GESAMTEINDRUCK: „Tanz ins Leben“ ist eine Coming-of-Age-Tragikomödie der Generation Sechzig Plus. Nach einer sehr unterhaltsamen ersten Stunde nimmt der Film überflüssigerweise eine Wendung zu Schmalz und Kitsch.
DIE STORY: Am Tag, an dem der frisch pensionierte Polizeikommandant Mike (John Sessions) in den Adelsstand erhoben wird, erwischt ihn seine Frau Sandra (Imelda Staunton) beim Knutschen mit ihrer besten Freundin. Die versnobte Sandra packt sofort die Koffer und zieht in London bei ihrer rebellischen Schwester Bif (Celia Imrie) ein. Die will Sandra neue Lebenslust einimpfen und schlägt ihr vor, in ihre Senioren-Tanztruppe einzutreten. Sandra lehnt erst ab. Doch dann geht sie mit und findet langsam Gefallen an den Abenden. Zumal dort mit Bifs bestem Freund Charlie (Timothy Spall) auch ein interessanter Mann das Tanzbein schwingt.
DIE STARS: Der britische Regisseur Richard Loncraine holte für „Tanz ins Leben“ ein Londoner Elite-Ensemble vor die Kamera. Hauptdarstellerin Imelda Staunton, die Dolores Umbridge aus der „Harry Potter“-Serie, zählt seit Jahrzehnten zu den führenden Film- und Bühnendarstellerinnen von der Insel. Ihre Film-Schwester Celia Imrie ist spätestens seit „Best Exotic Marigold Hotel“ international bekannt. Joanna Lumley hatte zuletzt einen denkwürdigen Auftritt in Martin Scorseses „The Wolf Of Wall Street“.
Bei den Herren sticht Timothy Spall heraus, der 2014 für „Mr. Turner“ beim Festival Cannes als bester Darsteller ausgezeichnet wurde.
DIE KRITIK: „Manchmal, wenn wir im Leben einen Umweg einschlagen, kommen wir ans richtige Ziel“, heißt es einmal in „Tanz ins Leben“. Damit ist die Essenz des Films schon umrissen: Man begleitet die Hauptfigur Sandra dabei, wie sie Schritt für Schritt ihre Allüren, Vorurteile und Verklemmungen abbaut, um schließlich mit einem großen Sprung ihr Spießertum hinter sich zu lassen. Und in einem Dasein zu landen, das statt Sicherheit eine neue Sicht aufs Leben verspricht.
Dass Sicherheit ein fragiles Gut sein kann, erfährt Imelda Staunton als Sandra schon in den ersten Szenen. „Ich plane unseren Ruhestand seit 35 Jahren“, sagt sie da über ihre Ehe – und muss Momente später feststellen, dass ihre Planungen Makulatur sind. Denn dass ihr Ehemann fremdgeht, will sie ihm nicht verzeihen.
Auf welche Weise die erzkonservative Dame dann langsam die Route zu einem offeneren Leben einschlägt, wird nicht gerade spannungsreich geschildert. Dass der „Tanz ins Leben“ über weite Strecken trotzdem viel Spaß macht, ist dem exzellenten Ensemble zu verdanken.
Celia Imrie hat als burschikose und abenteuerlustige Bif die beste Rolle, und sie nutzt die Gelegenheit zu strahlenden Pointen und Temperamentsausbrüchen weidlich aus. Die wunderbare Imelda Staunton hingegen muss zu Beginn quasi mit angezogener Handbremse spielen, bis ihre Sandra (nicht zuletzt beim Tanzen) so richtig auf Touren kommen darf. Timothy Spall punktet mit trockenem Humor und großem Herz. Joanna Lumley gestaltet mit augenzwinkernder Melancholie das Porträt einer in die Jahre gekommenen Femme fatale.
So ist der Film eine feine Parabel über die Erkenntnis, dass man seinem Leben auch in späteren Jahren noch eine neue Wendung geben kann. Warum dann allerdings Krankheit und Tod machtvoll in die heitere Grundstimmung platzen müssen, wissen nur die Drehbuchautoren. Die plötzlich aufwallende Tragik trägt nichts zur Qualität der erzählten Geschichte bei, überschattet das Spiel aber mit einer übergroßen Portion schicksalsschwerer Melodramatik.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die einer konventionell gestrickten Tragikomödie über das unkonventionelle Leben etwas abgewinnen können.