GESAMTEINDRUCK: „Suspiria“ ist ein sehr atmosphärischer und prominent besetzter Horrorfilm, der sich viel Zeit lässt, bis es auf der Leinwand richtig gruselig wird.
DIE STORY: Die Tänzerin Susie Bannion (Dakota Johnson) kommt 1977 aus Amerika ans Markos-Tanz-Ensemble in West-Berlin. Dort wird sie von der künstlerischen Leiterin Madame Blanc (Tilda Swinton) beobachtet, die ihr außergewöhnliches Talent bemerkt und fördert. Dass sie in diesem Hause sehr eigenartige Dinge abspielen – es gibt geheime Räume und Tänzerinnen, die verschwinden – scheint die extrem engagierte Susie nicht zu stören. Doch dann bekommt ein Psychotherapeut das rätselhafte Tagebuch einer der verschwundenen Tänzerinnen in die Hand. Offenbar sind hier Hexen am Werk. Und der Kampf um die Vorherrschaft innerhalb der Hexen-Sippe wird zur Bedrohung für alle.
DIE STARS: Dakota Johnson muss in „Suspiria“ nicht immerzu willig-lüstern gucken wie in „50 Shades Of Gray“. Stattdessen liefert sie hier eine sehr solide Performance als Tänzerin mit einem dunklen Geheimnis ab.
Es gibt aber eine Schauspielerin, die alle anderen in den Schatten stellt: Tilda Swinton in der Mehrfachrolle als abgründig böse Madame Blanc und als uralter Psychotherapeut. Das sind Rollen, in denen die große Tilda aufgeht und ihr Können zeigen kann.
DIE KRITIK: Der Film „Suspiria“ hat einen legendären Ruf. Regisseur Dario Argento schuf vor 41 Jahren ein Horror-Kunstwerk dieses Namens, das in vielen Ländern bis vor kurzem auf dem Index stand. In ihm erzählte er von einer jungen amerikanischen Tänzerin, die nach Freiburg im Breisgau kommt und dort mit dem Treiben von uralten Hexen konfrontiert wird. Der italienische Regisseur Luca Guadagnino (er bekam dieses Jahr für die Romanze „Call Me By Your Name“ eine Oscar-Nominierung) hat sein Remake nun ins West-Berlin der Siebziger Jahre verlegt.
Das neue „Suspiria“ hat einen großen Vorteil im Vergleich zum Original. Guadagnino ist im Gegensatz zu Argento ein Geschichtenerzähler. Während es bei Argento in all seinen Filmen immer um Stil und Effekt ging, bettet Guadagnino seine bewusst gesetzten Effekte in eine große Geschichte ein. Auch wenn man beim besten Willen bis zum Ende nicht alles versteht, stellt er das Treiben der alten Hexen doch in einen großen Kontext: Nazis und RAF-Terror und okkulter Wahn. Man fühlt sich ein wenig an die ausgezeichnete Netflix-Serie „Dark“ erinnert: Alles hängt mit allem zusammen. Und - was die Horror-Fans begeistern dürfte - es gibt sogar eine Post-Credit-Scene.
Die SchauspielerInnen, allen voran Dakota Johnson und Tilda Swinton, leisten Großartiges beim Tanzen. Sie brillieren besonders in drei Szenen, die von Sasha Waltz choreografiert wurden. Deutschlands Film- und Bühnen-Star Angela Winkler als eine der Hexen spielt wunderbar abgründig.
Am Ende huldigt Guadagnino dem Schöpfer der Vorlage, in dem er eine Szene komplett in Rot einfärbt und damit den reichlichen Blutverlust noch drastischer erscheinen lässt. Das Einzige, was man dem Regisseur ankreiden könnte: Er lässt sich mit der Geschichte sehr viel Zeit. Aber zum einen hilft beim Spannungsaufbau die sehr gute atmosphärische Filmmusik von Radiohead-Sänger Thom Yorke. Und dann haben sich viele Menschen dieser Tage - dank Binge-Watching der Lieblings-Serien längst daran gewöhnt, dass man manchmal doch etwas länger als 90 Minuten braucht, um eine Geschichte zu erzählen. Ein mehr als würdiges 152-Minuten-Remake!
IDEAL FÜR: Horror-Fans, die Filme mit vielen Geheimnissen lieben – und auch drastische Gewalt.