DIE STORY: „Tschick“: Einer der größten Buch-Bestseller der letzten Jahre ist im Kino gelandet. Die faszinierende Geschichte von Wolfgang Herrndorf handelt vom 14-jährigen Maik, der mit seinem gleichaltrigen Freund Tschick und einem geklauten Lada zu einer wilden Fahrt durch die Pampa Ostdeutschlands aufbricht.
Wenn die Reise endet, ist der Lada kaputt, doch in den Herzen der Jungs wurden viele jener Verwirrungen geheilt, ohne die der Prozess des „Coming of Age“ nun mal nicht möglich ist. Die Lebenslust der Protagonisten überträgt sich auf die Leser - und jetzt auch aufs Kinopublikum.
DIE STARS: Der größte Star von „Tschick“ ist natürlich der Berliner Autor Wolfgang Herrndorf, der 2013 nach einer Krebserkrankung viel zu früh verstorben ist. Als Regisseur holte man nach einigen Querelen in der Vorproduktion den Hamburger Fatih Akin („Gegen die Wand“) an Bord – eine ganz ausgezeichnete Idee.
Der 14-jährige Tristan Göbel, der den Maik spielt, war schon in Hits wie „Rico, Oscar und die Tieferschatten“ zu sehen. Der Münchner Anand Batbileg, der aus einer mongolischen Diplomatenfamilie stammt, feiert als Tschick sein Film-Debüt. Mercedes Müller („Groupies bleiben nicht zum Frühstück“) spielt rau, aber herzlich die Ausreißerin Isa, die in Maik ein amouröses Beben auslöst.
DIE KRITIK: Es braucht eine Menge Mut, um einen Kultroman wie „Tschick“ zu verfilmen. Schließlich muss die Kinoversion gegen die unzähligen imaginären Filme bestehen, die vor dem inneren Auge der Leser abliefen. Nun, Fatih Akin ist bisher noch in allen seinen Arbeiten ein couragierter Filmemacher gewesen - und mit „Tschick“ ist ihm einer der besten Filme seiner Karriere gelungen.
Erster Hauptgrund für den Erfolg ist die Tatsache, dass der Film die Stimmung des Romans mit seinen schillernden Figuren prächtig einfängt. Man erlebt den Teenager Maik in seinem reichen, aber ramponierten Elternhaus (Vater Immobilienspekulant, Mutter alkoholkrank). Man schaut ihm zu, wie er bei seiner Flamme in der Schule auf Granit beißt. Und wie er dann distanziert seinen neuen Schulkameraden Andrej Tschichatschow alias Tschick beäugt – einen Russlanddeutschen mit prolligem Outfit, der sich erstmal als großer Schweiger entpuppt. Doch dieser Tschick ist nicht nur ein schillernder Charakter („ich bin ein jüdischer Zigeuner“), er besitzt auch eine sehr bestimmte, maskuline Art, die ihm rasch Autorität verleiht.
Der zweite Hauptgrund für das Gelingen des Films liegt in der prächtigen Besetzung der Hauptrollen. Tristan Göbel, der seine Filmlaufbahn schon mit vier Jahren begann, gibt dem Maik den leicht nerdigen Touch eines Teenagers, der nach Antworten für sein Leben sucht, aber die Fragen noch nicht gefunden hat. Der Newcomer Anand Batbileg ist ein Naturtalent. Mit souveränem Spiel fängt er die coole Aura seines Tschick ein, als wäre er ein Routinier, dem vor der Kamera niemand etwas vormachen kann.
So eilen die Außenseiter Maik und Tschick rasch ins Zentrum der Sympathie der Zuschauer. Und wenn die beiden ohne Führerschein, aber mit klarem Ziel („in die Walachei“) mit dem geknackten Lada aufbrechen, möchte man am liebsten auf der Rückbank sitzen. Die ist in einer wichtigen Episode des Films jedoch für die wilde Isa reserviert; gleichfalls eine jugendliche Ausreißerin auf Sinnsuche. Ihr haftet neben rebellischen Gedanken aber auch (mangels Dusche) ein heftiger Körpergeruch an, sodass sie von den Jungs zwecks Reinigung erstmal in einen Stausee befördert wird.
Die Leser des Romans wissen es: „Tschick“ besteht aus einer Abfolge kleiner Abenteuer, die dem Auge des Gesetzes öfters mal missfallen, doch gleichzeitig die Protagonisten ganz leichtfüßig dem Ziel entgegenbringen, etwas fürs Leben zu lernen. Fatih Akin inszeniert die Story (Drehbuch: Lars Hubrich) mit viel Tempo, tollem Timing und großer Zuneigung zu seinen Figuren. Und mit einem feinen Soundtrack voll hartem Rock, aber auch ironisch eingesetztem Geklimper des Schmusepiano-Stars Richard Clayderman.
Fazit: „Tschick“ ist ein großartiges Road Movie für Jugendliche aller Altersklassen. Der Film wird dem berühmten Roman in jeder Hinsicht gerecht und überträgt die Aufbruchsstimmung, die die Story durchweht, ganz wunderbar in den Kinosaal.
IDEAL FÜR: alle Leser von „Tschick“. Und für jene, die „Tschick“ noch nicht gelesen haben.