The Grandmaster

In The Mood For Kung Fu


FilmClicks:
Tony Leung als Ip Man in der furiosen Eröffnungssequenz von „The Grandmaster" © Thim Film
DIE STORY: von „The Grandmaster" kennt in China jedes Kind. Denn es geht um Ip Man (Tony Leung), Kung Fu-Legende und Trainer von Bruce Lee. Regisseur Wong Kar Wai fächert die Geschichte auf und macht nicht nur ein Biopic daraus, sondern gleich ein ganzes Epos und führt uns ein in die Geschichte der chinesischen Kampfkunst.
DIE STARS: Hier ist ausnahmsweise der Regisseur selbst mal der Star: Wong Kar Wai, die einstige Hoffnung des Weltkinos aus China. Ein Mann, der mit seinen Filmen wie „In the Mood for Love" oder „Chunking Express" die Herzen der Autorenfilmfreunde höher schlägen lässt. Unter seiner Regie gibt der chinesische Superstar Tony Leung alles. Bei den Vorbereitungen auf die Dreharbeiten hat er sich gefühlt jeden Knochen in seinem Körper mindestens einmal gebrochen. Das verdient Respekt.
KURZKRITIK: Weniger wäre hier mehr gewesen. Wong Kar Wai kann sich nicht entscheiden und liefert statt einem stringenten Film gleich zwei. Einmal einen betörend schönen Martial-Arts-Film und einmal die Lebensgeschichte von Ip Man. Dabei verliert er sich aber selbst in der Schönheit seiner Bilder und vergisst darüber hinaus das Erzählen.
IDEAL FÜR: Fans von hoher Kampfkunst, ästhetischen Bildern und Wong Kar Wai. Wer einen ganz normalen Hau-Drauf-Film erwartet, wird enttäuscht werden. Alle anderen übrigens auch.
FilmClicks Kritik. Der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale ist ein wahrer Martial-Arts-Bilderregen. Das macht schon die Eröffnungssequenz klar, die von unbeschreiblicher Schönheit zeugt. Ein Kampf – oder fast schon besser – ein Tanz in strömendem Regen; wie hätte es auch anders sein sollen in einem Film von Wong Kar Wai.

In grauen, fast schon schwarz-weiß-düsteren Bildern fängt er eine Kampfszene ein. Im Mittelpunkt sein treuer Schauspieler Tony Leung als Kung Fu Legende Ip Man. Im strömenden Regen mit weißem Strohhut kämpft er gegen eine gegnerische Kung-Fu-Armada. Wong Kar Wai zeigt diesen Kampf nicht nur, er zelebriert ihn: minutenlang mit wunderschönen Nahaufnahmen und Wiederholungen. Regentropfen, die in Pfützen fallen, zusammengeschnitten gegen Schläge auf Körper. In beiden Bildern spritzen die Wassertropfen. Mal in Zeitlupe, mal extra schnell. Auch das nicht schmerzhaft, sondern eher poetisch. Allerdings mit einer unnötige Leere der Bildkraft.

Eine Szene aus "The Grandmaster". Optisch poetisch, aber inhaltlich eine Enttäuschung © Wild Bunch Germany


Und da ist schon der Haken an „The Grandmaster“. Der einstige Hoffnungsträger des Weltkinos erzählt hier die Lebensgeschichte des Großmeisters Ip Man, Lehrer von Bruce Lee und in China eine Legende. Dabei ist Ip Mans Biografie für Wong Kar Wai aber nur der Anlass, um in eben jenen poetisch komponierten Bildern von der Faszination der Martial Arts Künste zu erzählen. Es ist ein Hybridfilm. Weder reines Martial Arts, noch Biopic. Seine Schauspieler, allen voran Tony Leung, hat er in die harte Kunst des Kung Fu über Jahre hinweg eingearbeitet, allein Leung hat ein Jahr lang täglich trainiert, sich etliche Knochen gebrochen, um fit und glaubhaft zu sein als Ip Man. Zwischen Wong und Leung besteht eine Meister-Schüler-Beziehung wie im Kung Fu.

Aus einer einst vierstündigen Rohversion von „The Grandmaster“ ist ein 115 Minuten dauerndes Kampfepos entstanden. Das Kürzen hat nicht gut getan, fallen doch immer wieder Figuren aus dem Ensemble von einer unsichtbaren Bühne und tauchen nie wieder auf. Andere Erzählstränge laufen genauso ins Leere,  wie auch Ip Man als eigentlicher Held der Geschichte über Strecken von der Bildfläche verschwindet.

Grandios werden das einige finden. Um ehrlich zu sein, ist es schlichtweg verwirrend.

Vielleicht liegt es an unseren Sehgewohnheiten, aber anders als in seinen wahren Meisterwerken wie „In the Mood for Love“ oder „Chunking Express“ lässt Wong Kar Wai hier keinerlei emotionale Nähe zu. Sein, Wissen und Handeln seien die Grundlagen für einen wahren Meister des Kung Fu, heißt es an einer Stelle des Films. Schon hier hätte man stutzig werden können, denn  in dieser Aufzählung fehlen die gerade fürs Kino so wichtigen Emotionen. Nicht nur im Kung Fu, leider auch in „The Grandmaster“. Ein Kung-Fu-Epos wollte Wong Kar Wai drehen. Eine Enttäuschung ist es geworden.






Trailer
LÄNGE: 130 min
PRODUKTION: 2013
KINOSTART Ö: 26.06.2013
REGIE:  Wong Kar Wai
GENRE: Kung-Fu-Film
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Tony Leung Chiu Wai: Ip Man