Vice - Der zweite Mann

Wie die Macht schmeckt


FilmClicks:
Eindrucksvolle Verwandlungskunst: Christian Bale als US-Vizepräsident Dick Cheney in „Vice“ © Universum Film
GESAMTEINDRUCK: „Vice – Der zweite Mann“ ist eine prickelnde Mischung aus Biografie und Satire. Ein Lehrstück über die inneren Kreise der Macht in den USA, das auf komödiantische Weise von Themen erzählt, die überhaupt nicht lustig sind.
 
DIE STORY: Vizepräsident Dick Cheney gilt als graue Eminenz und wahrer Drahtzieher der Ära von US-Präsident George W. Bush (2001 – 2009). Doch in „Vice“ begegnet man dem späteren Vizepräsidenten zunächst als jugendlichem Versager. Der junge Cheney (Christian Bale) wird als Hilfsarbeiter und Trunkenbold dargestellt. Bis ihm der komplette Umschwung gelingt und er als Praktikant in die politische Kaste Washingtons eindringt. Von nun an zimmert er zielbewusst und frei von Skrupeln an seiner Karriere, die ihn bis ins Zentrum der Macht transportieren wird.

Hollywood-Power-Duo Amy Adams & Christian Bale als Washington-Power-Paar Lynne & Dick Cheney © Universum

DIE STARS: Christian Bale ist einer der großen Verwandlungskünstler des Hollywood-Kinos. Mal magert er für einen Film bis auf Haut und Knochen ab („The Machinist“, 2004), mal futtert er sich eine mächtige Wampe an („American Hustle“, 2013). In „Vice“ erlebt man ihn mit der Figur seines Rollenvorbilds Dick Cheney, also eher mollig. Zudem geht er optisch, auch dank der Kunst der Maskenbildner, völlig in seiner Rolle auf. Überspitzt ausgedrückt: Bale schaut auf der Leinwand Dick Cheney ähnlicher als sich selbst.
Seine Oscar-Nominierung hat Christian Bale jedenfalls redlich verdient. Dies gilt auch für Amy Adams, die Dick Cheneys karrierebewusste Ehefrau Lynne spielt, und für Sam Rockwell, der George W. Bush eine Aura aus Machtlust und Naivität verleiht. Steve Carell ging im Oscar-Rennen leer aus, begeistert aber in der Rolle des republikanischen Strategen Donald Rumsfeld.

Wer ist hier der Boss? Dick Cheney (Bale) und George W. Bush (Sam Rockwell) © Universum

DIE KRITIK: Regisseur Adam McKay hat „Vice“, die Geschichte vom Aufstieg des gefürchteten Politikers Dick Cheney (er war einer der Wegbereiter des auf US-Lügen basierenden Irak-Kriegs 2003) als bittere Komödie geschrieben und inszeniert. Wenn manche Kritiker schreiben, „Vice“ erinnere an eine Michael-Moore-Doku, nur mit Schauspielern, dann ist an dieser Einschätzung etwas dran. Mit einem munteren Grundton werden  dem Publikum viele Ungeheuerlichkeiten serviert. Die historischen Fakten sind so sortiert, dass sie wie Mosaiksteine in jenes Bild passen, das der Regisseur dem Publikum vermitteln will.
So entsteht das Porträt eines nicht sonderlich brillanten, aber ehrgeizigen Mannes, der mehr von Machtgier als von Ideologien angetrieben wird. Bezeichnend dafür ist eine Filmszene mit dem jungen Praktikanten-Aspiranten Dick Cheney, der fasziniert dem brillanten Rhetoriker Donald Rumsfeld zuhört.  „Ist Rumsfeld Demokrat oder Republikaner?“ will Cheney von einem Nebenmann wissen. „Republikaner“. Also ist von dem Moment an auch Cheney Republikaner. Als Aktenträger von Donald Rumsfeld (damals Konsulent von Präsident Nixon, später Verteidigungsminister) betritt Dick Cheney das Spielfeld der Politik.
Der Film schildert Cheney als brummigen Privatmann, der von einer machtbewussten Ehefrau (Amy Adams) angetrieben wird. Als stolzen Vater, der seinen zwei Töchtern in eiserner Solidarität zur Seite steht (auch dann, wenn sich die jüngere als Lesbe outet, was für einen Republikaner als Karrierebremse wirken könnte).
Doch in der Politik ist Dick Cheney nicht zu bremsen. Zwar muss er irgendwann einsehen, dass ihm das höchste Amt versagt bleiben wird (wegen seiner kalten Aura hätte er als Präsidentschaftskandidat keine Chance). Als ihm aber Polit-Leichtgewicht George W. Bush (Sam Rockwell) anbietet, ihn als Vizepräsident zu begleiten, schlägt Cheney zu. Und er ringt Bush, der damals anscheinend nicht einmal in der eigenen Partei ernstgenommen wurde, einen Deal ab, der große  Blöcke der Macht in die Obhut des Vizepräsidenten verschiebt.
All diese Themen ergeben einen ebenso unterhaltsamen wie informativen Film, der US-Bürgern ebenso wie Nicht-Amerikanern  als Lehrstück aus den Zentren der Macht dienen kann. Je näher „Vice“ an der Person Dick Cheney bleibt, umso faszinierender wirkt der Film. Zwischendurch gibt’s aber auch Durchhänger, wenn sich die Geschichte allzu massiv in politische Details vertieft.    
Über solche Momente hilft aber das brillante Spiel der Protagonisten hinweg. Christian Bale wirkt, wie erwähnt, schon visuell  authentisch. Doch auch in der Ausstrahlung kommt der Brite Bale dem Amerikaner Cheney faszinierend nahe: Je höher dieser Cheney auf der Karriereleiter nach oben klettert, umso bedrohlicher wirkt er  als eiskalter Technokrat der Macht, der im Hintergrund und aus dem Hinterhalt seine Ziele durchsetzt.  Mit Amy Adams, Sam Rockwell und, vor allem, Steve Carell hat Bale kongeniale Partner. Letzterer verleiht dem Ex-Verteidigungsminister Donald eine brandgefährliche Aura aus Charme, Zynismus und Skrupellosigkeit.
 
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die politischen Storys mit Star-Besetzung etwas abgewinnen können.






Trailer
LÄNGE: 132 min
PRODUKTION: USA 2018
KINOSTART Ö: 21.02.2019
REGIE:  Adam McKay
GENRE: Biografie|Drama|Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Christian Bale: Dick Cheney
Amy Adams: Lynne Vincent Cheney
Steve Carell: Donald Rumsfeld
Sam Rockwell: George W. Bush
Tyler Perry: Colin Powell
Eddie Marsan: Paul Wolfowitz