DIE STORY: Der Filmemacher Gianfranco Rosi hat für die Dokumentation „Seefeuer“ („Fuocoammare“) ein Jahr lang auf der italienischen Insel Lampedusa gelebt. Dort filmte er den Alltag der Einheimischen ebenso wie die Boote, die Tag für Tag überfüllt mit Flüchtlingen auf die Insel zusteuern. Aus beiden Themen hat er einen Mix gemacht, der sehr gut in die heutige Zeit passt.
DIE STARS: Gianfranco Rosi ist – wenn man so möchte – einer der neuen Stars der internationalen Dokumentar-Szene. Seine letzten beiden Filme „Das andere Rom“ und nun auch „Seefeuer“ überzeugten die Jurys bei großen Festivals.
Mit „Das andere Rom“ gewann er 2013 den Goldenen Löwen von Venedig und mit „Seefeuer“ den Goldenen Bären der Berlinale 2016. Rosis Stil ist der eines stillen und sperrigen Beobachters, der es dem Zuschauer alles andere als leicht macht, sich in seinen Werken wohl zu fühlen.
DIE KRITIK: „Seefeuer“ zeigt Bilder, die seit Monaten allgegenwärtig sind. Menschen auf Booten, die über das Meer kommen und in Europa nach einem neuen, besseren Leben suchen. Ob nun in Zeitungen oder im TV oder online, sie sind nicht zu übersehen. Gianfranco Rosi wollte einen Blick hinter die Kulissen werfen. Er wollte zeigen, wie es den Menschen geht, die sich der Gefahr für Leib und Leben aussetzen. Mit diesem Ansinnen ist er meiner Meinung fast auf ganzer Linie gescheitert.
Rosis Weg des Filmemachens leuchtet im Prinzip ein. Er möchte nicht sofort zu den Flüchtlingen schauen. Über Monate hinweg hat er sich das Vertrauen der Menschen von Lampedusa erarbeitet. Und das will er nun auch zeigen. Minutenlang ist ein Junge im Bild zu sehen, der auf der Insel spielt. Oder eine Mutter, die den Haushalt macht und nebenbei Radio hört. Oder der ortsansässige Radio-DJ, der nicht so recht weiß, welche Musik er als nächstes spielen soll. All das zeigt Rosi in einer Ausführlichkeit, dass der Zuschauer dicht dran ist am Genervtsein.
Wenn sich Rosi dann aber den Flüchtlingen widmet, wenn er ganz dicht ran geht an ihre von der Entbehrung gezeichneten Gesichter. Wenn der Funker auf Lampedusa ein ums andere Mal versucht zu erfragen, wo sich die Flüchtlinge denn genau auf dem Meer befinden. In diesen Momenten bewegt einen der Film sehr intensiv und geht auch gewaltig über das hinaus, was man jeden Tag medial vorgesetzt bekommt. Aber allzu schnell wechselt Rosi wieder die Perspektive und bleibt im banalen Alltag hängen.
Fazít; „Seefeuer“ ist ein Film, der sicher gut gemeint ist. Gut gemacht ist er auf keinen Fall.
IDEAL FÜR: Doku-Fans, die zum Flüchtlingsthema Bilder jenseits der täglichen TV-Berichterstattung sehen wollen.