GESAMTEINDRUCK: „Rebellinnen“ ist eine prima Thriller-Komödie aus Frankreich, die mit ihrer Mischung aus groteskem schwarzem Humor und überdrehter Gewalt gekonnt dem Stil von Quentin Tarantino oder den Coen Brothers nacheifert.
DIE STORY: Die einstige Provinz-Schönheitskönigin Sandra (Cécile de France) kehrt nach einer missglückten Beziehung in ihre graue nordfranzösische Heimat zurück, wo sie einen Job in einer Fischfabrik annimmt. Dort ist sie bald in den unglücklichen Todesfall ihres lüsternen Chefs verwickelt, der es nicht lassen kann, sie sexuell zu bedrängen. Gemeinsam mit den Kolleginnen Nadine (Yolande Moreau) und Marilyn (Audrey Lamy) findet Sandra einen originellen Weg, die Leiche zu beseitigen. Zugleich finden die drei Grazien im Spind des Verblichenen eine Tasche, deren Inhalt sie behalten wollen. Doch die Polizei und ein Gangstersyndikat haben andere Pläne.
DIE STARS: Die 43-jährige Cécile de France (Sandra), die trotz ihres schönen Namens eine gebürtige Belgierin ist, zählt seit Jahren zu den begehrtesten Schauspielerinnen der französischen Szene. 2020 werden wir sie an der Seite von Tilda Swinton und Bill Murray in Wes Andersons neuem Film „The French Dispatch“ sehen. Audrey Lamy (Marilyn) wurde bei uns durch Filme wie den Polizeithriller „Poliezei“ oder die Culture-Clash-Komödie „Ein Lied in Gottes Ohr“ bekannt. Yolande Moreau (Nadine) war 2001 in „Die fabelhafte Welt der Amélie“ dabei und zeigte zuletzt in „Das brandneue Testament“ ihr Talent für exaltierten Humor.
Regisseur und Co-Autor Allan Mauduit kommt vom Fernsehen, wo er Hits wie die Comedy-Serie „Kaboul Kitchen“ drehte. „Rebellinnen“ ist sein erster Kinofilm.
DIE KRITIK: Es ist ja immer schön, wenn das Kino sein Publikum nicht nur gut unterhält, sondern auch bildet. In „Rebellinnen“ lernt man zum Beispiel, wie tote Fische in die Fischkonservendose kommen: Sie werden von fleißigen Arbeiterinnen einfach hineingeschmissen. Und wenn ein Fisch zu lang ist für die Dose? Die erfahrene Werktätige Nadine empfiehlt ihrer neuen Kollegin Sandra: „Dann musst du ihn abhacken, an der Seite, wo der Schwanz ist.“
Dieser Satz leitet über zu den Ereignissen, die Sandra jenseits des Fließbands widerfahren. Als der geile Abteilungsleiter Jean-Mi (Patrick Ridremont) der schmollmündigen Schönen nachstellt, schlägt Sandra auf der Flucht eine Spind-Tür zu. Was dazu führt, dass Jean-Mi eines Gliedes verlustig geht. Jenes Gliedes, das nur Männer besitzen, Frauen aber nicht. Und während die herbeigeeilten Kolleginnen Nadine und Marilyn noch beratschlagen, wie dem stöhnenden und stark blutenden Mann geholfen werden kann, haucht Jean-Mi sein Leben aus. Jetzt ist er tot. Und die prallgefüllte Tasche voller 100-Euro-Noten, die die Damen bei ihm entdecken, ist ohne Besitzer. Und damit fängt der Krimi erst so richtig an.
Es wäre jetzt gemein, zu verraten, was alles auf die Frauen und auf das Publikum zukommt. Nur so viel: Es passiert eine Menge; mit einigen sehr überraschenden Wendungen. „Rebellinnen“ ist eine feine Mischung aus Film Noir und grotesker Komödie, wobei sich der schwarze Humor immer wieder blutrot färbt, wenn irgendwo die Knarren knallen.
Die Thriller-Farce besticht aber nicht nur als Unterhaltungsfilm. „Rebellinnen“ ist auch ein Emanzipations-Stück. Sandra, Nadine und Marilyn sind drei Frauen, die stets auf die Schattenseite des Lebens fielen. Doch nun, mit einem Euro-Schatz als Ziel, wollen sie auch einmal zu den Gewinnerinnen zählen. Und sie entwickeln ungeahnte Kräfte, um diesem Ziel näher zu kommen.
Gewiss, die Damen sind dabei mit Gerätschaften unterwegs, die man im wirklichen Leben unter keinen Umständen im Einsatz sehen will (zum Beispiel mit der abgesägten Schrotflinte). Doch die Gewaltszenen sind derart überhöht inszeniert, dass man sie nicht als real, sondern als Symbol versteht – für den Kampf dreier Frauen, die um gleiche Rechte in einer von Männern dominierten Welt ringen.
Die Hauptdarstellerinnen agieren übrigens absolut hinreißend. Cécile de France ist zum Verlieben als abgebrühte und zugleich gefühlvolle Provinz-Schönheit Sandra, die alle Tricks beherrscht, mit denen man Männer aufs Glatteis führen kann. Yolande Moreau präsentiert die Nadine anfangs als Dumpfbacke vom Lande – die allerdings bald beweist, dass sie es faustdick hinter den Ohren hat. Und Audrey Lamy modelliert die Alleinerzieherin Marilyn als hysterisches Temperamentbündel mit riesengroßem Herzen. Wunderbar.
IDEAL FÜR: FreundInnen schriller Kino-Dramen mit hohem Unterhaltungswert und tieferer Bedeutung.