Venus im Pelz
Polanskis Spiel mit Sex und Phantasie
DIE STORY: Der Regisseur Thomas (Mathieu Amalric) sucht nach einer Darstellerin für seine Bühnenadaption des 1870 erschienenen Wiener Skandalbuches „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch, das seinerzeit den Begriff Masochismus hervorbrachte. In der Schauspielerin Vanda (Polanski-Gattin Emmanuelle Seigner) findet er eine quirlige und auch verführerische Darstellerin für sein Stück, mit der er etliche Szenen auf seiner Theaterbühne probiert. Dabei kommen sich die beiden näher – und bald wird „Venus im Pelz“ zu einem Strudel aus Obsession, Lust und Begierde.
DIE STARS: Mathieu Amalric kennt man spätestens seit seinem Auftritt als Bond-Bösewicht in „Ein Quantum Trost“. Emmanuelle Seigner arbeitet zum vierten Mal seit „Frantic“ (1988) mit ihrem Ehemann Roman Polanski zusammen.
KURZKRITIK: Polanskis Zwei-Personen-Stück ist geprägt von der großen Lust des 80-jährigen Regie-Altmeisters, sich in einem Kammerspiel der körperlichen und verbalen Verführungskunst zu üben. „Venus im Pelz“ ist wunderbares Kunstkino mit großem Unterhaltungswert.
IDEAL FÜR: Polanski-Fans, die in dieser herrlich komödiantischen Nummernrevue über die (Un-)Tiefen sexueller Phantasien voll auf ihre Kosten kommen.
FilmClicks Kritik. Roman Polanski lässt das Juxen nicht: Schon in seinem letzten Film „Der Gott des Gemetzels“ (2011) hat er mit großer Spitzbübigkeit ein Kammerspiel inszeniert, in dem er Jodie Foster, Christoph Waltz, John C. Reilly und Kate Winslet als sich gegenseitig aufstachelnde Ehepaare in eine New Yorker Wohnung sperrte.
Jetzt geht er noch minimalistischer vor: In „Venus im Pelz“, basierend auf Leopold von Sacher-Masochs gleichnamigem Skandalbuch von 1870, das den Masochismus-Begriff formte, gibt es überhaupt nur zwei Personen: Die Schauspielerin Vanda (Polanski-Ehefrau Emmanuelle Seigner) und den Theaterregisseur Thomas (Mathieu Amalric), die einander in einem Pariser Theater begegnen, wo Thomas verzweifelt nach einer Hauptdarstellerin für sein Stück sucht, und wo Vanda als Letzte zum Vorsprechen an diesem verregneten Nachmittag erscheint.
Auch das Stück im Film basiert auf Sacher-Masochs Buch, und folgerichtig entspinnt sich bei den szenischen Lesungen der beiden bald mehr als nur ein Probieren auf der Theaterbühne. Schnell ergreift das schlüpfrige Thema des Buches Besitz von seinen beiden Interpretatoren; ein Spiel mit Lust und Phantasien entsteht, bei dem auch die Rollen vertauscht werden. Verführung und Obsessionen lassen Vanda und Thomas schnell (zu) nahe aneinander geraten.
Polanski filmt all dies mit einer unglaublichen Energie: Seine Kamera umschwärmt die Protagonisten regelrecht. Und obwohl alles auf einer Theaterbühne stattfindet, ist hier nichts theatralisch, dafür erstaunlich filmisch umgesetzt. Das ist auch seinen beiden grandiosen Hauptdarstellern zu verdanken. Vor allem Seigner brilliert; es ist die Rolle ihres Lebens.
Polanski, der 2013 seinen 80. Geburtstag feierte, ist nicht müde geworden, die Kunst der szenischen Verdichtung zu zelebrieren: Er zeigt mit scheinbarer Leichtigkeit, wie ein Sprechstück auch als packender Film funktionieren kann. „Venus im Pelz“ ist ein famoses Zeugnis seines zeitlosen Ausnahmetalents.