GESAMTEINDRUCK: „Transit“ ist ein sehr ungewöhnlicher Arthaus-Film, der die Geschichte einer Flucht vor den Nazis im Marseille von heute erzählt – verstörend und faszinierend.
DIE STORY: Der Deutsche Georg (Franz Rogowski) flieht während des Zweiten Weltkriegs aus Paris, bevor die Wehrmacht die Stadt erreicht. Georgs Reise führt nach Marseille, wo er dem Schriftsteller Wedel Unterlagen übergeben soll. Wedel jedoch hat den Freitod gewählt. Und so könnte Georg die Ausreise-Papiere Wedels nutzen, um sich vor den Nazis in Mexiko in Sicherheit zu bringen. Dann aber lernt er Marie (Paula Beer), die Frau des Schriftstellers, kennen. Sie weiß noch nicht, dass ihr Mann nicht mehr am Leben ist. Die Papiere sind für zwei Personen gültig. Wird sich Georg erklären und versuchen, mit Marie ein Leben in Freiheit zu beginnen?
DIE STARS: Paula Beer („Das finstere Tal“, „Frantz“) und Franz Rogowski („In den Gängen“) – was für ein unfassbar tolles Pärchen. Wie die beiden sich durch die Stadt treiben lassen, wie sie nach und nach zueinander finden – da haben sich zwei extrem gute Schauspieler gefunden. Um sie herum gibt es noch jede Menge anderer Stars - wie Matthias Brandt als Erzähler. Oder Barbara Auer in einer eher kleinen Rolle. Hier sitzt alles an dem Platz, an den es gehört.
DIE KRITIK: Die deutsche Autorin Anna Seghers veröffentlichte 1944 den Roman „Transit“. Das Buch basierte auf den Erlebnissen ihrer Familie während der Flucht vor den Nazis nach Mexiko.
Regisseur Christian Petzold (früher rechnete man ihn zur
Berliner Schule, aber er ist mit Filmen wie „Barbara“ oder „Phoenix“ längst zur eigenen Marke geworden) überlegte lange, den Roman zu verfilmen. . Doch eigentlich – so Petzold im Interview mit FilmClicks – hatte er den Stoff schon zu den Akten gelegt, denn „ich wollte nicht noch einen historischen Stoff mit Kostümen und den Bauten dazu umsetzen“.
Aber dann half ihm König Zufall. Als Petzold nämlich eines Tages durch Berlin lief und „auf dem Boden die Stolpersteine (Erinnerungen an von den Nazis verschleppte jüdische Bürger, Anm.) sah – dazu im Kontrast neue Häuser. Da wurde mir klar, dass Neues und Altes sehr wohl gemeinsam existieren kann“.
Also kam Petzold auf den einfachen, aber sehr wirkungsvollen Trick, auch in „Transit“ Alt und Neu zu mischen.
Die Geschichte ist die von Anna Seghers Roman. Menschen sind auf der Flucht vor Nazis. Aber zugleich sieht man die Stadt Marseille, wie sie heute aussieht. Es fahren moderne Autos umher, die Straßen sehen aus wie im Sommer 2017. Und das Erstaunliche ist, dass beim Zuschauer sofort das Kopfkino losgeht.
Den einen wird die visuelle Diskrepanz stören. Die anderen werden vielleicht Parallelen zur heutigen Flüchtlingskrise ziehen. Fakt ist: Christian Petzold hat mit „Transit“ etwas gewagt. Und dazu sollte man ihm gratulieren.
IDEAL FÜR: Kinogänger, die Filme mögen, bei denen man in jeder Sekunde mitdenken muss, um nicht den Anschluss zu verpassen.