Saving Mr. Banks
Walt Disney und die spröde Dichterin
DIE STORY: „Saving Mr. Banks“ ist eine berührende Geschichte über die Kunst und das Leben, die einen realen und scheinbar trivialen Hintergrund hat: Den Kampf von Walt Disney (Tom Hanks) um die Filmrechte am Kinderbuch-Klassiker „Mary Poppins“.
„Saving Mr. Banks“ beginnt 1961: Seit 20 Jahren schon bemüht sich Walt Disney um „Mary Poppins“, doch seit 20 Jahren sagt P. L. Travers (Emma Thompson), die höchst eigenwillige Autorin des Bestsellers, kategorisch Nein. Nun aber wird bei Travers das Geld knapp: Sie willigt ein, zu Verhandlungen und einem Drehbuch-Workshop nach Hollywood zu kommen. Die Tage werden für Skript-Autor Don DaGradi sowie die Komponisten Richard und Robert Sherman zur Hölle. Travers zickt wild herum, lehnt fast alle Ideen der Filmprofis ab und fliegt schließlich zurück nach London, ohne einen Vertrag unterschrieben zu haben.
Wie konnte die Story um das Kindermädchen Mary Poppins, 1965 mit fünf Oscars ausgezeichnet, dann trotzdem zum Film werden? Walt Disney, der sich das Projekt nun einmal in den Kopf gesetzt hat, reist der rabiaten Autorin hinterher. Als er erkennt, dass „Mary Poppins“ für Travers viel mehr ist als ein Kinderbuch (nämlich eine Parabel über die träumerischen, aber auch tragischen Ereignisse ihrer Kindheit), hält er den Schlüssel zu ihrem Herzen in der Hand. Der Film wird gedreht.
DIE STARS: Das Disney-Studio hat für diese Disney-Produktion über Walt Disney natürlich eine edle Besetzung bewilligt. Tom Hanks spielt den Filmmogul als jovialen, onkelhaften Typ, der jeden in seiner Umgebung mit dem Vornamen anredet und stets gute Laune verbreiten will. Emma Thompson ist absolut hinreißend als P. L. Travers: Die Lust und die Virtuosität, mit der sie die Neurosen dieser bockigen Lady ausspielt, hätte eine Oscar-Nominierung verdient gehabt. Paul Giamatti adelt die Nebenrolle von Travers Chauffeur, der die Schriftstellerin geduldig und mit viel Charme durch Los Angeles geleitet. Colin Farrell spielt als hinreißender, aber schwer problembehafteter Vater der jungen Travers die wohl zärtlichste und phantasievollste Rolle seines Lebens.
DIE KRITIK: „Saving Mr. Banks“ ist ein Film voll Humor und Sentiment, der mehrere Ebenen kunstvoll verknüpft. Zunächst ist da die ziemlich komische Geschichte über die rechtschaffen durchgeknallte „Mary Poppins“-Autorin, die mit ihrem ständigen Nein Walt Disney und seinem Team ein paar unvergessliche Tage beschert. Außenstehenden mag dieser Guerillakrieg um die Details eines Drehbuchs absurd erscheinen. Doch wer schon miterlebt hat, wie große Filme oder Bühnen-Inszenierungen mitunter am Rande des Wahnsinns entstehen, der weiß: Die Groteske, die sich hier abspielt, ist purer Realismus.
Die Kindheitsgeschichte von P. L. Travers, welche die Szenen aus der Disney-Welt immer wieder unterbricht, erzählt, wie die Dichterin zu ihrem schwierigen Wesen kam. Sie wuchs in der australischen Provinz auf, mit einer depressiv angehauchten Mutter und einem vergötterten Vater, der dem Kind die Pforten zum Fabulieren öffnete: „Die Welt ist nur eine Illusion“. Der Mann, der die Tage seiner Tochter offenbar mit tausend Wundern füllen konnte, hasste seinen Beruf als Sparkassendirektor, und er hatte ein veritables Alkoholproblem, das zu seinem frühen Tod führte. Die Beziehung zwischen Vater und Tochter ist, so lernt man in „Saving Mr. Banks“, ein verschlüsselter und wichtiger Bestandteil von „Mary Poppins“.
Regisseur John Lee Hankock integriert die Szenen aus Australien mit vielen Zwischenschnitten, doch ohne Kommentar in die Haupthandlung. Das steigert die Spannung, weil man zunächst den roten Faden suchen muss, der die Erzählstränge miteinander verbindet. Gemindert wird die Spannung aber wieder dadurch, dass die Kindheits-Sequenzen manchmal allzu langatmig und gefühlsduselig inszeniert sind.
Doch das kann den positiven Eindruck des Films nicht wirklich mindern. „Saving Mr. Banks“ erzählt eindrucksvoll von den verschlungenen und mühsamen Pfaden zur Kunst. Und davon, welche tiefen seelischen Narben oft das Fundament für große künstlerische Leistungen sind.
IDEAL FÜR: „Mary Poppins“-Fans. Für Disney-Fans. Und für alle, die mal einen Blick hinter die Kulissen von Hollywood werfen wollen.