als unbestechlichen Gesetzes- und Fakten-Mensch porträtiert und der sich überdies für diese Rolle den oberpfälzischen Dialekt angeeignet hat.    
 
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die eine der wichtigsten Aktionen der Umweltbewegung noch einmal auf der Leinwand miterleben wollen.






Trailer
LÄNGE: 123 min
PRODUKTION: Deutschland 2018
KINOSTART Ö: 21.09.2018
REGIE:  Oliver Haffner
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 6


BESETZUNG
Johannes Zeiler: Hans Schuierer
Peter Jordan: Claus Bössenecker
Fabian Hinrichs: Karlheinz Billinger
Anna Maria Sturm: Monika Gegenfurtner
Sigi Zimmerschied: Umweltminister
August Zirner: Innenminister