GESAMTEINDRUCK: „The Good Liar“ ist ein Psychothriller, der Ian McKellen und Helen Mirren viele Gelegenheiten zu blitzenden Wortduellen bietet. Der Plot kann allerdings in keiner Weise an die Qualität der Stars heranreichen.
DIE STORY: Der alte Londoner Charmebolzen Roy Courtney (Ian McKellen) lernt im Internet die pensionierte Oxford-Professorin Betty McLeish (Helen Mirren) kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Flirt. Roy will allerdings nicht Bettys Herz erobern, sondern ihr Millionenvermögen. Der Mann ist nämlich ein kühl kalkulierender Betrüger, der auch vor dem Einsatz von Gewalt nicht zurückschreckt. Betty hat davon keine Ahnung. Sie nimmt Roy in ihrem Haus auf und gewöhnt sich rasch an die neue Zweisamkeit. Die Dinge entwickeln sich so, wie von Roy geplant. Bis Betty ihm eine gemeinsame Reise nach Berlin vorschlägt. Dort nimmt die Affäre eine verblüffende Wendung.
DIE STARS: Helen Mirren (Oscar für „Die Queen“) und Ian McKellen (zwei Oscar-Nominierungen) zählen seit Jahrzehnten zu den herausragenden Darstellern der britischen Szene. Angeleitet werden die beiden von US-Regisseur Bill Condon, der 1999 für das Drama „Gods And Monsters“ den Oscar gewann, aber auch zwei Folgen der Teenie-Vampir-Romanze „Twilight“ inszenierte.
DIE KRITIK: Der Beginn ist sinnlich und spielerisch. Im Mittelteil legt sich ein düsterer Schatten voll krimineller Energie über die Geschichte. Und das Finale wirkt enttäuschend, weil allzu konstruiert: „The Good Liar“ (das Drama basiert auf dem Roman „Das alte Böse“ von Nicholas Searle) ist ein Film, dessen Stimmungslagen so rasch und vehement wechseln wie das Wetter an einem unbeständigen Tag voll Sonne, Wolken und Regen.
Nur eines bleibt in allen Phasen unverändert: Die exzellente Qualität des Spiels von Helen Mirren und Ian McKellen. Schon wenn die beiden einander zum ersten Rendezvous begegnen, bebt die Luft. Die nicht mehr ganz taufrischen Darsteller (Mirren ist 74 Jahre alt, McKellen ist 80) strahlen mehr prickelnden Esprit aus als viele Nachwuchskräfte aus dem Fach der jugendlichen Liebhaber.
Wenn ihre Figuren Betty und Roy dann zu späten Lebenspartnern zusammenwachsen, hat das viel Raffinesse, Grandezza und Souveränität. Auch wenn man im Kinosaal Betty ständig warnen möchte, sie möge sich nicht allzu vertrauensselig einlassen auf den schlitzohrigen Roy, der ja ein doppeltes und böses Spiel spielt. Sei’s drum: Die Szenen mit Helen Mirren und Ian McKellen sind allein schon das Eintrittsgeld zu „The Good Liar“ wert.
Das Dumme ist nur: Wichtige andere Gründe, das Werk anzuschauen, hat der Film nicht zu bieten. Zwar schlagen die Ereignisse auf der Leinwand immer wieder neue Richtungen ein, aber die meisten dieser Überraschungen wirken nicht so, als wären sie dem Leben abgeschaut. Sondern eher so, als wären sie mit kühler Überlegung am Reißbrett skizziert worden.
Was da alles geschieht, wollen wir zur Vermeidung von Spoilern natürlich nicht verraten. Nur so viel: Dem Rezensent kam die Story schlussendlich wie der krachend gescheiterte Versuch vor, die großen Gefühle des Kitsch-Kinos mit rauer Thriller-Atmosphäre zu paaren. Schade drum. Aber Helen Mirren und Ian McKellen, wir betonen es noch einmal, sind wunderbar.
IDEAL FÜR: alle Freunde großer Schauspielkunst – speziell jener von Helen Mirren und Ian McKellen.