Searching

Spannung und starke Bilder


FilmClicks:
Vermisstensuche im Internet-Zeitalter: John Cho im Hochspannungs-Thriller „Searching“ © Sony
GESAMTEINDRUCK: „Searching“ ist ein ungemein spannender Thriller, in dem es um die Suche nach einem verschwundenen Mädchen geht. Visuell ist der Film spektakulär: „Searching“ wurde aus der Kamera-Perspektive der Kommunikationsgeräte von heute gedreht – vom  Smartphone bis zum Laptop.
 
DIE STORY: Es beginnt als Vater-Tochter-Beziehung im modernen Stil: Der verwitwete David Kim (John Cho) kommuniziert mit seiner 16-jährigen Tochter Margot (Michelle La) vorzugsweise via Skype, FaceTime oder WhatsApp. Doch eines Tages kommen von Margot keinerlei Signale mehr. Ist sie ausgerissen oder einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Die Ermittlungen der Polizistin Rosemary Vick (Debra Messing) lassen Schlimmes befürchten. Währenddessen durchforstet der verzweifelte Vater die elektronischen Archive seiner Tochter. Und sucht eine möglicherweise entscheidende Spur.

Wo ist Margot (Michelle La)? Die 16-Jährige verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen © Sony

DIE STARS: „Searching“ ist einer der ersten Mainstream-Thriller aus Hollywood mit Hauptdarstellern, deren Wurzeln in Asien liegen. Der aus Indien stammende Regisseur Aneesh Chagranty engagierte für die Vater- und Tochter-Rollen die Korea-Amerikaner John Cho („Star Trek“) und Michelle La („Gilmore Girls“).
Debra Messing, die durch die TV-Sitcom „Will & Grace“ bekannt wurde und die nun die Ermittlerin Rosemary Vick spielt, ist eine gebürtige New Yorkerin.

Die Polizei startet eine große Suchaktion nach dem Mädchen © Sony

DIE KRITIK: Üblicherweise empfehlen wir bei amerikanischen Filmen ja gern die Originalfassung, aber bei „Searching“ ist das anders. Da übt schon die Synchronisation einen ganz eigenen Reiz aus.
Im Synchronstudio hat man sich nämlich nicht damit begnügt, die Dialoge dieses kalifornischen Kriminalfalls möglichst akkurat ins Deutsche zu übersetzen. Da man in jeder Einstellung auf die Bildschirme von Laptops, Mobiltelefonen oder TV-Geräte blickt, wartete noch eine viel größere Aufgabe: Fast alle Inschriften der Websites, die man zu Gesicht bekommt, werden in deutscher Sprache angezeigt (das Szenenfoto oben stammt aus dem englischen Original). Bedenkt man, wie viele Worte auf einer durchschnittlichen Google- oder WhatsApp-Seite vorkommen, kann man den Machern zu dieser Akribie nur gratulieren.
Allerdings: Ist es nicht schrecklich statisch und beschränkt es nicht den Aktionsradius der Schauspieler, wenn fast jede Einstellung von der Maske einer Website ummantelt ist? Die Antwort: Im Prinzip schon. In der Realität von „Searching“ allerdings gar nicht. Zwar gibt es kaum eine Szene, in der zwei Darsteller wie auf einer Bühne miteinander spielen. Aber durch die Vielzahl der Bildschirm-Eindrücke, die da im Höchsttempo dahinrattern, bekommt der 103-Minuten-Film einen ganz eigenen optischen Reiz.
Man sitzt amüsiert und aufmerksam im Bildgewitter und zittert gleichzeitig mit dem Vater und den Polizisten mit, ob es ihnen gelingt, die verschwundene 16-jährige Margot wieder lebendig aufzuspüren.
Diese Doppelgleisigkeit – einerseits der rasante und raffiniert konstruierte Thriller, andererseits die außergewöhnliche visuelle Form – hat „Searching“ in den USA zum Überraschungs-Hit werden lassen. Die Kinos sind voll, obwohl man in dieser Story keinen einzigen Star zu Gesicht bekommt.
Das könnte auch in unseren Breiten funktionieren, Man schaut fasziniert und gleichzeitig mit leichtem Gruseln zu, wie sich hier in einer Kleinfamilie die Kommunikation immer mehr von der persönlichen Begegnung zum unpersönlichen Austausch via Elektronik verschiebt.
Man bekommt mit leichter Hand Medienkritik serviert und man fragt sich, ob den Menschen nicht etwas fehlt, wenn sie einander nur noch per WhatsApp oder Facetime begegnen. Die Antwort auf diese Frage folgt, wenn der Kriminalfall beginnt: Vater David Kim muss dann feststellen, dass er von den wahren Freuden und Sorgen, den Freunden und Widersachern seiner Teenager-Tochter kaum etwas weiß (so etwas soll allerdings auch in elektronisch weniger vernetzten Familien vorkommen).
Kurzum: „Searching“ ist ein Film, der den Betrachter mit fast magnetischer Kraft immer tiefer ins Geschehen auf der Leinwand verstrickt. Dieser Thriller verknüpft Hochspannung mit tieferer Bedeutung – und er hat obendrein alle Anlagen dazu, in die Filmgeschichte einzugehen.
Ist diese Prophezeiung nicht übertrieben? Nein: In zehn oder 15 Jahren wird „Searching“ ein fesselndes Dokument dafür sein, auf welch altmodische Art und Weise damals anno 2018 die elektronische Kommunikation funktionierte.
 
IDEAL FÜR: Thriller-Fans und Computer-Freaks, die es genießen, mal einen ganzen Film lang aufs Handy oder aufs Tablet blinzeln zu dürfen. Und für Zeitgenossen, die sich ihren Widerwillen gegen allzu viel Elektronik bestätigen lassen wollen.   






Trailer
LÄNGE: 103 min
PRODUKTION: USA 2018
KINOSTART Ö: 20.09.2018
REGIE:  Aneesh Chaganty
GENRE: Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 10


BESETZUNG
John Cho: David Kim
Sara Sohn: Pamela Nam Kim
Michelle La: Margot Kim
Joseph Lee: Peter Kim
Debra Messing: Detective Vick