DIE STORY: „The Square“ ist erstens der Film, der 2017 die Goldene Palme von Cannes gewann, und zweitens eine Kunst-Installation mitten in Stockholm. Ausgedacht hat sich das Ganze der Museums-Kurator Christian Nielsen (Claes Bang). Er braucht für sein Museum mal wieder einen Knaller.
Deshalb soll „The Square“ (ein kleiner utopischer Ort des Friedens, in dem jeder den anderen respektieren soll) auch aggressivst beworben werden. Aber die Kampagne geht schrecklich nach hinten los. Und Christian werden Portemonnaie und Telefon gestohlen. Woraufhin er völlig freidreht, mit aller Macht nach dem/der Schuldigen sucht und in einen Kreislauf gerät, der sein geordnetes Leben ordentlich zerlegt.
DIE STARS: Wer viele Serien schaut, der dürfte sie kennen. US-Medien haben sie in diesem Jahr zur „Queen of TV“ ernannt: Elisabeth Moss - demnächst in „Top of the Lake: China Girl“ bei uns im Fernsehen zu sehen - ist das wohl prominenteste Gesicht des Casts von „The Square“. Sie spielt die Journalistin Anne, die ein Verhältnis mit dem Kurator Christian beginnt. Der wiederum wird vom Dänen Claes Bang sehr souverän gespielt. Den Schauspieler kann man aus vielen Serien fürs deutsche Fernsehen - da er gut Deutsch spricht - kennen.
Ein bisschen Hollywood ist auch noch vertreten. Dominic West hat man bisher in Filmen wie „300“ gesehen. Hier spielt er einen angesagten Künstler.
Und natürlich ist der Regisseur Ruben Östlund in gewisser Weise ein angehender Regie-Star. Schon sein letzter Film, das Alpen-Drama „Höhere Gewalt“, hatte weltweit in den Arthaus-Kinos für Begeisterung gesorgt.
DIE KRITIK: „The Square“ geht auf eine Idee von Ruben Östlund zurück. Diesen geschützten Platz als Installation hat es in der Tat mal in einer kleinen schwedischen Stadt gegeben. Jeder sollte mit jedem in dem vier mal vier Meter großen Areal ins Gespräch kommen. Fremde konnten ihr Gepäck stehen lassen, ohne dass es ihnen gestohlen wurde. Alle respektieren einander - ein kleiner utopischer Ort.
Östlund wollte damit an seine Kindheit in den 70er Jahren erinnern. Als Kinder - auch in Großstädten - einfach ein kleines Schild mitbekamen, wo sie wohnten und dann durften sie hinaus zum Spielen. Erwachsene würden Kinder auf jeden Fall nach Hause geleiten. Heute sei das anders, so Östlund. Überall herrsche Unsicherheit.
Von dieser uns alle umgebenden Unsicherheit erzählt dieser aufregende, aber auch sehr merkwürdige Film. Es gibt in „The Square“ kaum eine Figur, die in sich ruht, die Gelassenheit ausstrahlt. Die große Unsicherheit ist an der Tagesordnung und ist dabei, die Charaktere zu verschlingen.
Je länger der Film mit seiner stolzen Laufzeit von 142 Minuten voranschreitet, um so mehr greift das Chaos um sich. Auch der Regisseur scheint dieses Prinzip verinnerlicht zu haben. Denn nicht alles, was er uns zeigt, macht auch wirklich Sinn. Da taucht plötzlich ein großer Affe in einer Wohnung auf, ohne dass erklärt wird, wie er dorthin gelangt. Die Hauptfigur wühlt einmal in einem gigantischen Müllberg, bis ein sehr schön anzuschauender Ozean aus Müll sich auf der Leinwand erstreckt. Zwei Personen streiten ohne Grund sehr lustig und lustvoll über die Entsorgung eines Kondoms. Und so weiter und so fort.
Im Zentrum des Chaos steht Christian. Ein Mann, der es scheinbar geschafft hat. Er ist Kurator an einem angesehenen Museum. Wenn er vor die Öffentlichkeit trifft, dann lässt er sich feiern wie ein Star. Wenn er von hübschen Journalistinnen interviewt wird, dann flirtet er so intensiv, bis die Funken fliegen.
Man sollte meinen, dass dieser Mann felsenfest im Leben steht. Aber Regisseur Ruben Östlund hat unfassbaren Spaß daran, die Männer in seinen Filmen regelrecht auseinanderzunehmen. Das war schon so bei seinem fantastischen Drama „Höhere Gewalt“. Da rettete der Familienvater vor der nahenden Schneelawine nicht Frau und Kinder, sondern sein iPhone. Worauf sein altes Leben gehörig den Bach runterging.
Christian ergeht es in „The Square“ nicht viel besser. Der Mann muss Erfolge liefern. Als ihm eines Tages persönliche Dinge - wieder spielt ein mobiles Telefon eine Rolle - verlorengehen, wird er zum Hobby-Detektiv. Er glaubt, dass jemand in einem Wohnblock mit Sozialwohnungen der Täter ist. Also wirft er beleidigende und aggressive Zettel in jeden Briefkasten. Dummerweise denkt die Familie eines an dem Fall nicht beteiligten Jungen, der sei der Täter gewesen. Woraufhin Christian den Jungen nicht mehr loswird. Der will eine Entschuldigung, Christian hingegen seine Ruhe.
Es gibt etliche Problemfelder, die Ruben Östlund hier anreißt. Das menschliche Miteinander, die Stellung des Mannes in einer von Frauen dominierten Umgebung, die Absonderlichkeiten auf Kunstpartys. Eine Szene mit einem Künstler, der als aggressives Kraftpaketagiert, gerät völlig aus dem Ruder.
Am Ende verlassen die Zuschauer gut unterhalten, aber auch verwirrt, das Kino. Ruben Östlund hat uns den Spiegel vorgehalten. Mögen wird das nicht jede/r.
IDEAL FÜR: Liebhaber des Kunstbetriebs und Menschen, die gern über unsere Welt nachgrübeln und darüber, wie sie sein könnte.