Suffragette

Als Frauen für das Wahlrecht kämpften


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„Suffragette“: Maud Watts (Carey Mulligan) wird bei einer Demonstration verhaftet © Filmladen
DIE STORY: „Suffragette“ ist ein Polit-Drama, das sich - aus heutiger Sicht - um den Kampf für eine Selbstverständlichkeit dreht. Um das Wahlrecht für Frauen.
Vor gut 100 Jahren lag das noch in weiter Ferne. London 1912. Die junge Arbeiterin, Ehefrau und Mutter Maud Watts (Carey Mulligan), die seit ihrem achten Lebensjahr in einer Großwäscherei schuften muss, wird durch einen Zufall Zeugin einer Frauen-Aktion fürs Frauen-Wahlrecht, die mit einem eingeschlagenen Schaufenster endet. Ein noch größerer Zufall führt sie bald darauf selbst aktiv in die Bewegung, die sich Suffragetten nennt.
Als Maud dann der berühmten Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst (Meryl Streep) zuhört, fängt sie endgültig Feuer. Die bis dahin unpolitische Frau identifiziert sich voll mit den Suffragetten und wirkt bei immer radikaleren Aktionen mit.
Dem Patriarchat der Staatsmacht sind die aufsässigen Damen freilich ein Dorn im Auge. Maud Watts wird, wie andere Aktivistinnen auch, mehrfach festgenommen. Ihre Ehe geht zu Bruch, ihr Sohn wird ihr weggenommen. Der Polizei-Inspektor Steed (Brendan Gleeson) versucht, aus Maud einen Spitzel zu machen. Doch sie lehnt ab und kämpft weiter – auch wenn sie das selbst in größte Gefahr bringt.
Das Frauen-Wahlrecht wurde in Großbritannien übrigens erst 1928 beschlossen. In Österreich und Deutschland sind Frauen seit 1918 wahlberechtigt,  in der Schweiz – man glaubt es kaum – bei Bundeswahlen erst seit 1971. Saudi-Arabien ließ Frauen vor ein paar Wochen, am 12. Dezember 2015, erstmals bei Kommunalwahlen zur Abstimmung zu.

Meryl Streep bei ihrem Kurzauftritt als Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst © Filmladen

DIE STARS: „Suffragette“ ist sehr prominent besetzt. Mit Carey Mulligan (eine Oscar-Nominierung),  Helena Bonham Carter (zwei Oscar-Nominierungen) und Meryl Streep (drei Oscars plus 16 Nominierungen) setzen sich Spitzenkräfte des Hollywood-Kinos für das Frauenrecht ein.
Zwei Gags am Rande: Meryl Streeps Rolle ist zwar eminent wichtig, aber so kurz, dass sie praktisch komplett im „Suffragette“-Trailer vorkommt. Helena Bonham Carter, die eine frühe Emanze spielt, ist eine Urenkelin des Politikers Herbert Henry Asquith. Der war von 1908 bis 1916 britischer Premierminister – und galt als strenger Gegner des Frauen-Wahlrechts.

Staatsmacht: Inspektor Steed (Brendan Gleeson) verhört Maud (Carey Mulligan) © Filmladen

DIE KRITIK:  „Warum sollte man den Frauen erlauben, zu wählen? Sie werden doch gut durch ihre Väter, Brüder und Ehemänner repräsentiert!“ So sprach, zitiert in „Suffragette“, das Patriarchat, als die Frauen Englands zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach dem Wahlrecht verlangten.
Das Doku-Drama von Regisseurin Sarah Gavron, das zum Teil auf realen Ereignissen beruht, hat einige solche Zitate wie Pflöcke in den Boden geschlagen. „Wir Frauen wollen keine Gesetze brechen – wir wollen Gesetze machen!“ ruft Meryl Streep als Suffragetten-Anführerin Emmeline Pankhurst bei einem flammenden Appell. Ihr Ansinnen wird von der Polizei freilich sogleich mit dem Niederknüppeln der anwesenden Damen beantwortet.
Und später, wenn die Feministinnen auch mal Dynamitstangen hochgehen lassen, um ihren Argumenten Nachdruck zu verleihen, begründen sie das so: „Der Krieg ist die einzige Sprache, bei der Männer zuhören.“

Frauenrechts-Kämpferin: Helena Bonham Carter (mit Film-Ehemann Finbar Lynch) © Filmladen

Es geht also mächtig zur Sache in „Suffragette“ – einem Film, in dem die Männer ihren Argumentations-Notstand nur dadurch kaschieren können, dass sie an den Hebeln der Macht sitzen. Während die Frauen alle Bewunderung der Welt für ihren Einsatz und ihren Mut verdienen. Einfache Arbeiterinnen wie Carey Mulligans Maud setzen sich genauso vehement für die weibliche Sache ein wie gutbürgerliche Damen (Helena Bonham Carter als Apothekerin Edith Ellyn) oder fortschrittliche Gattinnen rückschrittlich gesinnter Politiker.
Regisseurin Sarah Gavron malt hier aber kein Schwarz-Weiß-Bild der Londoner Verhältnisse von 1912, sondern sie lässt die Fakten reportagenartig für sich sprechen. Und es ist nun einmal eine Tatsache, dass es in England damals noch Kinderarbeit gab und dass sich viele Männer weniger als Partner denn als Eigentümer ihrer Frauen und Kinder fühlten.
„Suffragette“ ist reich an drastischen Szenen. Zugleich aber gibt es gloriose Wortduelle, in denen die Darsteller ihr ganzes Können einsetzen. Die Szenen zwischen Carey Mulligan und Brendan Gleeson (als Polizei-Inspektor) etwa sind nicht nur inhaltlich spannend, sondern auch als blitzender Dialog großer Schauspieler.
So entstand ein packendes Kino-Drama, das mit ruhiger Souveränität wichtige Themen aus einer unruhigen Zeit behandelt. Ein Happy End hat der Film natürlich nicht, weil sich die Frauen 1912 mit ihrem Wunsch nach dem Wahlrecht noch nicht durchsetzen konnten. Aber sie waren entschlossen auf dem Weg; getreulich dem Motto ihrer Vordenkerin Emmeline Broadhurst: „Gib dich nie geschlagen. Hör niemals auf zu kämpfen.“
 
IDEAL FÜR: Freunde und Freundinnen engagierter Filme, die sich wichtiger zeitgeschichtlicher Themen annehmen.






Trailer
LÄNGE: 107 min
PRODUKTION: Großbritannien 2015
KINOSTART Ö: 05.02.2016
REGIE:  Sarah Gavron
GENRE: Drama


BESETZUNG
Carey Mullligan: Maud Watts
Helena Bonham Carter: Edith Ellyn
Meryl Streep: Emmeline Pankhurst
Anne-Marie Duff: Violet Miller
Ben Whishaw: Sonny Watts
Brendan Gleeson: Arthur Steed