Schlagerstar
„A bissl mehr aufschluchzen"
DIE STORY: „Schlagerstar“ begleitet Marc Pircher, einen der Großen aus der Szene der volkstümlichen Musik, im Tonstudio sowie bei seinen Auftritten zwischen Musikantenstadl und Bierzelt, Groß-Disco und Kreuzfahrtschiff.
DER STAR: Marc Pircher präsentiert sich als Tiroler mit sonnigem Gemüt, der im Konzert unbekümmert „Lady Unbekannt“ mit „Gib mir die Hand“ reimt. Auch jenseits der Bühne schüttelt er jede Hand, die sich ihm entgegenstreckt.
KURZKRITIK: Die Regisseure Marco Antoniazzi und Gregor Stadlober rücken den volkstümlichen Furor zwischen Hum-Ta-Ta und Dirndl-Groupies unkommentiert ins Bild, und das ist gut so. Allerdings sind 90 Filmminuten fast zu viel, weil bald alles über das Thema gesagt ist.
IDEAL FÜR: urbane Zeitgenossen, die darüber staunen wollen, welch heftig pulsierende volkstümliche Parallelwelt in ihrer Umgebung existiert. Und natürlich für alle Marc-Pircher-Fans.
FILMCLICKS-KRITIK. „Wie oft ist nur / ein kleines Wort“, singt Marc Pircher. Er singt es wieder und wieder, mal so und mal so. Doch sein Gegenüber im Tonstudio ist nicht zufrieden. „Tua’s a bissl mehr aufschluchzen“, empfiehlt der Mann an den Reglern. Pircher schluchzt auf. „Wie oft ist nur / ein kleines Wort / im Augenblick / zu viel“. Die Aufnahme ist im Kasten. Alles wird gut.
Marc Pircher, 35, Akkordeon-Spieler und Sänger aus Ried im Zillertal, ist ein Star im flachsinnigen, aber weiten Land des volkstümlichen Schlagers. „Schlagerstar“ ist sein Film. Allerdings kein Musikvideo im gewohnten Stil, das einen Künstler anhimmelt. Die Regisseure Marco Antoniazzi und Gregor Stadlober folgen dem Tiroler auf seinen Wegen und überlassen es dem Kinopublikum, sich selbst einen Reim auf den fröhlichen Sänger und seine Verse zu machen.
Marc Pircher singt: „Du bist der Wahnsinn / der mich aus der Bahn bringt / das halt ich nicht aus“. Das kann man ganz toll finden wie die zahllosen, oft schon etwas angejahrten Fans in den Bierzelten, Discos und Konzertsälen, in denen der Tiroler unermüdlich auftritt.
Man kann angesichts dieses aus der Bahn bringenden Wahnsinns allerdings auch zu kichern beginnen und zu staunen darüber, mit welch himmelschreiend schlichten Mitteln und simplen Melodien die volkstümliche Musik große Menschenmassen bewegt.
Wenn Pircher versucht, aus den Zeilen „Singt’s was G’scheits, spielt’s was G’scheits“ einen gescheiten Ohrwurm zu drechseln, dann steckt viel Situationskomik in der Szene. Wenn er klagt, „unsere Sparte ist immer ein bissl belächelt worden“, wird so mancher Zuschauer zustimmend mitlächeln. Wenn die Pircher-Fans aber in verzückte Raserei geraten, weil ihr Idol vorträgt, seine Klänge „mag a jeder gern / vom Bauern bis zum feinsten Herrn“, dann verschlägt es den der Volkstümlichkeit Fernstehenden allmählich die Sprache.
In den ersten 30 Minuten ist „Schlagerstar“ ein richtig toller Film, doch später beginnt er, an der musikalischen und gedanklichen Schlichtheit seines Themas zu leiden. Dann hat man (als Nicht-Volkstümlicher) genug Polkas und Boarische und ländliche Walzer gehört fürs nächste halbe Jahr, und man verbringt die Zeit damit, darauf zu warten, dass Herr Pircher wieder einmal ein paar erhellende Pointen rausschiebt.
„Zuerst kommt die Mafia. Dann kommt die Prostitution, und dann kommt die Volksmusik“, sagt der Schlagerstar einmal resigniert über den Stellenwert seiner Szene. Und er bekundet eine gewisse Amtsmüdigkeit. Doch wenn man ihn dann auf der Bühne sieht, merkt man: Dem Mann machen seine immer gleichen Polkas und Boarischen und ländlichen Walzer einfach Spaß. Nicht nur das: „Von meiner Musik kann man wenigstens leben“, sagt er irgendwann. „Viele Rockmusiker können sich gar nicht vorstellen, wie gut man hier verdient.“