GESAMTEINDRUCK: „Red Sparrow“ ist über weite Strecken ein langweiliger Spionage-Thriller ohne Esprit. Im Finale, bei zwei sadistischen Folter-Szenen, wird der Film zum Ärgernis.
DIE STORY: Jennifer Lawrence spielt in „Red Sparrow“ eine Primaballerina des Moskauer Bolshoi Theaters, die nach einem Tanz-Unfall beruflich umsatteln muss. In der „Hurenschule“ des russischen Geheimdienstes lässt sich diese Dominika Egorova zur Agentin und professionellen Verführerin ausbilden. Ihr erster großer Einsatz führt nach Budapest, wo sie auf den CIA-Mann Nate Nash (Joel Edgerton) angesetzt wird. Sie soll ihm die Informationen über einen Maulwurf entlocken; einen russischen Agenten, der auch für die Amis arbeitet. Doch Dominika und Nate verlieben sich ineinander.
DIE STARS: Jennifer Lawrence und Joel Edgerton, dazu Charlotte Rampling, Jeremy Irons und Matthias Schoenarts: Dem „Red Sparrow“-Regisseur Francis Lawrence, einem in Wien geborenen Sohn amerikanischer Eltern, steht ein Ensemble der Extraklasse zur Verfügung.
DIE KRITIK: Zu einem guten Agententhriller gehört, das weiß jeder Bond-Fan, ein guter Drink; geschüttelt oder gerührt. „Red Sparrow“ wirkt da vergleichsweise so, als würde man einen edlen Whisky on the rocks bestellen und dann feststellen, dass im Glas nur ein paar Eiswürfel schwimmen.
Das Elend dieses mit 141 Minuten grotesk überlangen Krimis beginnt bei der Story. „Red Sparrow“ verplempert eine halbe Stunde damit, die Protagonisten vorzustellen und das Unglück der Ballerina Dominika Egerova zu schildern, die durch ihren Bühnensturz zur Tanzinvalidin wird.
Wenn Jennifer Lawrence als Dominika dann das erpresserische Angebot ihres sinistren Onkels Ivan (Matthias Schoenarts) annimmt, zum Geheimdienst zu gehen (sonst würde ihre arme kranke Mutter aus der Wohnung geworfen), klingt das zwar eher nach Grimms Märchen als nach einem coolen Thriller, aber immerhin: Die Szenen in der „Hurenschule“ des russischen Nachrichtendienstes geben Charlotte Rampling Gelegenheit, als grimmige Mutter der Kompanie zu glänzen. Und Jennifer Lawrence zeigt bei der Ausbildung zum Spionage-Callgirl ein bisschen nackte Haut.
Der Rhythmus des Films ist da aber längst außer Takt geraten, zumal auf die ewig lange Einleitung ein mausmäßiger Hauptkonflikt folgt: Die Jagd der Russen nach dem Maulwurf, dem Doppelagenten in den eigenen Reihen, ist spannungslos und hölzern inszeniert. Die exzellenten Schauspieler wirken angesichts der holprigen Dialoge so unterfordert, als würde ein Shakespeare-Ensemble einen Groschenroman mit verteilten Rollen vortragen.
Ärgerlich ist die Tatsache, dass dieser Thriller des Jahrgangs 2018 so tut, als stünde die Welt inmitten des Kalten Kriegs der Siebziger Jahre: Regisseur Francis Lawrence (mit Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence nicht verwandt) lässt keine Gelegenheit aus, die Russen als böse, hinterhältige und sadistische Schurken zu schildern. Währenddessen die Amerikaner das Edle und Gute in der Welt verkörpern.
A propos Sadismus: Gegen Ende hin leistet sich der bis dahin müde dahinplätschernde Film zwei grobe Fehltritte. Zwei brutale Folterszenen (an denen Jennifer Lawrence mal passiv und mal aktiv beteiligt ist) werden so ausführlich und voll sabbernder Gewalt-Geilheit ins Bild gerückt, als wäre „Red Sparrow“ ein Lehrvideo für professionelle Menschenschinder. Eklig.
IDEAL FÜR: Jennifer-Lawrence-Fans, die ihr Idol mal in einem schlechten Film sehen wollen.