DIE STORY: Das Märchen für Erwachsene „Shape Of Water – Das Flüstern des Wassers“, nominiert für 13 Oscars, erzählt von der stummen Putzfrau Elisa (Sally Hawkins), die im Jahr 1962 in einer geheimen Einrichtung des US-Militärs arbeitet.
Eines Tages wird ein neues Forschungs-Objekt angeliefert: ein Amphibienmensch aus dem Amazonas. Elisa fühlt sich zu ihm hingezogen. Als das Militär beschließt, das rätselhafte Wesen zu töten, wird Elisa aktiv. Sie entführt kurzerhand den Amphibienmenschen und zieht sich damit den Zorn der Regierung zu.
DIE STARS: Regisseur Guillermo Del Toro hat sich für sein bildgewaltiges Märchen eine schöne Mannschaft zusammengesucht.
Sally Hawkins in der Hauptrolle ist eine kleine Sensation, wie herrlich unaufgeregt sie diese zarte Elisa spielt, die überhaupt nicht in unsere Welt passt. An ihrer Seite Octavia Spencer, die für mindestens zwei Personen quasselt – herrlich. Richard Jenkins als Nachbar darf mal wieder einen Außenseiter geben, was ihm sehr gut gelingt. Alle drei sind – so wie auch der Regisseur – für den Oscar nominiert.
DIE KRITIK: Man hätte schon fast denken können, dass sich der mexikanische Regisseur Guillermo Del Toro verrannt hat. Nach seinem überambitionierten Aliens-Roboter-Kampfspektakel „Pacific Rim“ und der blassen Gruselgeschichte „Crimson Peak“ war man auf einen neuen Film von ihm nicht mehr ganz so gespannt wie früher. Aber mit „Shape Of Water“ macht er wie schon in seinem frühen Glanzstück „Pan’s Labyrinth“ alles richtig.
In einer wundersam versponnenen Einführung sieht man Sally Hawkins als Elisa, die unter Wasser schwebend schläft. Dazu fragt die sonore Stimme ihres Nachbarn Giles (Richard Jenkins): „Was soll ich Ihnen erzählen von dieser Prinzessin, ihrem Geliebten und dem Monster, das alles kaputtmachen wollte?“
Wenig später wacht Elisa auf, bringt dem alleinstehenden Giles etwas zu essen und dann fährt sie zu Klängen von Soundtrack-Komponist Alexandre Desplat in die Arbeit. Jede Nacht kommt die junge stumme Dame in ein Institut, in dem sie gemeinsam mit ihrer stets zu bissigen Bemerkungen über Männer aufgelegten Bekannten Zelda (Octavia Spencer) die Labore putzt.
In diesem Labor entdeckt Elisa eines Tages einen Amphibienmenschen (gespielt von Del Toros Stammkraft für schräge und glitschige Rollen, Doug Jones), den der brutale Regierungsmitarbeiter Strickland (Michael Shannon mal wieder grandios böse) aus dem Amazonas mitbrachte.
Elisa merkt sehr schnell, dass sie zu diesem mystischen Wesen eine ganz eigene Beziehung aufgebaut hat, die, je länger dieser wunderbare Film dauert, immer versponnener, dramatischer und märchenhafter wird.
Wer in dieser Konstellation nun einen Guillermo Del Toro erwartet, der sich auf dem Feld des Horrors austobt, der könnte enttäuscht sein. Denn der Filmemacher hat hier das große Publikum im Auge. Allerdings sicher nicht die Kinder.
Denn zu Elisas Routinen gehört jeden Tag ein Bad und darin eine (überhaupt nicht peinlich gefilmte) Selbstbefriedigung. Auch sieht man Sally Hawkins mehrere Male nackt. In Zeiten der Überall-Verfügbarkeit von Pornos sicher kein Aufreger. Aber ein paar Moralapostel werden sich schon aufplustern.
Besonders hoch ist Guillermo Del Toro anzurechnen, dass er seine erlesen schönen Bilder und makellosen Kostüme und ständigen Spiele mit dem Wasser nicht einfach so stehen lässt. Er unterfüttert seine Geschichte (wie er es auch bei „Pan’s Labyrinth“ getan hat) mit Zeitgeschichte.
Dieses Mal ist es ein Ausflug in den Kalten Krieg, in dem die Russen und die Amerikaner um die Vorherrschaft in der Welt kämpfen. Zwischen diese Fronten gerät das Amphibienwesen, das offenbar Fähigkeiten besitzt, die fürs Militär hochinteressant sind. Und mit ihm auch Elisa, die wie eine dunkle 60er-Jahre-Version von „Amélie“ wirkt, und ihr schwuler Nachbar Giles.
Das Wesen aus dem Amazonas hat etliche Referenzen in der Filmgeschichte. Aber Guillermo Del Toro erschafft etwas komplett Eigenständiges - ein Meisterwerk des Phantastischen, das schon im September 2017 mit dem Goldenen Löwen von Venedig ausgezeichnet wurde. Die 13 Oscar-Nominierungen sind absolut gerechtfertigt.
IDEAL FÜR: Menschen, die Märchen und Romanzen lieben. Guillermo Del Toro ist wieder zurück in seinem Fantasy-Grusel-Reich, in dem er sich den Thron mit Tim Burton teilt.