The East
Die Grenzen von Profit und Widerstand
DIE STORY: „The East“ ist ein spannungsgeladener Öko-Thriller über eine Umweltgruppe, die bei der Bekämpfung von Konzernen, die schwere Umweltsünden begangen haben, vor Gewalt nicht zurückschreckt. Im Mittelpunkt steht die Ex-FBI-Agentin Jane (Brit Marling), die als Maulwurf in die Organisation eingeschleust wird und dann Sympathien für die Ziele der Anarchisten (sowie deren charismatischen Leader) entwickelt.
DIE STARS: Die bildschöne Brit Marling ist der Rising Star der US-Indie-Szene. Sie bringt die Gespaltenheit der Doppelagentin Jane eindringlich auf die Leinwand und ist zugleich Co-Autorin des Drehbuchs. Alexander Skarsgard (als The East-Anführer Benji), Patricia Clarkson (als eiskalte Sicherheits-Agentin) und Ellen Page (als umweltbewegte höhere Tochter) spielen top.
KURZKRITIK: Regisseur Zal Batmanglij, der den Thriller gemeinsam mit Brit Marling schrieb, erzeugt Thriller-Hochspannung und regt zum Nachdenken an – über profitgierige Konzerne, über die Grenzen des Widerstands und über die Skrupellosigkeit des Überwachungs-Staats. Einer der besten Filme des Jahres.
IDEAL FÜR: Thriller-Freunde, Umwelt-Engagierte und für Kinobesucher, die von einem Film mehr verlangen als zwei Stunden Flucht vor dem Alltag. Die Snowden-Affäre und der NSA-Überwachungsskandal machen „The East“ doppelt aktuell.
FilmClicks Kritik. Die eine Firma hat eine schwere Ölpest ausgelöst. Die zweite will ein Medikament vermarkten, das lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben kann. Die dritte verseucht in großem Stil die Umwelt, indem sie Nacht für Nacht hochgiftige Abwässer in einen See kippt.
Wo kann, wo muss man hier von Terrorismus sprechen? Bei den Konzernen, denen die Folgen ihrer (Fehl-)Handlungen wurscht sind, so lange die Profite strömen? Bei einer anarchistischen Umweltgruppe, welche die Konzerne nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten bedroht? Oder bei beiden? Wo ist die Grenze zwischen Gerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit?
Für die Aktivisten der geheimen Organisation, die sich The East nennt, ist die Sache klar: Die Firmen haben Straftaten begangen, also müssen die Verantwortlichen büßen. Notfalls wieder mit Straftaten. „Es ist uns egal, wie reich ihr seid“, verkündet die Gruppe in ihrem Manifest. „Wir wollen, dass alle Schuldigen selbst den Terror ihrer Verbrechen erleben. Vergiftet uns – dann vergiften wir euch. Wir starten in den nächsten sechs Monaten Gegenangriffe gegen drei Unternehmen wegen ihres weltweiten Terrorismus. Und das ist erst der Anfang.“
Der Öko-Thriller „The East“ rückt mit einem klugen Schachzug beide Sichtweisen ins Blickfeld – indem er eine Doppelagentin zur Hauptfigur macht. Eine junge Frau namens Sarah (Brit Marling) wirft sich nach einer Liebesnacht mit ihrem Freund ins Business-Kostüm, um sich neuen Brötchengebern vorzustellen. Sie war zuvor beim FBI. Jetzt heuert die Ex-Agentin bei einer privaten Sicherheits-Firma an. Bald wird sie die High Heels gegen Jeans und Sneakers tauschen. Sarahs erster Auftrag: Sie soll die Gruppe der Öko-Anarchisten unterwandern.
Der Film erzählt mit knisternder Spannung, wie Sarah Zugang zu den versteckt lebenden Aktivisten findet. Wie sie unter großer Gefahr deren Misstrauen überwindet. Wie sie an der ersten Aktion gegen die Firma mitmacht. Und: Wie sie zwischendurch jede Chance nutzt, um die Pläne der Gruppe ihrer Chefin, der unterkühlten Sicherheits-Beraterin Sharon (Patricia Clarkson) zu verraten.
Der Film verbringt viel Zeit im Camp der
The East-Aktivisten, denen bald auch die Sympathien des Publikums zufließen. Nicht nur das. Auch Sarah entdeckt Berührungspunkte mit der Gruppe. Einerseits privat: Sie entwickelt ein Interesse an Benji (Alxander Skarsgard), dem charismatischen Leader. Andererseits inhaltlich: Die Auflehnung gegen die Skrupellosigkeit der Konzerne findet bei ihr ein offenes Ohr – auch wenn sie die Anwendung von Gewalt ablehnt.
„The East“ arbeitet geschickt mit den Mitteln des Spannungskinos. Man merkt, dass Regisseur Zal Batmanglij Vorbilder wie etwa die „Bourne“-Thriller gut angeschaut hat. Zum Ereignis wird der Film aber durch seinen Subtext. Was dürfen die Konzerne? Was darf der Widerstand? Wo endet, auf beiden Seiten, legales Verhalten – und wo beginnt der Terror? Ist es zu rechtfertigen, dass der Staatsapparat automatisch die Position der Konzerne übernimmt und alternative Gruppen misstrauisch verfolgt oder überwacht?
Fragen über Fragen. „The East“ hat ein großes Publikum verdient. Pointe am Rande: Der Thriller wurde vom Fox-Searchlight-Studio produziert, das zum Imperium des Medien-Moguls Rupert Murdoch zählt. Es wäre interessant, was die Kommentatoren von Murdochs konservativer TV-Station Fox News zu dem Film sagen, der definitiv in der links-liberalen Ecke steht…