DIE STORY: „Voll verschleiert“ ist ein heiterer Film über ein ernstes Thema. Es geht um den Islamismus..
Der Plot: Leila (Camelia Jordana) und Armand (Félix Moati) sind Studenten aus Paris – und heftig ineinander verliebt. Ihr Idyll wird allerdings durch Leilas Bruder Mahmoud (William Lebghil) bedroht, der von einem Heimat-Aufenthalt im Jemen schwer radikalisiert nach Frankreich zurückgekehrt ist: als religiöser Fundamentalist. Der junge Mann spielt sich auf einmal als dikatorischer Herr im Hause auf und verbietet Schwester Leila den Umgang mit Männern – vor allem jenen mit Armand.
Armand jedoch, Pariser Sprößling von iranischen Eltern, die einst wegen ihrer linken politischen Anschauungen die Heimat verließen, lässt sich die Liebe nicht verbieten. Er legt einen schwarzen Niqab an und besucht Leila „Voll verschleiert“ in deren Wohnung. Mit krähender Fistelstimme gibt er sich als Leilas Freundin Scheherazade aus.
Gegen Damenbesuch bei seiner Schwester kann der sittenstrenge Mahmoud wenig einwenden. Allerdings wird seine eigene Keuschheit bald auf eine harte Probe gestellt: Er verliebt sich in die schönen Augen von Scheherazade, hinter deren Ganzkörperverhüllung er eine junge Dame vermutet.
DIE STARS: Die Pariser Autorin und Regisseurin Sou Abadi, die im Iran geboren wurde, drehte mit „Voll verschleiert“ ihren ersten Spielfilm. Für die Hauptrollen ihrer Multi-Kulti-Komödie suchte sie etliche junge Begabungen aus – und einige Veteranen: Den Serben Miki Manojlovic etwa, der hier einen Exil-Iraner spielt, kennt man aus vielen Filmen von Emir Kusturica.
DIE KRITIK: „Es gibt Tage, an denen die Wahrheit besser nicht ihr Gesicht zeigt“, lautet ein Schlüsselsatz in „Voll verschleiert“, Regisseurin Sou Abadi walzt diese Weisheit auf der Leinwand weidlich aus.
Die Wahrheit ihrer Geschichte ist, dass die muslimischen Migranten-Kinder Leila und Armand längst den europäischen Lebensstil verinnerlicht haben. Sie wollen ihre Liebe leben und zeigen. Doch weil ihnen mit dem verbiesterten Mahmoud ein Spielverderber im Weg steht, müssen sie eine List ersinnen, um die Wahrheit vor dem glaubensstrengen Mann zu verbergen.
„Voll verschleiert“ verwendet die Mechanik eines klassischen Schwanks, um diese Story über rückwärtsgewandtes Religionsverständnis im modernen Europa zu erzählen. Die größte Komik entsteht natürlich aus dem Irrglauben des gläubigen Mahmoud, hinter dem schwarzen Niqab der „Freundin“ seiner Schwester sei eine keusche Scheherzarade verborgen und nicht der sinnenfrohe Armand. Doch auch sonst gibt’s Verwechslungen aller Art, und die Figuren des Films schreiten zwecks Erzeugung von Komik gern exakt dann durch eine Tür, wenn sie das unter keinen Umständen tun sollen.
Es gibt also viel zu lachen, und wie es sich für eine Komödie gehört, schreitet das Spiel auch einem versöhnlichen Happy End entgegen. Doch bei aller Leichtigkeit unterschlägt der Film nie, dass religiöser Fanatismus eine Geisteshaltung ist, aus der sehr große Tragödien entstehen können.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die das brisante Thema der Religionskonflikte mal von der heiteren Seite betrachten wollen.