Sag nicht wer du bist!

Schwules Begehren und Hitchcock-Gefühle in Kanada


FilmClicks:
Kanadas Film-Wunderkind Xavier Dolan: Autor, Regisseur und Hauptdarsteller © Filmladen
DIE STORY: „Sag nicht, wer Du bist!“ ist ein Film-Rätsel über schwule Liebe auf dem Lande und die große Liebe überhaupt. Der junge Werbeagent Tom (Xavier Dolan) hat seinen Lover (oder vielleicht Ehemann) Guillaume verloren. Als er zu dessen Beerdigung von Montreal aus  aufs Land fährt, muss er feststellen, dass ihn dort niemand erwartet.
Guillaumes Mutter hatte keine Ahnung, dass ihr Sohn schwul war. Tom beschließt, für eine Weile bei der Familie zu bleiben und gerät dabei immer mehr in die Abhängigkeit von Guillaumes brutalem Bruder Francis (Pierre-Yves Cardinal), der seine eigene schwule Seite nie ausleben konnte.
                          
DIE STARS: Man nennt ihn nicht von ohne das kanadische Wunderkind: Xavier Dolan, 25, der im Mai 2014 in Cannes mit „Mommy“ Furore machte. All seine Werke sind Ereignisse, Spektakel. Aber zuallererst sehr gute Filme. In dieser Produktion, die 2013 entstand,  überzeugt Dolan sowohl als feinfühliger Regisseur als auch in der Hauptrolle als Tom.
 
DIE KRITIK: Der Mann haut großartige Filme raus wie andere Kollegen Ankündigungen. Wie sein großes Vorbild Rainer Werner Fassbinder schafft Xavier Dolan mindestens einen Film pro Jahr. Im letzten Sommer das bildgewaltige „Laurence Anyways“. Im kommenden Winter startet der überragende „Mommy“ im Kino. Und nun – quasi als Fingerübung für zwischendurch – eine verrätselte Hommage an Hitchcock und schwules Leben auf dem Dorf.
Nicht alles ist toll an diesem Film. Man muss erst einmal über einige Hürden springen, bis man beim Kern angekommen ist. Tom (Xavier Dolan) fährt aufs platte kanadische Land. Sein Lebensgefährte Guillaume ist gerade gestorben, soll beigesetzt werden.
Toms Erstaunen ist groß, als nicht nur niemand auf ihn wartet. Es kennt auch keiner von Guillaumes Angehörigen seinen Namen. Guillaume hatte daheim niemandem davon erzählt, dass er schwul ist.
Normalerweise würde man wohl dem Impuls folgen und sofort diesen Ort verlassen. Aber Tom bleibt und hilft Guillaumes Mutter (Lise Roy), die Trauer über den verlorenen Sohn zu verarbeiten. Tom bleibt auch, als der Bruder von Guillaume auftaucht. Francis (Pierre-Yves Cardinal) weiß vom wahren Leben seines Bruders und verprügelt Tom erst einmal, damit der seinen Mund hält.
Der nächste logische Grund, diesen Ort zu verlassen. Tom bleibt. Und wenn der Zuschauer auch bleibt, erlebt er nun ein faszinierendes Kammerspiel. Francis verliebt sich in Tom, kann aber aus seiner homophoben Rolle nicht heraus. Als Beweis, dass Guillaume nicht schwul war, soll seine angebliche Geliebte aufs Dorf kommen. Als die erscheint, wird es völlig verrückt. Denn es ist komplett unklar, wer jetzt gegen wen intrigiert.
Xavier Dolan setzt in „Sag nicht wer du bist!“ – für ihn untypisch – sehr wenige filmische Mittel ein. Dafür steigert er sehr schön bis zum Finale die Spannung.
   
IDEAL FÜR: Arthaus-Kinogänger, die es mögen, wenn ihnen nicht der ganze Film erzählt wird. Das komplette Puzzle darf man schön nach dem packenden Kinobesuch zusammensetzen.






LÄNGE: 105 min
PRODUKTION: Kanada / Frankreich 2013
KINOSTART Ö: 05.09.2014
REGIE:  Xavier Dolan
GENRE: Drama


BESETZUNG
Xavier Dolan: Tom
Pierre-Yves Cardinal: Francis
Lise Roy: Agathe