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Selma
Auf dem langen Marsch zu den Bürgerrechten
DIE STORY: Das Bürgerrechts-Drama „Selma“ führt zurück in eine düstere Epoche der USA, die erst 50 Jahre zurückliegt.
Alabama, 1965. Die von weißen Rassisten durchsetzte Verwaltung des rechten Gouverneurs George Wallace (Tim Roth) versucht mit allen Mitteln, die Rechte der dunkelhäutigen Bürger zu unterdrücken – und hier ganz besonders das Wahlrecht.
Der Bürgerrechtler Martin Luther King (David Oyelowo), frischer Friedens-Nobelpreisträger, drängt auf eine Verbesserung der Situation. Doch Präsident Lyndon B. Johnson (Tom Wilkinson) taktiert noch.
Als ein Schwarzer bei einer Demonstration in der Stadt Selma stirbt, eskaliert die Situation. King will mit seinen Anhängern einen Protestmarsch von Selma nach Montgomery, in die Hauptstadt Alabamas, durchführen. Doch die Demonstranten kommen nicht weit. Sie werden gewaltsam von der Exekutive gestoppt. Jetzt allerdings mischen sich Bürgerrechtler aus dem ganzen Land in den Konflikt ein.
DIE STARS: Das ur-amerikanische Doku-Drama „Selma“ hat ein Ensemble, das in den wichtigsten Rollen mit Engländern besetzt ist: David Oyelowo (Martin Luther King) und Carmen Ejogo (Coretta Scott King), Tom Wilkinson (Lyndon B. Johnson) und Tim Roth (George Wallace) – sie alle wurden in Großbritannien geboren. Andere Darsteller wie TV-Diva Oprah Winfrey (sie zählt auch zum Produktionsteam) oder Giovanni Ribisi sind in den USA daheim.
DIE KRITIK: Einfach über die Brücke gehen. Über die Brücke gehen und dann weiter, in einem großen Demonstrationszug, in die Hauptstadt. Um dem Gouverneur und seinen Leuten einmal ganz klar zu verstehen zu geben, dass das so nicht weitergehen kann mit dem weißen Herrenmenschentum in Alabama.
Für die Demonstranten aus Selma, schwarz, bleibt das 1965 ein Traum. Denn jenseits der Brücke wartet die martialisch gerüstete Staatsmacht, weiß. Und die hat nicht das geringste Interesse daran, dass sich an den Verhältnissen etwas ändert. Die Uniformierten sind nur zu gerne bereit, ihren Argumenten schlagkräftig Nachdruck zu verleihen.
Die Nachbildung dieser großen Konfrontation ist eine der effektvollsten Szenen in „Selma“. Das Drama der Regisseurin Ava DuVernay wechselt geschickt zwischen Aktion und Dialog, zwischen kleinen Begegnungen und großer Politik.
Mal wird man Zeuge, wie eine schwarze Bürgerin (Oprah Winfrey) so lange von einem weißen Beamten mit sinnlosen Fragen abgeprüft wird, bis der zufrieden den Stempel „Abgelehnt“ auf den Wahlrechts-Antrag der Frau drücken kann. Mal ist man dabei im Weißen Haus, wenn Martin Luther King und Lyndon B. Johnson (die Darsteller David Oyelowo und Tom Wilkinson treffen den Tonfall ihrer Vorbilder im Original perfekt!) über gesetzliche Maßnahmen debattieren, mit denen die Lage der Afro-Amerikaner verbessert werden soll. Und dann geht es wieder hinaus auf die Straße, wo die Bürgerrechts-Bewegung immer größer und immer bunter wird.
„Selma“ wurde zu Recht unter jene acht Produktionen eingereiht, die bei den Oscars um den Titel des besten Films des Jahres antreten. Dass der Name der Regisseurin Ava DuVernay bei den Nominierungen fehlt, wirkt da regelrecht grotesk. Denn ihre sensible und energische Inszenierung hat maßgeblichen Anteil daran, dass „Selma“ so stark auf das Publikum wirkt – analytisch genauso wie emotional.
Wie man weiß, haben die Bürgerrechtler um Martin Luther King (der 1968 ermordet wurde) den Kampf ums Wahlrecht damals gewonnen. Der Film setzt King ein wahrhaft würdiges Denkmal. Und er zeigt, wie viel sich in den USA seither verändert hat: Dass ein African American jemals Präsident werden könnte, war in der Gedankenwelt des Jahres 1965 wohl unvorstellbar.
IDEAL FÜR: Freunde des realistischen Kinos, die ein Interesse an (Welt-)Politik mitbringen.
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