GESAMTEINDRUCK: Ein kühles Heldenepos, dessen filmischer Sinn verborgen bleibt: Regisseur Clint Eastwood porträtiert in „The 15:17 To Paris“ die drei US-Boys, die 2015 bei einer Terrorattacke auf einen Expresszug ein Blutbad verhinderten.
DIE STORY: Am 15. August 2015 bestieg der schwerbewaffnete Marokkaner Ayoub El-Khazzani einen Thalys-Expresszug, der um 15:17 Uhr von Amsterdam nach Paris losfuhr (daher der Filmtitel „The 15:17 To Paris“). Im gleichen Zug saßen drei junge US-Urlauber, die Freunde Spencer Stone, Alek Skarlatos und Anthony Sadler. Als El-Khazzani begann, die Reisenden zu attackieren, stellte sich Spencer Stone dem Terroristen in den Weg und schaffte es mit seinen Freunden, den Mann zu überwältigen.
DIE STARS: „The 15:17 To Paris“ ist der sechsunddreißigste Kinofilm, bei dem Hollywood-Legende Clint Eastwood (wird am 31. Mai 88 Jahre alt) Regie führt. Bei der Besetzung der Hauptrollen entschied er sich, keine professionellen Darsteller zu engagieren. Spencer Stone, Alek Skarlathos und Anthony Sadler, die 2015 im Zug den Terroristen niederrangen, spielen sich selbst.
DIE KRITIK: Im Pressetext zu „The 15:17 To Paris“ heißt es, der Film erzähle eine „unglaubliche wahre Geschichte“, und das stimmt. Ohne den Mut von Spencer Stone und seinen Freunden hätte das Attentat auf den Thalys-Express nach Paris im August 2015 einer der schlimmsten Terroranschläge der letzten Jahre werden können.
Diese Tatsache liefert im Fall des neuen Helden-Epos von Clint Eastwood allerdings nicht die Grundlage für einen packenden Film. Eastwood und seine Drehbuchautorin Dorothy Blyskal werfen keinen Blick auf die politischen Aspekte des Attentats. Sie verharren im Privaten, und hier bei den drei Männern aus den USA (der Terrorist hat eine stumme Rolle; seine Vorgeschichte und seine Motive bleiben im Dunkeln).
So bekommt man auf der Leinwand die Lebensgeschichte dreier „average guys“, Durchschnittstypen also, aus Kalifornien vorgeführt, die schon seit der Schulzeit dicke Freunde waren und dort mit ihren Streichen zum Schrecken der Lehrer wurden.
Der Film berichtet über ihre Berufswünsche (Spencer Stone will als Sanitäter zur Luftwaffe; Alek Skarlathos geht zum Militär). Und man begleitet die drei auf einer Ferienreise durch Europa, bevor es der Zufall will, dass sie in Amsterdem jenen Zug besteigen, den auch der Terrorist ausgewählt hat.
Über weite Strecken ist „The 15:17 To Paris“ eine Alltagsgeschichte, mit Szenen wie jener in einem Eissalon, wo die Jungs lange darüber nachdenken, wer welche Eissorte will. Am bemerkenswertesten ist noch die Tatsache, dass man nicht auf den ersten Blick mitbekommt, hier Schauspiel-Amateure zu sehen: Spencer Stone, Alek Skarlathos und Anthony Sadler, die das Filmgeschäft vor dem Dreh nur aus dem Kino kannten, agieren als Darsteller ihrer selbst gar nicht schlecht.
Man kann Clint Eastwood also anrechnen, dass er seine Schauspiel-Laien zu passablen Leistungen anleitete. Und man muss ihm anrechnen, dass er aus der Story keine pathetisches Heldenepos macht: Das Attentat selbst nimmt nur wenig Raum im Film ein und wird fast unterkühlt geschildert.
Den Herren Stone, Skarlathos und Sadler gebührt für ihren Mut jede erdenkliche Anerkennung – der Film zeigt, wie sie von Frankreichs damaligem Präsidenten Hollande zu Rittern der Ehrenlegion ernannt werden. Der Film zeigt aber auch, dass die drei Helden und die Reisenden im Zug verdammt viel Glück hatten. Denn im entscheidenden Moment, als sich Spencer Stone auf den Attentäter stürzte, versagte dessen Gewehr. Hätten sich Schüsse gelöst, wäre ein Blutbad die Folge gewesen.
Fazit: „The 15:17 To Paris“ ist ein Dokudrama, das sich dem Thema Terror nur sehr oberflächlich nähert. Man kann die Geschichte dieses Attentats auch im Internet nachlesen. Warum Clint Eastwood einen Film daraus machte und was er mit der Story ausdrücken will, bleibt offen.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die sich für reale Storys interessieren.